Nachlese zum "Tatort" aus Wiesbaden:Tukur verdächtigt Tukur

Lesezeit: 2 min

In diesem Tatort kennt sich Ulrich Tukur selbst nicht mehr. (Foto: HR/Kai von Kröcher)

Sie haben bei der Tatort-Folge "Wer bin ich?" den Überblick verloren? Das lag nicht nur am doppelten Kommissar. Die Nachlese.

Kolumne von Carolin Gasteiger

Darum geht es:

Völlige Verwirrung. Im Treppenhaus des Casinos in Wiesbaden wird ein Toter gefunden, einen weiteren entdeckt Kommissar Felix Murot im Kofferraum eines Autos in der Tiefgarage. Cut. Auf einmal ist es nicht mehr Murot, sondern Ulrich Tukur, der sich vom Kofferraum weg- und seinem Filmteam zuwendet. Fortan ist auch nicht mehr der Tatort-Ermittler, sondern Tukur höchstpersönlich in einen Mordfall verwickelt. Umgeben von selbstsüchtigen Kollegen (darunter Margarita Broich und Wolfram Koch, die ihren nächsten Frankfurter Tatort drehen), öffentlich-rechtlichen Wichtigtuern und misstrauischen Polizeibeamten weiß Tukur bald selbst nicht mehr, wer er ist. Wie in Stanley Kubricks "Shining" schleicht er rat- und rastlos durch die mit Teppich ausgelegten Hotelflure und versucht, den Fall auf eigene Faust zu lösen. "Wer bin ich?" ist kein gewöhnlicher Tatort. Der Zuschauer verliert garantiert den Überblick.

Lesen Sie hier die Rezension von SZ- Tatort-Kritiker Holger Gertz:

"Tatort" Wiesbaden
:Wie fühlt man sich denn so, als Kommissar?

Im Wiesbadener Tatort "Wer bin ich" steht die Welt Kopf: Ulrich Tukur spielt sich selbst und gerät unter Mordverdacht.

TV-Kritik von Holger Gertz

Bezeichnender Dialog:

Ulrich Tukur wartet auf den Vorgesetzten der Polizeibeamten, die ihn bis zuletzt des Mordes verdächtigten. Die Tür geht auf - und herein spaziert noch einmal Ulrich Tukur, diesmal aber als Felix Murot. Schließlich sitzen sich der Schauspieler und seine Rolle gegenüber.

Tukur: Sag mal, was soll das Ganze hier?

Murot: Was meinst du?

Tukur: Ich meine, du bist doch ich.

Murot: Ah, du machst mir Spaß, ich bin du?

Tukur: Ja.

Murot: Uli, ihr Schauspieler geht mir sowas von auf die Nerven mit eurem Gequatsche: "Die Rolle hat ein Eigenleben. Der Murot ist ein eigenständiger Charakter. Man muss sich ihm annähern, sich in ihn einfühlen." Blablabla, das sagt ihr doch immer.

Tukur: Naja, ist doch nur so eine Redensart.

Murot: Ah ja? Na siehst du, jetzt hast du den Salat.

Die besten Zuschauerkommentare:

Plattform X

Die SZ-Redaktion hat diesen Artikel mit einem Inhalt von X Corp. angereichert

Um Ihre Daten zu schützen, wurde er nicht ohne Ihre Zustimmung geladen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir Inhalte von X Corp. angezeigt werden. Damit werden personenbezogene Daten an den Betreiber des Portals zur Nutzungsanalyse übermittelt. Mehr Informationen und eine Widerrufsmöglichkeit finden Sie untersz.de/datenschutz.

Plattform X

Die SZ-Redaktion hat diesen Artikel mit einem Inhalt von X Corp. angereichert

Um Ihre Daten zu schützen, wurde er nicht ohne Ihre Zustimmung geladen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir Inhalte von X Corp. angezeigt werden. Damit werden personenbezogene Daten an den Betreiber des Portals zur Nutzungsanalyse übermittelt. Mehr Informationen und eine Widerrufsmöglichkeit finden Sie untersz.de/datenschutz.

Plattform X

Die SZ-Redaktion hat diesen Artikel mit einem Inhalt von X Corp. angereichert

Um Ihre Daten zu schützen, wurde er nicht ohne Ihre Zustimmung geladen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir Inhalte von X Corp. angezeigt werden. Damit werden personenbezogene Daten an den Betreiber des Portals zur Nutzungsanalyse übermittelt. Mehr Informationen und eine Widerrufsmöglichkeit finden Sie untersz.de/datenschutz.

Plattform X

Die SZ-Redaktion hat diesen Artikel mit einem Inhalt von X Corp. angereichert

Um Ihre Daten zu schützen, wurde er nicht ohne Ihre Zustimmung geladen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir Inhalte von X Corp. angezeigt werden. Damit werden personenbezogene Daten an den Betreiber des Portals zur Nutzungsanalyse übermittelt. Mehr Informationen und eine Widerrufsmöglichkeit finden Sie untersz.de/datenschutz.

Beste Szene:

In "Wer bin ich?" hat der Wahnsinn Methode - und funktioniert nur als Ganzes. Eine einzelne Szene herauszuheben, wäre wahnwitzig (etwa die, als Tukur im Fahrstuhl auf seinen Kollegen Wolfram Koch trifft, dieser aber statt Mitgefühl zu äußern auf Waffentipps aus ist).

Referenzen im Hessen-"Tatort"
:Feuilleton und Blutrausch

Im Netz wird heftig darüber gestritten, ob der "Tatort" vom Sonntag der brillanteste aller Zeiten war - oder nur der schwachsinnigste. Zumindest erhob "Im Schmerz geboren" bei aller Brutalität das Zitieren von Tarantino, Shakespeare, Beethoven und anderen großen Meistern zum Kult.

Von Gerhard Matzig

Top:

In "Wer bin ich?" nehmen sich Tatort-Schauspieler und Senderverantwortliche selbst auf die Schippe. Redakteure denken hinter geschlossenen Türen darüber nach, den unter Mordverdacht stehenden Tukur durch Matthias Schweighöfer zu ersetzen, oder durch Heino Ferch. Martin Wuttke würde sich nach seinem Aus beim Leipziger Tatort gern Geld bei Tukur leihen ("Ich habe so einen kleinen finanziellen Engpass") und die Frankfurter Kommissarin Margarita Broich beschwert sich über die schmierigen Witze ihres Kollegen Wolfram Koch ("Der geht mir so auf die Nerven"). Die brancheninternen Anspielungen sind wirklich amüsant. Man wartet darauf, dass jeden Moment jemand laut "reingefallen!" ruft.

Flop:

Das selbstreferenzielle Spektakel kann auch nerven. Zumal die Handlung angesichts dessen völlig verliert. Wie genau und ob überhaupt der Mord passiert ist - wer weiß? Logiker und alle, die herkömmliche Tatorte schätzen, werden an diesem verzweifeln.

Beste Auftritte:

Als aberwitziges, exzentrisches und äußerst nerviges Trio infernale treiben sich ein Waffennarr Wolfram Koch, ein verzweifelter Ulrich Tukur und ein geldgieriger Martin Wuttke gegenseitig in den Irrsinn - und den Zuschauer dazu. Herrlich komisch!

Die Erkenntnis:

Was auch immer derjenige, der sich diesen Plot ausgedacht hatte, genommen hat: Wir hätten gern das selbe!

Die Schlusspointe:

Murot sagt Servus - zu Tukur. Tatsächlich verabschiedet sich, womöglich zum ersten Mal in der Tatort-Geschichte, eine Rolle von ihrem Darsteller und lässt sich von Martin Wuttke zum Bahnhof fahren ("Ich möchte auch mal raus"). Eigentlich ein idealer Tatort-Abschied. Herr Tukur, Herr Murot, haben Sie uns etwas zu sagen?

© SZ.de - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

"Tatort"-Kommissare im Überblick
:Wer ermittelt wo mit welchen Tricks?

Zwei Mädels in Dresden, ein Pärchen in Weimar und die Münchner seit 25 Jahren. Alles, was Sie über die "Tatort"-Kommissare wissen müssen - in unserer interaktiven Grafik.

Von Carolin Gasteiger und Jessy Asmus

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: