Polizeiruf 110 vom RBB:Böse Narren

Lesezeit: 2 min

Sie ermitteln in Zukunft öfter miteinander: Vincent Ross (André Kaczmarczyk) und Kollegin Alexandra Luschke (Gisa Flake, links). (Foto: Volker Roloff/rbb)

Der "Polizeiruf 110" spielt in Cottbus bei Karneval. Auch der schillernde Vincent Ross hat sich verkleidet: als normaler Fernsehermittler.

Von Claudia Tieschky

Als Kriminalhauptkommissar Vincent Ross ( André Kaczmarczyk) in Cottbus ankommt, läuft ihm vor dem Bahnhof ein Zebra über den Weg. Kein richtiges, sondern nur so Stoff, unter dem zwei stecken, die im Fasching mal Zebra sein wollen. Mit Vincent Ross ist es ein bisschen umgekehrt. Er war - so sanft, so achtsam, so stylish - das Zebra unter den Sonntagskommissaren, muss aber jetzt viele unspannende Ermittlerfragen stellen und fügt sich eher unauffällig in diesen Film. Ja, man könnte beinah sagen, Vincent Ross wirkt in diesem Karnevalkrimi trotz auberginefarbenen Lackledermantels wie ein normaler Fernsehermittler, und hoffentlich geht das wieder vorbei.

"Cottbus kopflos" stellt am Tag nach dem 11.11. allen, die es noch nicht wussten, die Karnevalsversessenheit der Stadt in der Niederlausitz vor. Auch die dem Publikum aus früheren Fällen bekannte, schön eigenständige Kriminalhauptkommissarin Alexandra Luschke (Gisa Flake, die laut RBB künftig fest im Team sein wird) übt von Kopf bis Fuß in Silber in der Showtanz-Gruppe. Dass der Karneval mit Geschäftsinteressen verbunden ist, bei denen es hier nicht immer sauber zugeht, ahnt man schnell. Jurek Bukol, das Mordopfer, das erschlagen wurde, bevor jemand sein Haus in Brand setzte, fühlte sich offenbar zu Recht als Opfer. Von dem, was er auf dem Motivwagen beim Karnevalsumzug womöglich enthüllen wollte, ist jedenfalls nur ein verkohlter Rest übrig.

Die Episode von den Drehbuchautoren Axel Hildebrand und Mike Bäuml und Regisseur Christoph Schnee ist spannend besetzt; sie leidet aber darunter, dass verwirrend viele Figuren mit zu vielen Gesprächen eine verwirrende Geschichte eher erzählen als fühlbar machen. Und auch die Zahl der auftretenden Ermittler ist groß - Ross, mit Kollegin Luschke vor Ort, ist ständig in Kontakt mit den Kollegen Rogov, Krol und dem zauberhaften Rechtsmediziner Kaminski im polnisch-deutschen Kommissariat in Świecko, wo der Chef Karol Pawlak die beiden Landesflaggen neben dem Schreibtisch stehen hat. Das alles ist schön, aber ein bisschen viel.

Heimlicher Star in "Cottbus Kopflos" ist der Schauspieler Andreas Döhler, er spielt den wirklich ekelhaften Dienststellenleiter Oelßner mit einer so verstockten Aggression, dass er sofort interessant ist. Das führt zu einem emotional dann doch kurz großartigen Showdown - und vorher mal bei einem Streit endlich zu einem Satz aus dem arg vermissten Vincent-Ross-Universum. Der sagt eben nicht: "So ein Arsch." Er sagt: "Das gibt's doch gar nicht, der geht immer raus aus der Kommunikation!" Wie schön. Hallo, Zebra.

Das Erste, Sonntag, 20.15 Uhr.

Weitere Serienempfehlungen finden Sie hier .

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ Plus"Ein ganzes Leben" im Kino
:Alpenschicksalswege

In Robert Seethalers Bergroman "Ein ganzes Leben" steckt Kino-Schmalz wie von anno dazumal. Lässt sich der Bestseller verfilmen, ohne in die Kitschfalle zu tappen?

Von Tobias Kniebe

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: