Podcasts des Monats Oktober:Hühnersuppe hilft

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(Foto: Luis Murschetz (Illustration))

"Jüdisch in der DDR", "Die Samwer-Brüder", "Zwei Seiten" und "Boudicca. Die Keltenkriegerin": die Podcasts des Monats Oktober.

Von Aurelie von Blazekovic, Stefan Fischer, Leonie Georg und Léonardo Kahn

Jüdisch in der DDR

Deutschlandfunkkultur.de

Die Reise beginnt mit einer Schüssel Hühnersuppe, das "jüdische Penizillin", wie die Köchin es nennt. Marion und Lena Brasch, die jüdische Mutter und ihre Tochter, die für Deutschlandfunk Kultur quer durch den Osten Deutschlands fahren, sind gerade zu Besuch bei Alena Fürnberg in Halle. Die Tochter des Dichters Louis Fürnberg, Urheber des Verses "die Partei, die Partei, die hat immer recht", erzählt, wie ihr Vater sich als verfolgter Kommunist verstand und weniger als Jude.

Der sozialistische Staat lehnte Religionen kategorisch ab, weshalb die meisten jüdischen Shoah-Überlebenden eine ambivalente Beziehung zu ihrem Glauben haben. "Ich bin Jude, aber ich weiß nicht, wie das geht", sagt der Regisseur Peter Kahane, Sohn jüdisch-kommunistischer Eltern. Auch Antisemitismus wurde in der DDR kaum ernst genommen, sodass Juden oft auf sich allein gestellt waren.

Der Roadtrip erstreckt sich über sechs Etappen von durchschnittlich vierzig Minuten. Weil in jeder Folge nur ein Gast vorkommt, ist die Erzählung recht langatmig. Durch die familiäre Nähe von Mutter und Tochter passt das aber zur vertraulichen Atmosphäre der Reise, die so heimelig ist wie der Dampf von Hühnerbrühe. Léonardo Kahn

Die Samwer-Story

Open.spotify.com

Wer die drei Brüder Samwer nicht kennen sollte, kennt aber in jedem Fall einige der Firmen, die sie aufgezogen haben: Studi VZ, Rocket Internet oder Zalando. Sie werden für ihre wirtschaftlichen Erfolge bewundert, aber auch hart kritisiert - bewundert für ihren Innovationsgeist, kritisiert für ihr teilweise dreistes Vorgehen. Der Host Florian Rinke dröselt in den zehn Folgen des von Online Marketing Rockstars (OMR) produzierten Podcasts auf, wie aus drei Kölner Studenten Anfang der Nullerjahre milliardenschwere Unternehmer der Digitalökonomie wurden.

Dem Podcast gelingt es, den Zeitgeist der Jahrtausendwende und die Anfänge des Internetzeitalters anschaulich einzufangen. Was ihn besonders auszeichnet, ist die kritische Betrachtung der drei Gründer. Insbesondere wenn es um deren Methode geht, Geschäftsideen - meist aus den USA - abzukupfern und ihre Start-ups mit viel Investorengeld aufzuplustern. Einzig mit dem Zweck, diese Firmen dann gewinnbringend verkaufen zu können an die eigentlich kreative Konkurrenz, die sich ihr Geschäftsmodell nicht torpedieren lassen möchte.

Die Macher lassen jedoch auch genügend Raum, um die Menschen und die Ideen hinter dem Namen Samwer ein wenig besser kennenzulernen. Hierfür spricht Rinke mit ehemaligen Mitgründern und Wegbegleitern, die Blicke hinter die Kulissen des Imperiums gewähren. Marc, Oliver und Alexander Samwer selbst sind nicht bereit gewesen, sich in diesem Podcast zu äußern. Leonie Georg

Zwei Seiten - Der Podcast über Bücher

Zwei-Seiten.podigee.io

Es sagt natürlich auch etwas über den gegenwärtig schrumpfenden Stellenwert der Kultur in den Öffentlich-Rechtlichen, dass Christine Westermann und Mona Ameziane, zwei WDR-Journalistinnen, ihren Bücherpodcast nicht im WDR machen. Sondern für das private Medienunternehmen OMR. Die Königin deutscher Buchclubs, Christine Westermann, 75, und ihre Kollegin Mona Ameziane, 29, wollen schon durch ihren Altersabstand von Zwei Seiten auf Bücher schauen. Klassische Rezensionen liefern sie dort eher nicht. Die Folgen ziehen sich an menschlichen Großthemen auf. Angst, Liebeskummer, Körper. In der Folge zu Reichtum etwa wird zunächst munter zum Thema getalkt, über den Traum von Lottogewinn und die Kluft zwischen Arm und Reich. Nach einer knappen Viertelstunde geht es erst zu den Büchern. "So reich wie der König" von Abigail Assor und "Melody" von Martin Suter. Die Präsenz des Überthemas raubt dann doch den Raum für Tiefe in der Besprechung. Aber gegen einen unterhaltsamen Nebenbei-Podcast zu Büchern ist nichts einzuwenden. Aurelie von Blazekovic

Boudicca. Die Keltenkriegerin

Ardaudiothek.de

In England ist Boudicca vielen Menschen ein Begriff. Weil diese Königin und Kriegerin im ersten nachchristlichen Jahrhundert einen blutigen Widerstand gegen die römischen Besatzer angeführt hat, der letztlich erfolglos blieb, dem Römischen Reich allerdings hart zugesetzt hat. Sie ist in die Geschichte (und die Kunstgeschichte) eingegangen als Sinnbild des britischen Unabhängigkeitsstrebens. Auch Anne-M. Keßel bedient sich dieser historischen Figur für ihren achtteiligen Hörspiel-Podcast, eine Produktion des WDR. Damit hat sie schon einmal eine willensstarke, prinzipientreue weibliche Hauptfigur in einem Konflikt, in dem Gut und Böse klar voneinander geschieden sind. Feigheit, Verrat, Demütigung, Machtlosigkeit - gegen all das muss Boudicca sich zur Wehr setzen, um ihr Volk, die Icener, und speziell ihre beiden Töchter zu schützen und in der Selbstachtung zu stärken. Auf historische Genauigkeit kommt es nicht so sehr an wie auf spannende Wendungen und eine klangsatte Atmosphäre in diesem Altertum-Abenteuer. Stefan Fischer

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