Warum haben Sie ein Buch über Sterben und Tod geschrieben?
Weil die Endlichkeit ein Wegweiser sein kann. Wenn ich mir meiner eigenen Endlichkeit bewusst bin, dann gehe ich an mein Leben ganz anders heran. In der Lebens- und Sterbenszeit meines Mannes Sven habe ich gesehen, wie viele Menschen das nicht erkennen konnten und ihre Chance auf ein bewussteres Dasein vertan haben. Mir ging es am Anfang übrigens genauso. Doch ich musste mich den Fragen stellen: Was ist eigentlich der Sinn im Leben? Warum sind wir eigentlich da?
Und?
Wenn man seinen eigenen Lebenssinn in sich selbst findet, dann kann man auch in sich Frieden finden und später in Ruhe gehen. Für mich war es wichtig, beim Abschied von meinen Mann 2008 alles gut gemacht zu haben.
In Ihrem Buch gibt es irritierende Fragestellungen an Ihre Gesprächspartner wie den Kanzlersohn Walter Kohl oder den Philosophen Wilhelm Schmid. Eine lautet: Wie sieht der Tod für Sie aus?
Sven stellte irgendwann zum Essen einen dritten Teller auf den Tisch. Ich fragte: Wer kommt denn zu Besuch? Er darauf: Der Tod ist unser Gast. Bockig wie ich bin, wollte ich das zunächst nicht hinnehmen, aber er blieb hartnäckig. Der Teller blieb bei uns einige Zeit auf dem Tisch. Ich nahm das Spiel auf und wir stellten uns vor, wie der Tod aussieht. Irgendwann kam der Teller dann auch nicht mehr auf den Tisch, weil er sagte: Okay, die Hausherrin akzeptiert den Tod als neuen Untermieter.
Wieso?
Weil er das Gefühl hatte, dass ich das Thema wirklich angenommen hatte und nicht mehr davor flüchtete.
Sie sind inzwischen umgezogen. Wo ist der Tod nun?
Der Tod ist mit umgezogen, aber so richtig unglücklich kann ich nicht mehr sein. Ich bin durchaus auch mal traurig, aber Unglück kann ich nach meiner Geschichte mit Sven nicht mehr fühlen. Irgendwas fängt mich immer wieder auf. Ich durfte meiner eigenen Endlichkeit mit dieser Geschichte begegnen und ich bin damals mit Liebe satt geworden.
Wann wurde Ihnen damals klar, dass es eine Sterbebegleitung für Ihren Partner wird und nicht nur ein Lebensabschnitt?
Anfangs waren wir davon überzeugt, dass man die Krankheit Morbus Cushing überstehen kann. Dann wurden wir skeptischer, weil sich seine Werte immer weiter verschlechterten. Nach einer Tumorentfernung hätten bestimmte Werte einfach signifikant sinken müssen.