Fotoalbum:"Am Anfang habe ich mich vor der Kamera beschissen gefühlt"

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Seit 20 Jahren kocht sich Frank Rosin durch Fernsehen und rettet Betriebe vor der Pleite. Hier erzählt er von verbrannten Füßen am Herd und einem entscheidenden Anruf seiner Mutter.

Protokolle von Kathrin Müller-Lancé

Seit 20 Jahren kocht sich Frank Rosin durch das deutsche Fernsehen. Aber auch nebenbei ist viel geboten: sein Sternerestaurant, die Weinlinie, seine Autobiografie "Ehrlich wie 'ne Currywurst". Während des Videointerviews steht der 55-Jährige kurz auf und macht das Fenster in seinem Haus in Dorsten zu. Das Wasserspiel im Garten sei zu laut.

Erste große Liebe

(Foto: privat)

Dieses weiße Ding ist ein Kassettenrekorder, da war ich megastolz drauf. Das war ein riesiger Apparillo, damals schon ein Hightech-Gerät. Das habe ich von unserem Nachbarn bekommen. Ich war schon früh musikbegeistert. Als ich jung war, habe ich Gitarre gespielt und hatte eine Band. Die anderen Jungs waren älter, ich war vielleicht 14, sie alle volljährig. Am Anfang durfte ich bei den Proben nur zuhören. Irgendwann ist der Gitarrist ausgefallen. Das war meine Chance. Weil ich vorher immer gut zugehört hatte, habe ich mich nicht so schlecht angestellt. Aber ich erinnere mich noch, dass ich mein erstes Konzert mit dem Rücken zum Publikum gespielt habe - weil ich so aufgeregt war. Ich weiß, dass das mehrere Größen aus der Musikgeschichte gemacht haben, Miles Davis zum Beispiel. Ein Instrument spiele ich heute nicht mehr. Trotzdem ist mir Musik noch total wichtig. Inzwischen am liebsten House. Erst gestern war ich noch im Studio. Ich habe da so eine kleine Kooperation mit zwei Freunden. Gerade produzieren wir einen Song für den Sommer.

Wurzeln

(Foto: Privat)

Meine Eltern haben sich getrennt, als ich bereits erwachsen war. Im vergangenen Jahr ist meine Mutter mit 82 Jahren gestorben. Sie war der Fels in der Brandung unserer Familie, hat immer alles organisiert. Als ich als junger Mann eine Zeit lang in Kalifornien gelebt habe, hat sie mich angerufen und gesagt: "Komm zurück, es gibt hier eine Gaststätte, die könntest du übernehmen." Nach meiner Rückkehr war ich erst mal erschrocken, weil das so gar nicht das war, was ich mir vorgestellt hatte. "Und dafür hast du mich zurückgeholt?", habe ich ihr vorgeworfen. Das war 1991 - und die Gaststätte von damals ist bis heute mein Restaurant. Meine Mutter hat mich immer unterstützt. Als sie im Alter krank wurde, habe ich sie zu mir ins Haus geholt und zehn Jahre lang gepflegt. Meine Familie ist mir sehr wichtig. Ich bin ein großer Kümmerer.

Ruhrgebietscharme

(Foto: Instagram/@frank_rosin)

Das ist die ehemalige Pommes-Bude meiner Mutter in Dorsten. Der Laden war Kult in der Stadt, jeder kannte ihn. Inzwischen ist er neu eröffnet worden, ich habe im Rahmen meiner Sendung beim Renovieren mitgeholfen. Mein Vater hatte einen Großhandel für Gastronomiebedarf. Koch zu werden war für mich quasi ein logischer Weg. Ich kannte alle Restaurants vom Hintereingang aus. Wobei mich Musik auch sehr interessiert hat, und Tischtennis habe ich als Kind im Verein gespielt. Aber mein Vater war ein restriktiver Typ, für den war klar: Du gehst entweder auf den Bau oder wirst Koch.

Pflichtgefühl

(Foto: Privat)

Als ich 21 war, gab es noch die Wehrpflicht. Ich bin in einem Offiziersheim gelandet, dort habe ich gekocht und bei der Leitung mitgeholfen. Eine relativ softe Arbeit für die Bundeswehr. Das hat mir so Spaß gemacht, dass ich mich für drei Jahre verpflichtet habe. Ich habe aus dieser Zeit viel Selbstbewusstsein mitgenommen. Zum ersten Mal habe ich gemerkt, dass ich organisieren kann und dass es mir wichtig ist, dafür zu sorgen, dass Menschen eine gute Zeit haben. Das hatte vorher nie jemand in mir gesehen. Ich hatte immer eine Woche Dienst und eine Woche frei. In der Freizeit habe ich in der Gastronomie gearbeitet. So habe ich gutes Geld verdient und war früh unabhängig. Zehn, zwölf Stunden hatten meine Arbeitstage allerdings immer. Ich habe einen eisernen Willen, nicht zu versagen. Nie das Ziel aus den Augen verlieren.

Lehrjahre

(Foto: Privat)

Das ist das erste offizielle Foto, das ich von mir in meinem Restaurant habe machen lassen. Ich habe sofort gemerkt, dass Vermarktung extrem wichtig ist. Es kann alles noch so gut sein: Wenn du es nicht verkaufen kannst, taugt es nichts. Nachdem die Lokalzeitung da war und einen Bericht gemacht hatte, war der Laden voller Leute. Es hat vielen gefallen, dass ich noch so jung war und ein 26-Jähriger so ein Ding durchzieht. Dass das mit dem Kochen etwas werden könnte, habe ich zum ersten Mal gemerkt, als ich noch als Schüler in einer Gaststätte ausgeholfen habe. Eines Tages stand eine Hochzeit an - und der Koch fiel aus. Also bin ich eingesprungen. Ich habe Kroketten selbst gemacht und Schweinelendchen in Champignonrahmsoße, typische Achtzigerjahre-Küche. Das kam gut an. Da dachte ich mir: Das könntest du professionell machen. Die Ausbildung war dann heftig. Morgens um acht mit dem Bus hin, in der Mittagspause zurück, abends wieder hin und erst nachts um zwölf nach Hause. Einmal habe ich mir heiße Brühe über die Füße gekippt. Aber ich musste weiterarbeiten, jeder Fuß in einem Eimer mit Eiswasser. Irgendwann hat mir die Kaltmamsell den Autoschlüssel in die Hand gedrückt und gesagt: Los, schnell, hau ab. Ich bin mit Verbrennungen dritten Grades ins Krankenhaus gefahren. Heute koche ich nicht mehr jeden Tag selbst in meinem Restaurant, aber ich segne die Menüs zusammen mit meinem Küchenchef Oliver Engelke ab. Es ist ein Fehler zu denken, dass der Chef immer in der Küche sein muss. Der CEO der Deutschen Bahn fährt den ICE ja auch nicht selbst.

Bildschirm

(Foto: imago/Becker&Bredel)

Bis heute hatte ich etwa 2400 Drehtage. Los ging es mit Sat 1 und dem WDR, die hatten in ihrem Vorabendprogramm kleine Kochrubriken. 2002 habe ich dann mit Bärbel Schäfer zusammen "Wellness TV" gemacht. Am Anfang habe ich mich vor der Kamera richtig beschissen gefühlt. Ein ganz lieber Redakteur hat dann aber gesagt: "Rosin, du hast eine Fernsehfresse." Dem habe ich geglaubt und weitergemacht. Es hat eine ganze Weile gedauert, bis es mir nicht mehr schwergefallen ist, vor der Kamera aufzutreten. Dieses Foto ist von 2002, da hatte ich meinen Platz noch nicht gefunden. Erst nach ein paar Jahren habe ich gemerkt, dass ich in den Flow komme und mich auf meinen Charakter verlassen kann. Das Format "Rosins Restaurants", in dem ich Wirte coache, läuft jetzt seit über zehn Jahren im Fernsehen. Immer wieder höre ich, dass ich in der Sendung hart oder gemein wäre. Das ist eine falsche Wahrnehmung. Ich sage den Menschen einfach die Wahrheit. Und die ist manchmal eben so krass, dass die Zuschauer sie kaum ertragen. Denn die gastronomische Branche ist in einem katastrophalen Zustand. Es muss sich unbedingt etwas verändern bei der Ausbildung. Oft lernen Köche nur, wie man mit Lebensmitteln umgeht, aber nicht, wie man ein Team führt und ein Budget kalkuliert.

Sterne

(Foto: Imago stock&people)

Ich erinnere mich noch genau an den Moment, als ich den ersten Stern bekommen habe. Ich lag im Bett und habe meinen Rausch ausgeschlafen, ein Kumpel von mir hatte mir acht Mal auf den Anrufbeantworter gesprochen. Ich habe ihn irgendwann mittags zurückgerufen und wollte wissen, warum er mir so auf die Nerven geht. Dann sagte er: "Hast du es noch nicht gelesen? Du hast den ersten Stern gekriegt!" Das hat mich natürlich unfassbar stolz gemacht. Damit gehörst du zu den Besten der Welt. Ich sage immer: Der erste Stern war meiner, der zweite gehört meinem Küchenchef Oliver Engelke, der heute in der Küche steht.

Rauskommen

(Foto: Imago/Eibner)

Ein Freund hat mich vor über zehn Jahren mal genötigt, zum Golfen mitzukommen. Eigentlich wollte ich gar nicht. Aber wie das manchmal so kommt: Seitdem bin ich großer Fan. Ich bin beim Golfspielen so konzentriert, dass ich alles um mich herum vergessen kann. Und ich bin immer an den schönsten Orten der Welt, weil Golfplätze so schön sind. Am liebsten würde ich das einmal die Woche machen, aber das klappt nicht, zu viel Arbeit. Ein bisschen Entschleunigung im Alltag bekomme ich auch auf Mallorca, da habe ich ein Haus. Grundsätzlich fällt es mir aber schon schwer, richtig abzuschalten.

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