"Der Nachname" ist der perfekte Pandemiefilm. Er braucht ganz wenig, eine gute Handvoll Schauspielerinnen und Schauspieler, einen entlegenen Drehort, keinerlei Gewusel. Das freut nicht nur covidgeplagte Filmemacher, sondern auch das hoffentlich von Covid genesene Publikum: Der Film ist eine Fortsetzung der deutschen Komödie "Der Vorname" aus dem Jahr 2018, die mehr als eine Million Zuschauer im Kino gesehen haben - die man aber nicht unbedingt kennen muss, um das Sequel zu verstehen. Auch das dürfte die Macher freuen, es ist dieselbe Mannschaft vor und hinter der Kamera, langwierige Castings erübrigten sich also ebenfalls.
War "Der Vorname" noch die Adaption eines französischen Kinofilms, der wiederum auf dem Theaterstück "Le prénom" von Matthieu Delaporte und Alexandre de La Patellière basierte, ist "Der Nachname" die vom deutschen Drehbuchautor Claudius Pläging allein erdachte Fortführung. Alles begann bei einem Abendessen, bei dem der Immobilienmakler Thomas (Florian David Fitz) seiner Schwester (Caroline Peters) und deren Ehemann (Christoph Maria Herbst) den Namen seines noch ungeborenen Kindes verriet.
Adolf solle der Kleine heißen - was die werdende Mutter (Janina Uhse) zwar später verneinte, da war aus dem vermeintlichen Witz aber schon längst ein handfester Familienstreit über politische Korrektheit und die moralische Überlegenheit des Bildungsbürgertums geworden. Sogar der sich bemüht neutral gebende Adoptivbruder (Justus von Dohnányi) und die abwesende Mutter (Iris Berben) mussten irgendwann Stellung beziehen - und lange gehütete Familiengeheimnisse lüften.
Erregende Themen gehen nie aus in der Spießbürgerwelt
Drei Jahre später haben sich die Wogen wieder geglättet, auf Nazivergleiche mag Thomas aber immer noch nicht verzichten: "Das ist eine Machtergreifung", empört er sich, als er mit Frau, Schwester und Schwager auf der Ferieninsel Lanzarote landet. Dort haben es sich Mutter und Adoptivbruder im Ferienhaus der Familie gemütlich gemacht - für den Geschmack der Besucher zu gemütlich. Das passt aber auch zum Film, der im Vergleich zum Vorgänger ebenfalls gemütlicher daherkommt, weniger hermetisch, weniger dringlich.
Eine Ferienwoche auf Lanzarote ist eben doch etwas anderes als ein Abendessen im Bonner Einfamilienhaus. Und statt über einen problematischen Vornamen debattiert man nun über den Namenswechsel der Matriarchin qua Hochzeit. Die hat nun aber keinen Hitler oder Goebbels geheiratet, da kann der Sohn noch so sehr über das angeblich ausgelöschte Vermächtnis des verstorbenen Vaters lamentieren: So richtig zünden mag diese Namensdebatte nicht, das Thema ist schnell wieder vom Tisch.
Deutsche Spießbürger auf einer spanischen Ferieninsel bringt man aber auch anderweitig auf die Palme, in diesem Fall mit lesbischen Gärtnerinnen, schwulen Sportlehrern oder inzestuösen Adoptiv-Plänen. All das und noch ein bisschen mehr hat sich der Drehbuchautor ausgedacht, von allem ein bisschen, weshalb die Konflikte auch stets an der Oberfläche bleiben. Das muss nicht unbedingt das Schlechteste sein, zumindest in einem Unterhaltungsfilm, der sein Publikum ablenken will von Putin, Pandemie und Populismus.
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Hier soll gelacht werden, hier darf man einigen der größten Stars des Landes dabei zusehen, wie sie sich fetzen und die Pointen um die Ohren hauen. Regisseur Sönke Wortmann gilt nach Filmen wie "Der Vorname", "Frau Müller muss weg" oder "Eingeschlossene Gesellschaft" als Experte für gehobene Boulevardkomödien, er beherrscht das Spiel mit den Klischees, den Kampf der Geschlechter, das Sezieren menschlicher Schwächen. Das kann er, dafür braucht er ganz wenig.
Der Nachname , D 2022 - Regie: Sönke Wortmann. Buch: Alexandre De La Patellière, Claudius Pläging. Kamera: Kamera: Jo Heim. Mit: Christoph Maria Herbst, Iris Berben, Florian David Fitz. Verleih: Constantin Film, 87 Minuten. Kinostart: 20. 10. 2022