Neu in Kino & Streaming:Welche Filme sich lohnen - und welche nicht

Neu in Kino & Streaming: Superhelden-Nachschub: Dwayne Johnson als "Black Adam" und Pierce Brosnan als Dr. Fate.

Superhelden-Nachschub: Dwayne Johnson als "Black Adam" und Pierce Brosnan als Dr. Fate.

(Foto: Frank Masi/Warner)

Sönke Wortmann erkundet weiter deutsche Befindlichkeiten, und The Rock kämpft als "Black Adam" jetzt auch im DC-Comic-Universum.

Von den SZ-Kritikern

Anima - Die Kleider meines Vaters

Josef Grübl: Der Papa lief in Frauenkleidern durch München, die Tochter wollte lieber ein Junge sein und malte sich einen Bart auf. Uli Decker erzählt in diesem sehr persönlichen Dokumentarfilm vom lebenslangen Versteckspiel ihres eigenen Vaters und vom Hadern mit der ihr zugedachten Geschlechterrolle. Dafür findet sie eine ganz eigene Tonart, nicht anklagend, eher heiter und verspielt. Der Papa habe nie im Mittelpunkt stehen wollen, sagt die Mutter. Viele Jahre nach seinem Tod erzählt sie dann doch die ganze Geschichte. Und es ist gut.

Argentina, 1985

Philipp Bovermann: Die argentinische Demokratie ist noch jung und schon bedroht, zwei Jahre nach dem Ende der Militärdiktatur stehen die Befehlshaber der Armee vor Gericht. Von diesem realen Prozess aus dem Jahr 1985 erzählt Santiago Mitre ohne die üblichen Knalleffekte von Gerichtsdramen. Nicht die Anwälte, sondern die Opfer stehen hier im Zentrum. Kongenial verhalten, als eifrigen, erst allmählich auftauenden Bürokraten spielt Ricardo Darín den Staatsanwalt Julio Strassera - der zum Ende doch noch eine wuchtige Rede halten darf, und was für eine.

Black Adam

Susan Vahabzadeh: Des einen Terroristen ist des anderen Freiheitskämpfer, so ungefähr ist die Prämisse in Jaume Collet-Serras DC Comic-Verfilmung mit Dwayne "The Rock" Johnson. Die Comicfigur Black Adam wurde umdefiniert, vom Bösewicht zum Helden mit kleinen Fehlern - im Film ist das vornehmlich ein Anger Mangement-Problem, er ist so eine Art Hulk in Blau, weswegen ihn die Justice Society unter Führung von Kent (Pierce Brosnan) gerne aus dem Verkehr ziehen würde. Das Volk eines ausgebeuteten, besetzten nahöstlichen Landes würde aber auf diese Einmischung gerne verzichten und lieber dabei zuschauen, wie Black Adam die Besatzer pulverisiert. Die Geschichte hat politisches Potential, aber allzuviel Komplexität ist aus Johnson nicht rauszuholen: Sein Erfolgsgeheimnis hat mehr mit Präsenz zu tun als mit Schauspielerei, und so hangelt sich der Film von Showdown zu Showdown. Letztlich kommt doch nur Superhelden-Halbgott-Durchschnittsware dabei heraus.

Girl Gang

Anna Steinbauer: Kaum ein Teenager ist einsamer als eine 14-jährige Influencerin - das zeigt die Doku von Susanne Regina Meures. Sie begleitet über mehrere Jahre Leonie aus Berlin, die unter dem Namen "Leoobalys" mit über 1,5 Millionen Followern auf lnstagram, Tiktok und Youtube ein Social Media-Star ist und von ihren Eltern gemanagt wird. Ein ernüchternder und erschreckender Blick in die kalte und oberflächliche Welt der sozialen Netzwerke, im Streben nach Geld und der perfekten Inszenierung. Leonie verfolgt ihre Ziele mit unermüdlichem Fleiß, Talent und einem smarten Köpfchen, doch der Preis ist hoch. Umso überwältigender der Moment, in dem die virtuelle Anhängerinnenschar plötzlich zur kreischenden Menge im Einkaufszentrum wird.

Die Legende vom Tigernest

Magdalena Pulz: Der junge Balmani läuft aus dem Waisenhaus fort und stößt nachts im Dschungel auf ein Tigerbaby, das er vor Wilderern rettet. Balmani und der kleine Tiger, den er Mutki ruft, machen sich auf die Suche nach dem mythischen - aber tatsächlich existenten - Kloster im Himalaya, von dem ihm seine verstorbene Mutter erzählt hat: dem "Tigernest". Der italienische Regisseur Brando Quilici erzählt hier einen Familienfilm mit überraschend authentischen Einblicken in traditionelle nepalesische Kultur, viel Schmalz und einem faden Nachgeschmack. Weil hier offensichtlich mindestens ein echtes Tigerbaby längerfristig beim Dreh eingesetzt worden ist.

Lyle - Mein Freund, das Krokodil

Anke Sterneborg: Das titelgebende Krokodil hat die märchenhafte Fähigkeit zu singen, wird am großen Auftritt aber durch ganz reales Lampenfieber gehindert. Was für den Zirkus-Zampano Hector P. Valenti (den Javier Bardem mit enormer Lust am raumgreifenden Overacting verkörpert) ein großer Rückschlag ist, wird die Rettung für den kleinen Josh. Denn nach seiner Verpflanzung in die Metropole New York sucht der einen verlässlichen Freund und Beschützer, der auch Eltern und Nachbarn noch ein paar Lebenslektionen verpasst. Josh Gordons und Will Specks Verfilmung der klassischen Kinderbuchserie von Bernard Waber ist ein holprig überdrehter Mix aus Animation, Zirkusspektakel, Familienkomödie und Musical, mit Songs der "La-La-Land"-Komponisten Benj Pasek und Justin Paul.

Der Nachname

Josef Grübl: "Das ist eine Machtergreifung", ruft der Sohn. Ganz ohne Nazivergleich geht es auch in dieser Komödien-Fortsetzung von Sönke Wortmann nicht: Stritt sich die Familie in "Der Vorname" noch darum, ob man sein Kind Adolf nennen darf, debattiert sie nun über den Namenswechsel der Matriarchin. Da diese aber keinen Hitler oder Goebbels geheiratet hat, ist das Thema schnell wieder vom Tisch. Deutsche Spießbürger auf einer spanischen Ferieninsel bringt man aber auch anderweitig auf die Palme, in diesem Fall mit lesbischen Gärtnerinnen, schwulen Sportlehrern oder inzestuösen Adoptiv-Plänen.

November

Philipp Stadelmaier: Cédric Jimenez' Thriller schildert die Pariser Terroranschläge vom 13. November 2015 und die Suche nach Tätern und Hintermännern aus Sicht einer Antiterroreinheit und ihres Chefs (Jean Dujardin). Dass in dieser politisch fragwürdigen Apologie des Sicherheitsapparates jede persönliche Regung hinter Staatsräson und Professionalität zurücktritt, schafft eine faszinierende Symmetrie zwischen Jägern und Gejagten, in der zwar der Hass nie verschwindet, aber austrocknet.

Was dein Herz dir sagt - Adieu ihr Idioten!

Annett Scheffel: Albert Dupontels neues Werk ist ein Zwitterwesen von Film: abwechselnd Tragikomödie, Satire und Farce, zur Hälfte richtig gut und zur anderen voll daneben. In seiner geupdateten, französischen Version von Terry Gilliams "Brazil" schließen sich eine todkranke Friseurin (Virginie Efira), ein frustrierter IT-Nerd und blinder Archivar im Kampf gegen herzlose Behörden zusammen. Die Energie ist roh und unbedingt lebensbejahend, die Plot-Twists unberechenbar und einige Dialoge herrlich parodistisch. Viele Gags schießen aber weit übers Ziel hinaus, und emotionale Ausbrüche versinken im Kitsch. Ein gigantischer Irrsinn, im guten wie im schlechten Sinne.

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