Was macht ein Konzert als Ritual so wertvoll? Dieser Frage ist das Sinfonieorchester Basel nachgegangen. "Unsere aktuelle Saison steht unter dem Motto Herkunft", sagt Hans-Georg Hofmann, künstlerischer Direktor beim Sinfonieorchester Basel. Und dies gleich im doppelten Sinn. Einerseits ist das Thema noch Corona geschuldet, denn während der Pandemie hat sich das Leben vieler wieder auf die Heimat konzentriert. Andererseits steht das Konzert "Dialog", mit dem Anfang September die neue Saison eingeleitet wurde, auch für ein Spiel mit der ursprünglichen Version klassischer Werke, da diese neu interpretiert werden.
So setzt sich der Basler Organist und Spezialist für Improvisation Rudolf Lutz mit Schweizer Volksliedern und Mozart auseinander, die aus Venezuela stammende Pianistin Gabriela Montero interpretiert Mozarts c-Moll-Konzert KV 491 auf elegante Weise neu und dreht das Spiel der Improvisation im Laufe des Abends noch weiter, indem sie das Publikum um eine Melodie als Anregung bittet. Dies mündet dann in einem hingebungsvollen und teils energischen Improvisations-Duett zwischen Orgel (Lutz) und Klavier (Montero). Alles ganz spontan, "wir haben nichts vorbereitet", sagt Montero, die angibt, dass sie aus dem Bauch heraus improvisiere. "Es passiert einfach."
Wie werden Konzerte in Zukunft aussehen? Durch Corona hat sich das Sinfonieorchester Basel unter Chefdirigent Ivor Bolton Gedanken gemacht und neue Formate entwickelt.
Klassik wird neu interpretiert. So will man neue Zielgruppen erreichen.
"Interaktion ist uns besonders wichtig. Wir haben Künstler eingeladen, die eng mit dem Publikum kommunizieren", sagt Hofmann. Im voll besetzten Konzertsaal des Stadtcasinos kommen die improvisierten Einlagen und Dialoge mit dem Publikum gut an, sie fügen sich auch gut in den gelungenen Orchesterabend ein, der mit Brahms etwas wehmütigen und finsteren dritten Sinfonie unter Chefdirigent Ivor Bolton lebhaft weitergeht. "Klassische Konzerte sind keine Gottesdienste, wir möchten die Grenzen aufbrechen", sagt Hofmann.
Mit neuen Formaten wie kleinen Entdeckerkonzerten, Podiumsgesprächen, Ausstellungen oder kostenlosen Picknickkonzerten im Hof des Museums der Kulturen will das Sinfonieorchester Basel auch eine jüngere Zielgruppe erreichen. Dies dürfte auch gelingen, wenn sich am 16. Oktober der Musiksaal und das Foyer im Stadtcasino Basel in eine Konzert-Lounge verwandeln. Klassik, Pop, Jazz, Electro, Orchester, Bands und DJs sollen miteinander verschmelzen, bis tief in die Nacht. Gut möglich, dass die Gäste dann im Stehlinschen Musiksaal sich nicht mehr auf den Stühlen halten können und ins von Herzog & de Meuron gestaltete Foyer umziehen. Mit dem Eintrittsticket kann anschließend dann auch in der Basler Klubszene weiter getanzt werden.