Nationalpark Bayerischer Wald:Populismus mit der ganz groben Axt

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Gegen die Streichung von Schutzzonen im Nationalpark Bayerischer Wald regt sich heftige Kritik. (Foto: Armin Weigel/dpa)

Leser sind entsetzt, dass Schutzflächen aufgehoben werden sollen, und halten Bayerns Forstmanagement mit der Motorsäge für einen gewaltigen Tabubruch.

"Nationalpark streicht Schutzflächen" und Kommentar "Tabubruch im Nationalpark" vom 5. April:

Fundamentale Katastrophe

Rückblickend kann ich den bisherigen Mut zur Rettung des Nationalparks Bayerischer Wald nur bewundern. Ich denke hier vor allem an die letzten entscheidendem Weichenstellungen des ehemaligen Leiters des Nationalparks, Dr. Franz Leibl, der dem bisherigen schlüssigen Rettungsmotto "Natur Natur sein lassen" ein tragfähiges und überzeugendes Fundament gab.

Und jetzt? Jetzt wird an diesem Fundament so massiv gerüttelt, dass all die bisherigen Maßnahmen und Ziele grundsätzlich in Frage gestellt werden. Das katastrophale dabei ist, es geht hier überhaupt nicht mehr um die Stärkung des Nationalparks. Nein, hier wird sein Fundament geopfert für einen erhofften Stimmengewinn von unzufriedenen und ganz besonders sendungsbewussten Bayerwäldlern - natürlich nicht nur auf Kosten des Nationalparks, sondern vor allem auf Kosten der bisher unangefochtenen Platzhirsch-Partei im Maximilianeum. Ich verstehe nicht, dass hier dem Platzhirsch der Freien Wähler eine so lange Leine gelassen wird, nur damit die wirklich nicht dem Naturschutz und vor allem dem Nationalpark dienenden unsäglichen Weichenstellungen zugelassen werden. Verhindert hier schon Angst und Panik vor dem Anwachsen der Stimmen von rechts außen oder der Freien im bayerischen Landtag jeden Sachverstand?

Stephan Hansen, Ergolding-Piflas

Dem Käfer den Tisch gedeckt

Vergangenes Jahr waren wir auf einer Wanderung im Elbsandsteingebirge und durchquerten ein Naturschutzgebiet, das ähnliche "Probleme" hat wie der Bayerische Wald. Ich setze bewusst die Gänsefüßchen, weil die Probleme nicht der Wald hat, sondern der Mensch, wenn er nicht sogar selbst das Problem ist. Es braucht kein ausgesprochenes Expertentum, um nach Jahrzehnten Erfahrung zu wissen, dass sowohl der Borkenkäfer als auch Sturmereignisse dort am meisten Schaden anrichten, wo Homo sapiens in der Absicht von Gewinnmaximierung Fichten-Monokulturen - also nicht gerade "Wald" - angelegt hat. Und das geschieht oft in Höhenlagen, in der die Fichte ohne menschlichen Eingriff wenig Chancen hätte, dominierende Baumart zu werden.

Wir sind ja von den klimatischen Bedingungen der Taiga recht weit entfernt. Das merkt jeder, der sehen kann, wenn er beobachtet, was in Waldstücken, die der Borkenkäfer und/oder der Sturm verwüstet hat, nachwächst. Fichte ist kaum dabei. Es entsteht ein schöner Mischwald, in dem auch dem Borkenkäfer die Verbreitung schwer gemacht wird.

Zumindest war die Tendenz, den Wald einfach mal in Ruhe zu lassen, bislang auch im Naturpark Bayerischer Wald einfach mal Konsens. Jetzt sollen große Teile wieder dem menschlichen "Management" unterworfen werden. Management nicht zum Schutz des Waldes, sondern der Waldbesitzer ringsherum. Die haben es eben noch nicht erkannt - oder wollten es nicht, dass die Fichte hier keine Zukunft hat. Eine Tendenz, die sich mit der Klimaänderung eher noch beschleunigen dürfte. Die Tatsache, dass die "betroffenen" Waldstücke sehr weit von den "verursachenden" Flächen des Nationalparks entfernt sind, macht das Ganze noch zur ärgerlichen Farce mit der Gefahr der Wiederholung. Ich weiß nicht, nach welchen fachlichen Grundlagen Nationalpark-Leiterin Ursula Schuster und Umweltminister Thorsten Glauber ihre Ämter bekommen haben. Solche Entscheidungen lassen doch stark an ihrer Fachkompetenz zweifeln. Ist den Herren Glauber und Aiwanger schon mal in den Sinn gekommen, dass der Borkenkäfer auch damit bekämpft werden kann, dass man ihm nicht immer wieder den Tisch neu deckt? Ich hoffe, andere Verwaltungen von Nationalparks lassen sich nicht durch derartig dumme Entscheidungen anstecken.

Thomas Spiewok, Hanau

Dilettanten und Populisten

Die Kommentare von Aiwanger und einigen CSU-Vertretern zeigen, wes Geistes Kind diese Leute sind, und dass sie die Zeichen der Zeit immer noch nicht erkannt haben. Die Schwächung der Nadelbäume ist eine Folge des Klimawandels und falscher waldbaulicher Entscheidungen der letzten Jahrzehnte. Der Befall durch zwei der bei uns vorkommenden Borkenkäferarten (Buchdrucker und Kupferstecher) ist lediglich eine Folge des Nichtstuns in Sachen Bekämpfung des Klimawandels und des Aufbaus resilienterer Waldbestände. Dilettanten und Populisten wie Aiwanger gehören "in die Wüste geschickt" - ein kleiner Trost, dass sich zumindest diese Möglichkeit durch den rapide fortschreitenden Klimawandel verbessern könnte!

Claus Mayr, Aachen

Ein Vergehen am Naturerbe

Vorschlag an Minister Hubert Aiwanger: Wandeln Sie bitte Ihr Vorzimmer im Ministerium in ein Fichten-Gedenkzimmer um. Dies wäre auch ein symbolischer Akt, würde den Fichten im Nationalparkumfeld ebenfalls nicht helfen, aber wenigstens den Nationalpark nicht schädigen. In einem Nationalpark Schutzzonen in "Managementzonen" umzuwandeln, das kann man erwägen, wenn man einen sehr guten Grund hat. Jetzt soll damit die Möglichkeit geschaffen werden, in Parkmitte, von der aus ein Borkenkäfer die Parkgrenzen gar nicht erreichen kann, Bäume auf mehreren Hektar zu fällen. Das ist kein vernünftiger Grund. Den Waldbauern damit eine Solidaritätsadresse zu schicken, und das ohne eine Verbesserung des tatsächlichen Schutzes der an den Park angrenzenden Fichtenwälder vor dem Borkenkäfer, das ist blanker Populismus und ein Vergehen an unserem Naturerbe.

Dr. Peter Weibl, Landsberg

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