Gasteig-Zwischennutzung:Schöne Aussichten aus der Bar, aber nicht für die Kultur

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Auf dem Gasteig hat der Kulturdachgarten eröffnet, darunter bespielt ein Mix aus Kreativen und Initiativen Europas größtes Kulturzentrum bis zur Sanierung. (Foto: René Hofmann)

Weil die Sanierung des Kulturzentrums stockt, ergeben sich Interimsmöglichkeiten. Was aber wird mit dem eigentlichen Projekt?

"Drinks auf dem Dach" vom 9. August:

Als Zwischennutzung eine schöne Aussicht über die Stadt von den Bars des Gasteig-Daches - aber auch schöne Aussichten für die Sanierung des Gasteigs? Ich meine: Nein. Seit Jahren verhindert der Stadtrat die notwendige Sanierung des Gasteigs durch zögerliche Entscheidungen, besonders aber durch die wenig professionelle Bearbeitung durch das Baureferat.

Zögerlich, weil die Mehrheit des Stadtrates sich bis heute nicht einig ist: Grundsanierung, bevor die Branddirektion ein Machtwort spricht, oder Generalsanierung, um den Gasteig für die nächsten Generationen zukunftsweisend und nachhaltig zu gestalten. Grundsanierung: Die Sprinkleranlage ist marode, hierfür müssen wesentliche Bereiche bis zum Rohbau rück- und wieder aufgebaut werden. Kosten: Zwei Drittel bis vier Fünftel der Generalsanierung.

Generalsanierung: Neben der Grundsanierung neue Fluchtwege, bessere Anlieferung der Instrumente, um die Wohnqualität der Kellerstraße endlich ohne Störungen zu ermöglichen, um die Akustik der Philharmonie wirklich zu perfektionieren, um die einzelnen Institute, Bibliothek und Säle offen zur "Erschließungsstraße" ohne Schwellenangst zu gestalten, um das Gebäude vom Foyer aus zur Stadt hin zu öffnen und ein Café oder Restaurant mit Blick auf die Stadt - wie jetzt von den "Bars" - zu schaffen.

Was macht die Stadt? Sie sucht zum vorgegebenen Leistungsumfang und zu vorgegebenen Kosten eine Leasingfirma. Darum fand sich kein Anbieter. So funktioniert Marktwirtschaft eben nicht. Außerdem kostet ein Leasing-Modell den Steuerzahler à la longue sehr viel. Die Kosten des Gasteigs vor 45 Jahren betrugen 450 Millionen D-Mark und belaufen sich heute schon auf gut 900 Millionen Euro. Und der Leasing-Vertrag läuft noch.

Sinnvoll wäre es, für die Sanierung eine eigene Gesellschaft zu gründen, ausgestattet mit einem Sonderhaushalt analog dem Sonderhaushalt des Bundes für die Bundeswehr, da die Maßnahme aufgrund der hohen Kosten nicht im normalen städtischen Haushalt geführt werden kann.

Und nun die Zwischennutzung, für die man erst mal 6 Millionen Euro locker machen musste, um die schlimmsten Sicherheitsrisiken beheben zu können. Die dadurch vertrödelte Zeit aber kostet weiteres Steuergeld. Kein Wunder, dass der bisherige Geschäftsführer Max Wagner, der Lotse, von Bord geht. Max Wagner, dem es mit seinem Team gelang, das Gasteig-HP8 (das Ausweichquartier in Sendling, an der Hans-Preißinger-Straße 8; d. Red.) in zwei Jahren zu planen, zu managen und zu erstaunlich geringen Kosten zu schaffen. Und der Oberbürgermeister und die zweite Bürgermeisterin als Aufsichtsratsvorsitzende des Gasteigs schweigen.

Udo Bünnagel, München

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