Danubia-Haus:Einst Rettung vor Nazis, heute Hort extremer Ideologie

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Die Villa der pflichtschlagenden, als rechtsextrem geltenden Burschenschaft "Danubia" in der Potsdamer Straße in München. (Foto: Catherina Hess)

Der Münchner Sitz der als rechtsextrem geltenden Burschenschaft hat eine Geschichte, die im politischen Gegensatz zu ihren heutigen Nutzern steht.

Zu "Was es mit dem Danubia-Haus auf sich hat" vom 20./21. Januar und "Die Spinne im rechten Netzwerk" vom 29. Januar:

Es ist schon makaber, dass sich ausgerechnet in einem Haus Rechtspopulismus eingenistet hat, welches im "Dritten Reich" ein Hort und Zufluchtsort gegen den Nationalsozialismus war.

Unsere Familie lebte dort dreißig Jahre ab 1937, und unser Vater hatte neben dem Militärdienst eine Hausarzt-Praxis im Parterre eingerichtet. Oft sahen wir fremde Personen bei uns, von denen es hieß, sie seien politisch verfolgt oder jüdische Mitmenschen. Uns Kindern taten sie besonders wegen ihrer kahlgeschorenen Köpfe leid.

Am Mittwoch-Nachmittag wurde eifrig Hausmusik betrieben unter dem verfemten Komponisten Karl-Amadeus Hartmann. Meist einmal im Monat waren Zuhörer geladen für einen Abend mit Vorträgen und Gesprächen gleichgesinnter Künstler, Politiker und Kirchenvertreter. Es gab aus Vorsichtsgründen weder Adressenlisten noch irgendwelche schriftliche Einladungen. Es galt die Befürchtung, dass die Gestapo das Geschehen beobachtete. Nur gegen biedere Hausmusik gab es keine Einwände.

Zwei große Räume im Parterre konnten verbunden werden, sodass auch ein Zuhörerraum entstand. In den großen Garten führten zwei Terrassentüren. So konnten die Gäste mehrmals beim Auftauchen unbekannter, verdächtiger Gesichter in den Garten entweichen und von dort über eine kleine Türe in der hohen Gartenmauer unbehelligt in die Ungererstraße gelangen, während Beobachter in der Potsdamer Straße nichts Auffälliges bemerkten.

So sprachen unter anderem Romano Guardini und Pater Alfred Delp, Werner Bergengruen las aus seinem "Der Großtyrann und das Gericht", Intendant Otto Schöpf inszenierte mit einer Schauspielgruppe und Elisabeth Bertram Stücke im theatralischen Treppenhaus. An Namen wie Hausmann, Sommerfeld, Ammann können wir uns erinnern. Wie gesagt, gab es keine Listen oder Aufzeichnungen, und nur unsere kindliche Erinnerung ist geblieben. Das Haus wurde auch 1944 von einer Brandbombe getroffen und ein anfangs kleiner Brand durch den furchtlosen Einsatz von Helfern gelöscht. Nach dem Zusammenbruch waren alle diese Freunde mit dem Wiederaufbau unseres Landes beschäftigt.

Mehrmals in der Woche führt heute der Weg mit gewisser Wehmut an dieser herrschaftlichen Villa vorbei, die wohl würdigere Bewohner verdient hätte.

Dr. Arbo Steidle, Dr. Christoph Steidle, Feldkirchen-Westerham

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