Bildungspolitik:Schecks vom Staat für Studenten

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Der Koalitionsvertrag von Union und FDP beschwört eine Bildungsrepublik - und präsentiert sich trotzdem manchmal mutlos.

Tanjev Schultz

Schon im Titel des Koalitionsvertrags will die Regierung zeigen, dass Bildungspolitik für sie kein Randthema ist. "Wachstum, Bildung, Zusammenhalt", heißt das Papier, und gleich im zweiten Kapitel beschwört es das Ziel einer Bildungsrepublik. In einem unmissverständlichen Hauptsatz kündigt die Koalition an, die Ausgaben des Bundes für Bildung und Forschung bis 2013 um insgesamt zwölf Milliarden Euro zu erhöhen. Das ist, bedenkt man die Haushaltslage, durchaus beachtlich. Allerdings flüchtet sich der Vertrag anschließend in viele schwammige Formulierungen. Wohin das Geld fließen soll, bleibt unklar.

Der Koalitionsvertrag von Union und FDP beschwört eine "Bildungsrepublik". Studenten sollen künftig mehr gefördert werden. (Foto: Foto: AP)

Bei einigen Ideen hat die Koalitionäre am Ende der Mut verlassen. So heißt es nur noch, man wolle beispielsweise jedem neu geborenen Kind ein "Zukunftskonto" mit einem Startguthaben von 150 Euro einrichten und Einzahlungen mit Prämien unterstützen. Mit dem Geld sollen junge Erwachsene später in ihre Bildung investieren. Das Wort "beispielsweise" lässt jedoch ahnen, dass es diese Starthilfe des Staates nie geben wird.

Vergleichsweise verbindlich äußert sich die Koalition zu neuen Stipendien für Studenten. Gemeinsam mit den Ländern will sie "mittelfristig" zehn Prozent aller Studenten mit 300 Euro im Monat fördern. Derzeit erhalten nur zwei Prozent ein Stipendium. Das Geld soll, anders als beim Bafög und schon bestehenden Stipendien, unabhängig vom Einkommen der Eltern fließen. Das Bafög soll davon unberührt weiterbestehen. Die Wirtschaft müsste die Hälfte der Kosten tragen, Bund und Länder würden sich die andere Hälfte teilen.

Ob die Stipendien kommen, hängt also auch von den Ländern und den Unternehmen ab. Kritiker (wie die SPD-Bildungsminister in den Ländern) halten das Programm für unsozial: Es werde vor allem Kindern aus ohnehin privilegierten, akademisch geprägten Familien zugutekommen. Und man sollte das Geld lieber für ein besseres Bafög und die Förderung schwacher Schüler verwenden.

Die Ohnmacht des Bundes

Im Koalitionsvertrag sagt zwar auch Schwarz-Gelb der "Bildungsarmut" den Kampf an. Es folgen jedoch nur wenige Punkte, die zeigen, wie dieser Kampf geführt werden soll. Das hängt auch damit zusammen, dass der Bund im deutschen Föderalismus wenig Macht über die Schulen und Kindergärten hat. Der Koalitionsvertrag betont, eine "nationale Anstrengung" sei nötig.

Die angestrebte "Bildungspartnerschaft" mit Ländern und Kommunen ist letztlich aber nichts anderes als das Eingeständnis, dass der Bund aus seiner relative Ohnmacht nicht aufwachen kann. Geplant sind "Bildungsbündnisse vor Ort". Dabei könnte es - mal wieder ist der Text sehr vorsichtig - "zum Beispiel" Bildungsschecks geben, mit denen Förderangebote für "benachteiligte Kinder" bezahlt würden. Für Erzieherinnen soll es außerdem verstärkt Fortbildungen geben.

Der Vertrag drückt sich um die Streitpunkte

In der Forschungspolitik sollen die Schwerpunkte auf den Themen Klima, Gesundheit, Mobilität, Kommunikation und Sicherheit liegen. Um koalitionsinterne Streitpunkte in der Gentechnik drückt sich der Vertrag herum. Bei der Stammzellforschung will man auf dem "Boden des geltenden Rechts" bleiben - eine Liberalisierung, wie sie die FDP befürwortet, also vermeiden. Die Strukturen der Ressortforschung wolle man "ergebnisoffen prüfen". Und Forschungsinstitute wie die der Max-Planck-Gesellschaft oder der Helmholtz-Gemeinschaft sollen von bürokratischen Fesseln befreit werden. Dafür plant die Koalition ein Wissenschaftsfreiheitsgesetz.

© SZ vom 26.10.2009/holz - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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