Beziehung und Beruf:Zwei Karrieren und eine Partnerschaft

Ein Karrieremensch kommt selten allein.

An Hochschulen gibt es "Dual Career Center" schon lange. Nun ziehen auch Firmen nach und kümmern sich um Paare, bei denen beide vorankommen wollen.

(Foto: Ralph Peters/imago)

Wer Karriere machen will, sucht sich häufig auch einen Partner, dem beruflicher Erfolg wichtig ist. Das erschwert die gemeinsame Lebensplanung. "Dual Career Center" sollen dabei helfen.

Von Alexandra Straush

Ein Hauch von Sommerfrische liegt über dem Örtchen Ittenbach im Siebengebirge. Spaziergänger erkunden die bewaldeten Hügel entlang des Rheins und die Ausflugslokale mit Jahrhundertwendecharme. Für Annegret Klemme hat ihr Wohnort aber einen ganz anderen Vorteil: Er liegt direkt an der A 3, auf halber Strecke zwischen Frankfurt und Köln. Aus diesem strategischen Grund hat sie ihn vor neun Jahren mit ihrem Mann Peter Aidenberger als Familiendomizil gewählt.

"Es war eine Entscheidung mit der Landkarte auf dem Küchentisch", sagt die Psychologin, die in der Arzneimittelentwicklung arbeitet. Sie musste beruflich bedingt schon häufiger zwischen den beiden Ballungsräumen hin- und herziehen. Am Ende ihrer Elternzeit zum Beispiel wohnte sie in Bad Homburg in Hessen, wo ihr Mann als Rechtsanwalt in einer Kanzlei arbeitete. Und bekam ein Beförderungsangebot ihres alten Arbeitgebers in Köln.

"Mein Mann hat gesagt: Das nimmst du mit für deinen Lebenslauf, das kriegen wir schon irgendwie hin," erzählt Klemme. Und so zogen sie nach Ittenbach, durchschnittlich 100 Pendelminuten von Frankfurt und 70 Minuten von Köln entfernt. Genau so weit, dass die Mutter mit reduzierter Stundenzahl nachmittags nach der Arbeit ihren dreijährigen Sohn von der Kita abholen konnte.

Ähnliche Probleme wie Annegret Klemme und Peter Aidenberger haben immer mehr Paare: Sie sind hoch qualifiziert und möchten in ihrem Beruf arbeiten, finden aber nicht beide einen passenden Job an einem Ort. Für die Rekrutierung ist das ein Problem.

Entscheidung für den Job hängt oft vom Partner ab

Denn wenn Unternehmen die Bedürfnisse von Karrierepaaren ignorieren, gehen ihnen gerade die sogenannten High Potentials durch die Lappen. Das ergab eine Studie der Universität Hohenheim: Je wichtiger einem Menschen die eigene Karriere ist, fanden die Wissenschaftler heraus, desto eher erwartet er auch eine starke Karriereorientierung beim Partner.

Oder von der anderen Seite betrachtet: Wer mit einem Karrieremenschen zusammenlebt, sieht sich unter Druck, ebenfalls beruflich durchzustarten. Und wenn für einen der beiden nun ein beruflicher Ortswechsel ansteht, dann hängt die Entscheidung für den Job oft auch von den beruflichen Perspektiven des Partners ab.

Hilfe, meine Partnerin hat einen Job im Ausland

Weil diese Erkenntnis zu immer mehr Unternehmen durchdringt, gibt es Menschen wie Kathrin Silber. Sie arbeitet im Dual Career Center Region Stuttgart und ist Ansprechpartnerin für 20 Firmen. Sie haben sich zu einem Netzwerk zusammengeschlossen, um Karrierepaaren attraktive Jobangebote am Ort machen zu können.

Mit dabei sind große Arbeitgeber wie Daimler, Porsche und Bosch, aber auch kleine und mittelständische Firmen. Die stellen in der Region nämlich 98 Prozent aller Jobs zur Verfügung, können sich trotzdem gegen die Großkonzerne in Sachen Recruiting nur schwer behaupten.

Stefanie Kästle von der Geschäftsleitung der Mader GmbH zum Beispiel sieht "das Netzwerk als Chance". Das Unternehmen, das im Bereich Drucklufttechnik und Pneumatik tätig ist, verzeichnet rückläufige Bewerberzahlen und geht deshalb neue Wege. Zum Beispiel, indem es sogar einem Trainee-Bewerber aus Offenbach eine Jobvermittlung für die Partnerin anbieten konnte. Er arbeitet heute in der Firma im Bereich Innovationsmanagement.

"Es ist für viele ein positives Zeichen, dass sich jemand um ihre Situation kümmert", sagt Silber. Sie darf zwar keine Jobs vermitteln, denn dafür gibt es die Arbeitsagenturen. Aber sie kann Kontakte herstellen, im Netzwerk oder darüber hinaus. Und sie kann Bewerbungstrainings vermitteln und über den regionalen Arbeitsmarkt informieren. Das hilft Jobsuchenden, die sich in der Region nicht auskennen, wie zum Beispiel Ronaldo Valentim.

Deal mit der Partnerin

Valentim hat vorher in Brasilien beim Autohersteller Renault als Ingenieur im Einkauf gearbeitet und ist seiner Frau nach Deutschland gefolgt. "Wir hatten einen Deal", sagt er. "Wenn einer von uns beiden die Chance bekomme, im Ausland zu arbeiten, dann würde ihn der andere auf jeden Fall unterstützen." Als seine Frau Cassia de Castro Pires, Mitarbeiterin bei Bosch in Brasilien, ein Angebot erhielt, nach Deutschland zu gehen, zog er mit.

Auf Jobsuche schrieb er 80 Bewerbungen an Firmen, die er kannte - ohne Erfolg. "Ich wusste nicht mehr, wohin ich gehen sollte", sagt Valentim. Dann hörte er von den Trainings- und Netzwerkangeboten des Dual Career Service. Und schon klappte es mit der Bewerbung. Heute arbeitet er als Einkäufer für den japanischen Elektronikkonzern Nidec in Bietigheim-Bissingen.

Dual-Career-Netzwerke funktionieren wie Stellenbörsen

Dual Career Services sind keine neue Erfindung. Wissenschaftliche Arbeitgeber besetzen das Feld schon eine ganze Weile. So haben sich mehr als 43 Hochschulen im Dual Career Netzwerk Deutschland zusammengetan.

Zusätzlich gibt es regionale Verbünde wie die Dual Career Netzwerke Nordbayern und Oberrhein mit 15 und 18 teilnehmenden Arbeitgebern oder die kleine Dual Career Stellenbörse des Bündnisses für Familie in Heidelberg.

Dass die Wissenschaft hier der Wirtschaft in Sachen Service voranmarschiert, liegt an den besonderen Arbeitsbedingungen: Da Hochschulen nicht aus dem eigenen Haus berufen dürfen, sondern ihr wissenschaftliches Personal extern anwerben, besteht hier hoher Mobilitätsdruck.

Und Internationalität ist bei Forscherkarrieren Standard. Anders als auf dem normalen Arbeitsmarkt, wo überwiegend regional rekrutiert wird. Wenn die Fachkräfte in der Region allerdings knapp werden, müssen auch Firmen umdenken.

Meistens lösen Paare das Problem selbst

Zum Beispiel die Weitmann und Konrad GmbH. Das Unternehmen aus Leinfelden-Echterdingen liefert anderen Herstellern Geräte zur Materialveredelung zu und macht es möglich, dass Vorhänge feuerfest oder Papiertaschentücher besonders weich werden.Und es hat ein Fachkräfteproblem. "Hier in der Region Stuttgart sucht niemand, der qualifiziert ist, einen Job. Wir müssen uns deshalb um Interessenten aus ganz Europa und aus dem arabischen Raum bemühen", sagt Geschäftsführer Carlheinz Weitmann. Da sei es in der Konkurrenz zu Konzernen die einzige Chance, einen zusätzlichen Service anzubieten. In diesem Fall die Hilfe bei der Jobsuche des mitziehenden Partners.

Bisher können leider die wenigsten Karrierepaare auf so eine Unterstützung setzen und lösen ihre Probleme meist selbst. Annegret Klemme ist mit ihrem Arrangement immer noch sehr zufrieden. "Wir leben hier im grünen Idyll, in einer Enklave akademischer Doppelverdiener, die alle ähnliche Lebensmodelle haben wie wir." Langfristig, meint sie, war das eine gute Entscheidung. Denn sie hat inzwischen schon wieder den Job gewechselt. Und der Arbeitgeber ihres Mannes hat die Kanzlei von Bad Homburg nach Köln verlegt. Die Familie muss trotzdem nicht umziehen.

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