Arbeitszeiterfassung:Koalitionsstreit um EuGH-Urteil

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Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (Foto: dpa)
  • Arbeitgeber müssen nach einem Urteil des EuGH sämtliche Arbeitszeiten ihrer Mitarbeiter erfassen.
  • Wirtschaftsminister Peter Altmaier stemmt sich dagegen, dies komplett in die Tat umzusetzen.
  • Arbeitsminister Hubertus Heil wirft ihm vor, gegen geltendes Recht zu verstoßen.

Von Henrike Roßbach, Berlin

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) will das Grundsatzurteil des Europäischen Gerichtshof (EuGH) zur Erfassung von Arbeitszeiten zunächst nicht umsetzen. Er stellt sich damit ein weiteres Mal gegen Pläne von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD). Zuvor hatte Altmaier schon gegen Heils Plan opponiert, Paketdienste für ihre Subunternehmer haften zu lassen. Heil wies den Vorstoß zurück: "Kein verantwortlicher Minister der Bundesregierung sollte bestehendes Recht und Gesetz ignorieren", sagte er der Süddeutschen Zeitung.

Die EuGH-Richter hatten vergangene Woche entschieden, dass Arbeitgeber die Arbeitszeiten sämtlicher Mitarbeiter erfassen müssen. Die EU-Mitgliedstaaten müssten entsprechende Richtlinien einführen. Heil hatte daraufhin angekündigt, das Urteil rasch umzusetzen.

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Am Dienstag aber meldete sich Altmaier zu Wort und sieht offenbar keinen Grund zur Eile. Das Urteil weise nicht in die richtige Richtung, sagte der Wirtschaftsminister. "Es ist der falsche Weg, die Stechuhr wieder überall einzuführen." Er kündigte an, sein Ressort werde ein Rechtsgutachten in Auftrag geben, um zu klären, ob das Urteil überhaupt umgesetzt werden muss. Vorliegen solle das Gutachten bis zur Sommerpause. "Wir wollen und müssen die Interessen der Arbeitnehmer schützen, aber wir dürfen keine überbordende Bürokratie schaffen."

Heil reagierte prompt: "Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales wertet das EuGH-Urteil derzeit sorgfältig aus", sagte er der SZ. "Wir stehen dazu auch in Gesprächen mit den Sozialpartnern und werden in der zweiten Jahreshälfte Vorschläge machen, wie wir die Rechte von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern im Lichte des Urteils sichern." Seine Vorschläge würden "dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Rechnung tragen und unnötige Bürokratie vermeiden", sagte Heil. Unterstützung erhält er aus der SPD-Fraktion. "Es steht natürlich auch dem Bundeswirtschaftsminister frei, Urteile zu prüfen", sagte Fraktionsvize Katja Mast. Sie ginge aber davon aus, dass gesetzlich geregelt werde, was aus dem Urteil folge. "Alles andere hielten wir für nicht vermittelbar."

Urteil versetzt Arbeitgeber in Aufregung

Im Paketbotenstreit hatte Altmaier den Kürzeren gezogen. Der Koalitionsausschuss gab grünes Licht für Heils Pläne; Altmaier bekam lediglich die Zusage, einige Bürokratielasten abbauen zu dürfen. Dieses Mal hat der Wirtschaftsminister deutlich mehr Mitstreiter. Das EuGH-Urteil versetzte die Arbeitgeber in Aufregung. "Wir begrüßen es, wenn der Wirtschaftsminister in Richtung Arbeitswelt 4.0 denkt", sagte dazu der Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände Steffen Kampeter der SZ. "Die Stechuhr-Kultur ist ein Relikt aus dem 20. Jahrhundert." Er halte es für geboten, erst genau zu prüfen, ob und wie es nach dem Urteil überhaupt Handlungsbedarf gebe.

Bislang müssen Arbeitgeber in der Regel nur Arbeitszeiten von mehr als acht Stunden aufzeichnen, plus die Arbeitszeit an Sonn- und Feiertagen. Hinzu kommen Aufzeichnungspflichten zur Kontrolle des Mindestlohns.

© SZ vom 22.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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