Nürnberg:Fachkräfte dringend gesucht: Zuwanderer qualifizieren

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Kay Senius, Chef der Landesarbeitsagentur, blickt in die Kamera. (Foto: arifoto UG/zb/dpa/Archivbild)

In Thüringen werden im nächsten Jahr wohl kaum mehr Menschen arbeiten als ‎bisher. "Die Mittelwertprognosen unserer Wissenschaftler gehen davon aus, dass wir...

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Halle/Erfurt (dpa/th) - In Thüringen werden im nächsten Jahr wohl kaum mehr Menschen arbeiten als ‎bisher. „Die Mittelwertprognosen unserer Wissenschaftler gehen davon aus, dass wir 2020 ‎mit 0,1 Prozent nur ein leichtes Wachstum der ‎sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung haben werden. Das ist fast nichts“, ‎sagte Kay Senius, Chef der in Halle ansässigen Regionaldirektion Sachsen-Anhalt-Thüringen der ‎Bundesagentur für Arbeit. Im ‎ungünstigsten Fall rechnen die Experten mit einem Rückgang. Bundesweit geht das Institut für Arbeitsmarkt- ‎und Berufsforschung (IAB) 2020 im Schnitt von einem Beschäftigungsplus von 0,7 Prozent im Vergleich zu 2019 aus. ‎ ‎ Nach Angaben von Senius fällt das erwartete Beschäftigungswachstum 2020 in Thüringen vor allem deshalb so gering aus, weil das Land stärker von der Demografie ‎betroffen ist als im Bundesdurchschnitt und weil es zugleich weniger Zuwanderer hat. Dadurch werde es in der klein- und mittelständisch geprägten Wirtschaft immer schwieriger, ‎Beschäftigte und Nachfolger von Unternehmen zu bekommen. „Eine qualifizierte ‎Zuwanderung wird daher das Schicksalsthema für Thüringen sein“, sagte ‎Senius.

Damit verbunden sei die Integration von Flüchtlingen. ‎Um das Beschäftigungsniveau nur einigermaßen halten zu können, ‎brauchen wir ausländische Beschäftigte am Arbeitsmarkt. Wenn wir sie nicht haben, wird das ‎Wirtschaftswachstum begrenzt, sagte Senius. Nach Berechnungen der Regionaldirektion auf Basis der Zahlen des statistischen Landesamtes ‎wird es 2030 in Thüringen etwa 308 000 Menschen im ‎erwerbsfähigen Alter zwischen 15 und 67 weniger geben als noch im Jahr 2015. Der Ausländeranteil an allen sozialversicherungspflichtig ‎Beschäftigten liegt in Thüringen bei 5,3 Prozent. Zum Vergleich: ‎Bundesweit liegt er bei 12,1 Prozent.‎

‎Senius appellierte an junge Menschen, in Thüringen zu bleiben. „Die ‎Karrierechancen sind hier so groß wie nie, zum Beispiel nach dem Studium oder einer ‎Meisterqualifikation innerhalb von wenigen Jahren Chef in einem Unternehmen zu werden“, ‎sagte er. Senius verwies auf Initiativen des Landes, in Zusammenarbeit mit ‎Hochschulen Anreize für Absolventen zu schaffen, um sich eine Existenz in Thüringen aufzubauen oder im Handwerk Fuß zu fassen. Wachsenden Bedarf an Fachkräften ‎gebe es auch angesichts der alternden Gesellschaft in der Pflege. ‎ ‎ Den Angaben nach dauert es in Thüringen mittlerweile im Schnitt rund 140 Tage, ehe eine freie Stelle - die von den Arbeitgebern aus verschiedensten Branchen an die Arbeitsämter und ‎Jobcentern gemeldet werden - mit geeigneten Bewerbern besetzt werden kann. „Tendenz ‎steigend“, sagte Senius. „2020 wird somit nicht die Arbeitslosigkeit das dringendste Problem in ‎Thüringen sein, sondern der Fachkräftebedarf.“ Um Stellen ‎besetzen zu können, seien die Arbeitgeber gefordert, ihre Mitarbeiter mit guten Arbeitsbedingungen und ‎guter Bezahlung auf Dauer an sich zu binden.

Senius sprach sich zudem dafür aus, noch mehr und gezielter in die Weiterbildung zu investieren. In Thüringen waren zuletzt rund 55 200 Menschen arbeitslos, die Arbeitslosenquote lag bei 4,9 Prozent (November 2019). Bundesweites Problem ist nach Ansicht von Fachleuten, dass die Qualifikationen von Arbeitslosen nicht immer zu den Jobanforderungen passen. Um dem Engpass an Fachkräften zu begegnen, hat die Bundesregierung ein Strategiepapier beschlossen.

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