Kiel:Wegen Corona-Krise Riesenandrang auf Kurzarbeit

Lesezeit: 2 min

Eine Frau füllt ein Antragsformular für Kurzarbeitergeld aus. (Foto: Jens Büttner/dpa/Illustration)

Im Zuge der Corona-Krise haben in Schleswig-Holstein in kürzester Zeit 17 800 Betriebe Kurzarbeit angezeigt. Dies teilte die Agentur für Arbeit am Dienstag mit....

Direkt aus dem dpa-Newskanal

Kiel (dpa/lno) - Im Zuge der Corona-Krise haben in Schleswig-Holstein in kürzester Zeit 17 800 Betriebe Kurzarbeit angezeigt. Dies teilte die Agentur für Arbeit am Dienstag mit. Im vergangenen Jahr habe es wöchentlich 7 solcher Anzeigen gegeben, sagte die Chefin der Regionaldirektion Nord der Bundesagentur für Arbeit, Margit Haupt-Koopmann, der Deutschen Presse-Agentur. Im Land gibt es laut Wirtschaftsministerium 123 000 Unternehmen. Wie viel Kurzarbeit tatsächlich geleistet wird, ist noch ungewiss. In ganz Deutschland haben 470 000 Unternehmen Kurzarbeit angezeigt.

Im Norden wurden laut Arbeitsagentur noch nicht alle Anzeigen erfasst. Auch Doppelungen seien möglich. Die Agentur habe das für Kurzarbeit zuständige Team von 37 Mitarbeitern auf 100 hochgefahren und werde es noch auf 240 aufstocken, sagte Margit Haupt-Koopmann. „Die Betriebe versuchen alles, ihre Mitarbeiter zu halten“, sagte Haupt-Koopmann im Hinblick auf die Kurzarbeit-Anträge. Ihre Mitarbeiter leisteten enorm viel und gehörten zu den aktuellen „Alltagshelden“. „Ich sehe uns als Anker in stürmischer See“, sagte sie. Der Arbeitsmarkt werde in den nächsten Monaten unter starke Spannungen geraten.

Kurzarbeit soll verhindern, dass Arbeitnehmern sofort die Entlassung droht, wenn ihr Betrieb wirtschaftlich in Schwierigkeiten gerät. Hierbei wird die Arbeitszeit vorübergehend verkürzt. Dadurch entgeht den Angestellten Lohn, der ihnen von der Arbeitsagentur teilweise ersetzt wird. Die Arbeitnehmer erhalten von ihrbis zu 60 Prozent des entgangenen Nettolohns, wenn sie Kinder haben, bis zu 67 Prozent.

In welchem Umfang jetzt tatsächlich Kurzarbeit geleistet wird, kann laut Arbeitsagentur erst Ende Mai/Anfang Juni in Hochrechnungen dargestellt werden. Der Grund: Kurzarbeit wird im Nachhinein abgerechnet. Die Betriebe haben dafür drei Monate Zeit. Die Anzeigen kommen vorwiegend von Betrieben aus dem Gastgewerbe, dem Einzelhandel (ohne Lebensmittel) und der Gesundheitsbranche. In der Wirtschafts- und Finanzkrise 2008/2009 war vor allem die Industrie betroffen.

Die Kurzarbeit sei ein richtig gutes Instrument, sagte Haupt-Koopmann. Beschäftigte würden nicht arbeitslos, und die Betriebe könnten damit ihre Fachkräfte behalten, die sie bräuchten, wenn die Wirtschaft hoffentlich bald wieder schnell hochfahre. „Ich sehe ein ganz hohes Verantwortungsbewusstsein der Betriebe.“ Mit der Kurzarbeit sei Deutschland schon ganz anders durch die Finanzkrise vor gut zehn Jahren gekommen als andere Länder. Damals bezogen im Norden maximal 1700 Betriebe Kurzarbeitergeld.

Die Informationen zur Kurzarbeit stellten den üblichen Monatsbericht zum Arbeitsmarkt in den Schatten. Demnach hatte die Arbeitslosigkeit in Schleswig-Holstein bis in den März hinein abgenommen. Da die Daten zum Stichtag 12. März erhoben wurden, sind Folgen der Corona-Krise in diesem Bericht noch nicht berücksichtigt. Die Schutzmaßnahmen wie die Schließung von Restaurants und Geschäften traten erst später in Kraft. Den Angaben zufolge wurden zum genannten Stichtag gut 81 800 Arbeitslose ermittelt. Das waren 3,7 Prozent weniger als im Februar und 0,4 Prozent weniger als vor einem Jahr. Die Arbeitslosenquote betrug 5,2 Prozent, nach 5,3 Prozent vor einem Jahr.

Die Folgen der Krise für den Arbeitsmarkt könnten frühestens im nächsten Monatsbericht dokumentiert werden, sagte Haupt-Koopmann.

Die Personalnachfrage bewegte sich im Vorjahresvergleich zuletzt auf einem niedrigeren Niveau. Laut Arbeitsagentur wurden seit Jahresbeginn 16 800 zu besetzende sozialversicherungspflichtige Stellen gemeldet - ein Minus von 6,9 Prozent. Die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten stieg nach den aktuellsten Daten vom Januar um 1,8 Prozent auf 1 004 800. Besonders im Gesundheits- und Sozialwesen, bei Dienstleistungen, in der Logistik sowie im Bau- und Gastgewerbe gab es mehr Jobs.

„Unsere Soforthilfemaßnahmen für die schleswig-holsteinische Wirtschaft werden sehr gut angenommen“, sagte Wirtschafts- und Arbeitsminister Bernd Buchholz (FDP) angesichts der Corona-Krise. „Dennoch wird sich ein Rückgang der Wirtschaftsleistung und ein Anstieg der Arbeitslosenzahlen nicht verhindern lassen.“ Er sei optimistisch, dass Schleswig-Holstein die Krise gut meistern wird.

Auch Haupt-Koopmann rechnet mit mehr Arbeitslosen schon im April, wenn normalerweise eine kräftige Frühjahrsbelebung ansteht. Diesmal fehlten aber Neu- und Wiedereinstellungen in Hotels, Gaststätten und bei Außenberufen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: