Medizin:Stiko rät zur Meningokokken-B-Impfung für Säuglinge

Lesezeit: 2 min

Impfung eines Säuglings: Fortan auch gegen Meningokokken B. (Foto: Oleksandr Latkun/IMAGO/Zoonar)

Die Erkrankung ist selten, kann aber tödlich enden. Deshalb fordern Kinderärzte seit Jahren eine Impfempfehlung für alle Kinder - nun ist sie da.

Von Felix Hütten

Die Ständige Impfkommission (Stiko) hat die Rufe vieler Kinderärztinnen und Kinderärzte gehört. Sie empfiehlt fortan die Impfung gegen Meningokokken B (MenB) für alle Säuglinge ab einem Alter von zwei Monaten. "Insgesamt treten invasive MenB-Erkrankungen zwar sehr selten auf, allerdings ist der Krankheitsverlauf sehr schwerwiegend", begründeten die Experten ihre Entscheidung. Das Erkrankungsrisiko sei im ersten Lebensjahr am höchsten, deshalb eine frühzeitige Impfung wichtig. "Die Impfung für Kleinkinder ist vertretbar", sagt Rüdiger von Kries, Mitglied der Stiko-Arbeitsgruppe Meningokokken B. Impfreaktionen wie Fieber seien mit Paracetamol gut in den Griff zu bekommen.

Säuglinge sollen der aktuellen Empfehlung zufolge drei Impfdosen im Alter von zwei, vier und zwölf Monaten erhalten. Für Kleinkinder sieht die Empfehlung bis zum fünften Geburtstag eine Nachholimpfung vor. Meningokokken sind Bakterien, die nach dem Aufbau ihre Hülle gruppiert werden. In Deutschland werden Kinder bereits standardmäßig gegen die Serogruppe C geimpft, nicht aber gegen B. Das soll sich nun ändern. "Wir wollten auch die etwas unbefriedigte Lage beenden, dass manche Krankenkassen die Impfung als Sonderleistung übernehmen, andere nicht. Nun haben alle Kinder die Möglichkeit, eine Impfung zu bekommen", sagt von Kries.

Der Impfkalender für Kinder ist in den ersten Lebensjahren sehr dicht

Dieser positive Blick auf eine generelle Impfempfehlung ist neu, lange argumentierte die Stiko dagegen. Es hieß, dass der Impfkalender für Kinder in den ersten Lebensjahren sehr dicht sei. Expertinnen und Experten fürchten, dass manche Eltern zusätzlich Impftermine schlicht ausfallen lassen. Außerdem sei die Erkrankungsrate glücklicherweise klein - zu klein für eine flächendeckende Empfehlung. "Die Benefits der Impfung sind da, aber sie sind quantitativ eher gering", sagt von Kries. "Es war deshalb eine mühsame Diskussion innerhalb der Stiko - auch weil die Impfung nicht zu 100 Prozent vor der Erkrankung schützt und auch keinen Herdenschutz aufbaut, also andere, ungeimpfte Kinder schützt."

Tatsächlich müssten Zehntausende Kinder geimpft werden, um einen einzigen schwer verlaufenden Meningokokken-B-Fall zu verhindern. Die aktuellsten Zahlen liegen für das Jahr 2020 vor, damals wurden deutschlandweit 138 Infektionen nachgewiesen, die meisten davon in der Gruppe B. 16 Fälle endeten tödlich, die meisten davon Kinder. Im Vorjahr gab es noch 29 Todesfälle. Expertinnen und Experten führen den massiven Rückgang auf die Covid-Schutzmaßnahmen zurück. "Wir wissen nicht, ob die Zahl der Erkrankungen wieder über das Vor-Covid-Niveau ansteigen wird", sagt von Kries. Ohne Impfung sei das möglich. "Mit der Impfung aber hoffen wir, das zu verhindern, und das ist gut."

Unabhängig dieser Zahlen aber mahnen viele Kinderärzte seit Jahren, dass auch eine Infektion mit der Gruppe B zu heftigen und teils tödlichen Erkrankungen führen kann, etwa zu schweren Hirnhautentzündungen. Deshalb sehen viele Experten es für dringend geboten, alle Kinder impfen zu lassen. Die Stiko folgt nun dieser Argumentation. In europäischen Nachbarländern steht die Impfung gegen Meningokokken B schon länger auf dem Impfplan, etwa in Großbritannien.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusMedizin
:"Jeder Fall eines schwer erkrankten Kindes ist einer zu viel"

Seit Jahren empfiehlt die Stiko, Kinder gegen Meningokokken C zu impfen, aber nicht gegen Meningokokken B, obwohl diese deutlich häufiger auftreten. Kinderärzte fordern nun den Piks. Was dafür spricht - und was dagegen.

Von Felix Hütten

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: