Gesundheit - Kiel:Buchholz fordert rasche Öffnung des Einzelhandels

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Kiel (dpa/lno) - Vor der Konferenz der Wirtschaftsminister am Freitag verlangt Schleswig-Holsteins Ressortchef Bernd Buchholz eine rasche Öffnungsperspektive für den Einzelhandel. "Es wird immer schwerer verständlich und vermittelbar, dass außer den Friseuren auch die Gartencenter öffnen können, der übrige Einzelhandel aber geschlossen bleiben soll", sagte der FDP-Politiker am Donnerstag in Kiel. Sollte angesichts noch zu hoher Corona-Werte von 50 bis 60 Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner binnen sieben Tagen eine rasche Öffnung des Einzelhandels nicht möglich sein, müsse das Click&Meet-System als Minimallösung für die Branche zügig bundesweit eingeführt werden.

Dabei wird für einen Einkauf in einem ansonsten geschlossenen Geschäft ein Termin vereinbart. Dann dürfen Mitglieder eines Hausstandes einen Laden zu Beratung und Einkauf betreten. "Und angesichts von Maskenpflicht, Hygienekonzepten samt Kontakterfassung und Flächenbeschränkungen ist das Infektionsrisiko maximal überschaubar", erläuterte Buchholz. Einige Länder wollen dies Anfang März auch einführen. Dies geht über das bereits auch im Norden praktizierte Click&Collect hinaus, bei dem man eine vorher telefonisch oder online bestellte konkrete Ware abholen kann.

Schleswig-Holstein lässt zum 1. März Blumenläden und Gartencenter öffnen, nicht aber ganze Baumärkte. Sollten die Infektionszahlen bundesweit wieder steigen, müsste für den Einzelhandel zumindest das Click&Meet-Terminshopping ermöglicht werden, bekräftigte Buchholz. Er will dies zumindest auch so schnell wie möglich im Norden erreichen.

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) will am Freitag mit seinen Länderkollegen über eine Öffnungsstrategie beraten. Nach derzeitigem Stand könnten ab 8. März weitere Läden öffnen dürfen - aber nur in Regionen mit einer Corona-Inzidenz von höchstens 35. Die Länder beraten am Mittwoch nächster Woche mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) über weitere Schritte in der Pandemie.

Auch der Stufenplan des Robert Koch-Instituts bestätige, dass im Handel das Infektionsrisiko als gering anzusehen sei, sagte Buchholz. "Dies kann auch das Bundeskanzleramt nicht länger ignorieren - insofern ist die Schließung des Einzelhandels nicht länger zu rechtfertigen."

Bei Entschädigungen für geschlossene Betriebe fordert Buchholz eine deutliche Ausweitung: "Sollte der Lockdown nach dem 8. März weiter andauern, ist eine Erhöhung der finanziellen Entschädigungen für den Einzelhandel zwingend notwendig - und zwar eher auf der Basis eines Verlustausgleichs für die vergangenen Monate als den bisherigen Fixkostenausgleich." Denn dieser führe zu einer immer weiteren Anhäufung der Verluste bei Einzelhändlern, deren Eigenkapitaldecke derzeit ohnehin schmelze wie Butter in der Sonne.

Buchholz forderte die Bürger auf, trotz verständlicher Pandemie-Müdigkeit die Abstand- und Hygieneregeln weiterhin streng zu befolgen. "Aus dem Lebensmittel-Einzelhandel erreichen uns vermehrt Meldungen, dass die Disziplin in Teilen der Kundschaft nachlässt - das birgt die große Gefahr, dass einige Wenige den mühselig erarbeiteten Erfolg der Maßnahmen zurückwerfen und damit Existenzen in Gefahr bringen", sagte der Minister.

Der Handelsverband forderte Bund und Länder auf, die Öffnung der Geschäfte zu ermöglichen. "Viele unserer Unternehmen sind am Limit des Verkraftbaren und Zumutbaren angekommen, die Lage ist dramatisch", erklärte Präsident Andreas Bartmann. 60 Prozent der vom Lockdown betroffenen Handelsunternehmen sähen ihre Existenz als akut bedroht an. Versprochene Wirtschaftshilfen seien unzureichend und kämen oft immer noch nicht bei den Unternehmen an. Der Verband vertritt 36 000 Betriebe mit rund 262 000 Beschäftigten in Hamburg, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern.

Obwohl die Branche sich konstruktiv an der Pandemiebekämpfung beteilige, sei sie nunmehr gezwungen, sich auch gerichtlich zur Wehr zu setzen, erläuterte Bartmann. Der Verband unterstütze klagewillige Unternehmen mit Gutachten und Klagemustern, denn der Handel habe gute Hygienekonzepte, und Studien zufolge gebe es im Einzelhandel keine erhöhte Infektionsgefahr. Der wahre Grund für die Schließung sei nicht das Ansteckungsrisiko in Geschäften, sagte Bartmann. "Es geht der Politik darum, dass die Menschen zu Hause bleiben. Dafür ist sie offensichtlich bereit, gewachsene Unternehmen, damit verbundene Arbeitsplätze und ganze Innenstädte zu opfern."

Aus Sicht der Kieler IHK-Handelsexpertin Julia Körner tragen die Unternehmen mit Hygienemaßnahmen dazu bei, "dass möglichst schnell auch andere Sortimente wieder auf der Fläche verkauft und weitere Dienstleistungen angeboten werden können". Auch den Vorstoß, Meet&Collect als kontaktarme Übergangslösung zu ermöglichen, begrüße die Wirtschaft ausdrücklich. "Das wäre ein Lichtblick - nicht nur für die Unternehmen, sondern auch für ihre Kundschaft", sagte Körner.

© dpa-infocom, dpa:210225-99-591565/3

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