Infektionskrankheiten:Uganda erlebt besorgniserregenden Ebola-Ausbruch

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Am Freitag meldeten die Behörden Ugandas 44 bestätigte Infektionen mit dem Ebola-Erreger. (Foto: imago/Nicholas Kajoba/imago/Xinhua)

Gegen den Erregerstamm gibt es noch keine Medikamente oder Impfstoffe. Dutzende Menschen sind bereits erkrankt.

Von Berit Uhlmann

Als Wissenschaftler 1976 mitten im Regenwald des damaligen Zaire das Ebola-Virus entdeckten, landeten sie so etwas wie den Haupttreffer. Sie fanden in dem Land, das heute wieder Demokratische Republik Kongo heißt, jenen Erregerstamm, der seither etwa 80 Prozent aller Ausbrüche ausgelöst hat. Auch die verheerende Epidemie in Westafrika, die von 2014 bis 2016 mehr als 10 000 Menschenleben forderte, ging auf diesen Stamm zurück. Als Konsequenz aus dieser Katastrophe wurden seither zwei Impfstoffe und zwei Medikamente gegen den Zaire-Stamm entwickelt.

Doch ebenfalls 1976, und oft nur als Fußnote in der Geschichte der Krankheit aufgeführt, entdeckten Forscher im Sudan einen weiteren Ebola-Stamm. Dieser Sudan-Stamm ist selten, er trat zuletzt vor zehn Jahren auf; bisher gibt es weder Vakzine noch Medikamente gegen ihn. Nun ist dieser Virustyp zurück; er breitet sich in Uganda aus - und Fachleute sind in Sorge. Die Weltgesundheitsorganisation WHO nannte das Risiko, dass sich der Ausbruch zu einem ernsten Gesundheitsproblem für das Land auswächst, hoch. Die Gefahr einer internationalen Ausbreitung sei dagegen gering. Dennoch begannen die USA bereits, Reiserückkehrer auf ausgewählte Flughäfen umzuleiten, an denen sie auf Anzeichen von Ebola untersucht werden sollen.

In Uganda wies die Statistik des Gesundheitsministeriums am Freitag insgesamt 44 bestätigte Sudan-Virus-Fälle aus. Zehn der Erkrankten sind gestorben. Hinzu kommt eine ganze Reihe Verdachtsfälle. Die Infektionen haben sich bereits auf fünf Distrikte des Landes ausgedehnt.

Bekannt wurde der Ausbruch am 20. September, als ein junger Mann mit schwerem Fieber und Blutungen starb und der PCR-Test noch am selben Tag das Ebola-Virus bestätigte. Spätere Nachforschungen zeigten, dass die ersten Infektionen sich wahrscheinlich bereits im August ereigneten und etwa drei Wochen lang unbemerkt blieben. Vermutlich hat sich das Virus in dieser Zeit über verschiedene Infektionsketten verbreitet. Die ersten Symptome der Erkrankung sind Fieber und grippeähnliche Beschwerden - unspezifische Anzeichen, die oft anderen Leiden wie der Malaria zugeschrieben werden.

Für Ärzte und Pflegekräfte in Uganda bedeutet dies, dass sie sich einer zunehmenden Zahl von Erkrankungen gegenübersehen, gegen die sie nur eine unterstützende Behandlung anbieten können. "Dazu gehören Flüssigkeits- und Sauerstoffgaben, Schmerzmedikamente, Therapeutika für eventuelle andere Erkrankungen und Ruhe", sagt John Johnson, Experte für Epidemiebekämpfung und Impfstoffe bei der Organisation Ärzte ohne Grenzen. Nicht jeder wird gerettet werden können: Der Sudan-Stamm hat in den bisherigen sieben Ausbrüchen zwischen 40 und 100 Prozent seiner Opfer getötet.

Dennoch betont Johnson: "Selbst wenn wir keine spezifische Behandlung anbieten können, ist die Überlebenswahrscheinlichkeit umso höher, je eher die Behandlung beginnt." Das bedeutet, Erkrankte müssen möglichst früh identifiziert werden. Und sie müssen sich sicher fühlen, dass die Ärztinnen und Ärzte in den Behandlungszentren ihnen eine Chance auf Gesundung bieten - und dass es nicht darum geht, die Patienten lediglich zu isolieren, um die weitere Ausbreitung der Infektionen zu unterbinden.

Die WHO erwägt Impfstofftests im Land

"Das ist eine große Herausforderung im Umgang mit Ebola", sagt der Experte. Bestehen wenige Behandlungsmöglichkeiten, können Patienten den Eindruck gewinnen, dass man sie zum Sterben wegbringt. In der Vergangenheit waren solche Gedanken nicht selten.

Erschwerend kam früher häufig hinzu, dass man Patienten in große, abgelegene Behandlungszentren verlegte, wo sie sich im Angesicht der komplett in Schutzkleidung gehüllten Beschäftigten fremd und einsam fühlten. Bisweilen flohen Patienten aus diesen Einrichtungen, manche reagierten feindselig auf das Personal. Gerüchte über schreckliche Bedingungen in den Zentren schwirrten durch die betroffenen Gebiete und veranlassten Familien, Ebola-Erkrankungen zu verschweigen.

Ärzte ohne Grenzen plädiert daher dafür, kleine Behandlungs- und Isolationseinheiten in der Nähe der betroffenen Orte einzurichten. Nur schwer Erkrankte sollten dann in größere Zentren mit mehr medizinischen Möglichkeiten verlegt werden. Zudem soll Familien die Situation so weit möglich erleichtert werden: durch psychologische Hilfe für Patienten und Angehörige, durch die Versorgung von Menschen in Quarantäne und die Erstattung von krankheitsbedingten Kosten.

Gleichzeitig erwägen WHO und Partnerorganisationen, den aktuellen Ausbruch für Impfstofftests zu nutzen. Der Behörde zufolge gibt es sechs Vakzin-Kandidaten gegen den Sudan-Stamm. Drei von ihnen sind bereits an Menschen auf ihre Sicherheit hin getestet worden. Ob im aktuellen Ausbruch sehr viel mehr Erkenntnisse hinzukommen werden, bleibt abzuwarten. Es braucht eine relativ große Anzahl von Infektionen, um genug Daten über die Wirksamkeit von Vakzinen zu gewinnen. Johnson sagt, auch wenn man die Wirksamkeit nach dem ersten Einsatz wahrscheinlich nicht genau beziffern könne, eröffne die Situation immerhin die Chance zu sehen, ob die Impfungen einen Effekt auf den Ausbruch haben.

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