Finanzen kompakt:Projekt Riester - und der Staat spart

Lesezeit: 5 min

Riester-Sparer verschenken Millionen an Zulagen, die Fed wirft wohl die Notenpresse an und die Banken zapfen lieber die EZB an - und nicht den Geldmarkt. Das Wichtigste in Kürze.

Obwohl Riester-Verträge für die private Altersvorsorge immer beliebter werden, verschenken die Sparer dabei viel Geld. Knapp eine Milliarde Euro an staatlichen Zulagen nahmen sie allein im Beitragsjahr 2007 nicht in Anspruch, ergab eine Studie des Forschungszentrums Generationenverträge der Universität Freiburg. Das seien fast vierzig Prozent der maximal erhältlichen Zulagen. Hauptgrund: es werden schlicht und einfach die notwendigen Anträge auf Zulagen gar nicht erst gestellt. Nur wegen dieses Versäumnisses hätte 2007 rund ein Viertel der Sparer - knapp drei Millionen Menschen - auf 664 Millionen Euro verzichtet.

Der Staat spart viel Geld - weil Riester-Sparer die entsprechende Zulage nicht beantragen.  (Foto: dpa)

Außerdem zahlen etliche Riester-Sparer zu wenig ein, um die maximale staatliche Zulage auch überwiesen zu bekommen. Allein dadurch wurden 2007 313 Millionen Euro nicht abgerufen. Das sei aber nicht notwendigerweise Absicht, führte der Direktor des Freiburger Forschungszentrums, Bernd Raffelhüschen, aus. Vielmehr seien sich viele Anleger dessen gar nicht bewusst. Um den Höchstsatz zu erhalten, muss ein Riester-Sparer nämlich mindestens vier Prozent seines beitragspflichtigen Jahreseinkommens selber einbezahlen.

Sehr oft wüssten die Anleger aber gar nicht, wie hoch bei ihnen dieses Einkommen überhaupt ist. Oder sie würden bei Gehaltserhöhungen vergessen, die Höhe ihrer Riesterzahlungen anzugleichen. Ein weiterer Faktor sei, dass viele Riester-Verträge erst zum Jahresende hin abgeschlossen werden. Dann könnten die Sparer den kompletten Jahressatz aber oft nicht mehr aufbringen.

Insgesamt haben in den acht Jahren seit Einführung der Riester-Rente rund 14 Millionen Deutsche - rund 45 Prozent der berechtigten Bundesbürger - eine Riester-Rente abgeschlossen. Die Tendenz ist nach Einschätzung der Fondsgesellschaft Union Investment, die selber aktiv Produkte für Riester-Renten vertreibt und die die Studie der Uni Freiburg in Auftrag gegeben hatte, steigend.

Bundesbankpräsident Axel Weber hat trotz des robusten Aufschwungs vor überschäumendem Optimismus gewarnt. "Die deutsche Konjunktur ist noch nicht in einer sich vollkommen selbst tragenden Phase. Wir sind in einem Übergang", sagte Weber bei einer Veranstaltung der Commerzbank in Berlin. Das Wachstum werde sich in der zweiten Jahreshälfte abschwächen. "Die Binnenwirtschaft braucht jetzt Investitionen und die Finanzierung von Investitionen durch Banken", sagte Weber.

Die Institute seien in einer erheblich besseren Ertragssituation als im vergangenen Jahr. Ein Großteil davon sei aber darauf zurückzuführen, dass sie wegen der besseren Konjunktur Risikorückstellungen abbauen konnten. Wegen der strengeren Eigenkapitalvorstellungen (Basel III), die bis 2018 schrittweise umgesetzt werden müssen, stünden die Banken vor Herausforderungen. "Kapitalerhöhungen werden kommen müssen", sagte Weber. Mit Basel III sei ein Kompromiss gelungen, der die Wirtschaft nicht über Gebühr belasten werde. Die deutschen Unternehmen hingen stärker als etwa ihre US-Konkurrenten von der klassischen Kreditfinanzierung durch Banken ab.

Auch Commerzbank-Vorstandschef Martin Blessing lobte das neue Regelwerk. "Es ist ja richtig, dass wir mehr Kapital ins System bringen." Auch die lange Übergangsphase sei richtig. "Das ist alles okay." Blessing warnte jedoch davor, ständig neue Ergänzungen vorzuschlagen. "Ich finde, dass ganze System muss auch davon leben, dass es eine gewisse Berechenbarkeit gibt." Weber kritisierte zudem den sich abzeichnenden Kompromiss bei der Reform des EU-Stabilitätspaktes. "Wir hätten uns mehr gewünscht", sagte Weber. Er hätte sich eine "stärkere Härtung des Regelwerkes gewünscht". Der Kompromiss werde dem Ernst der Lage nicht gerecht. Immerhin sei auch der Kompromiss "besser als der Status Quo".

Weber warnte davor, dass sich weder Deutschland noch die Euro-Zone eine weitere Krise leisten könne. "Wir würden eine solche Aktion nicht noch ein zweites Mal für das Kreditwesen in Deutschland hinbekommen", sagte er mit Blick auf die milliardenschweren Rettungspakete und Bürgschaften für den Bankensektor. Das gelte auch für die riesigen Rettungsschirme für Griechenland und andere stark verschuldete Staaten. Die Euro-Länder stünden deshalb in der Pflicht, für stabile Staatsfinanzen zu sorgen. "Ohne Stabilität ist alles nichts. Man muss nicht Nobelpreisträger sein, um die negativen Auswirkungen der Schuldendynamik zu verstehen". Einige Staaten hätten Probleme mit der langfristigen Refinanzierung von Schulden, was sich in den großen Renditeabständen zwischen den Staatsanleihen widerspiegele.

Die umstrittene Bankenabgabe und die schärferen Bonusregeln für Manager staatlich gestützter Geldhäuser sind beschlossene Sache. Der Finanzausschuss des Bundestages billigte am späten Dienstagabend die Pläne der schwarz-gelben Koalition. Das Parlament soll den entsprechenden Gesetzentwurf an diesem Donnerstag endgültig beschließen. Zustimmen muss aber auch noch der Bundesrat. Über die Bankenabgabe soll ein milliardenschwerer Krisenfonds aufgebaut werden. Damit sollen Vorsorge für künftige Krisen getroffen und Instituten in einer Schieflage geholfen werden. Förderbanken sowie die Landwirtschaftliche Rentenbank sollen aber - entgegen ersten Plänen der Regierung - ausgenommen werden. Dies hatten auch die Länder gefordert. Ausnahmen für Sparkassen sowie Genossenschaftsbanken wird es dagegen nicht geben.

Hinzu kommt ein neues Insolvenzverfahren, mit dem Großbanken in Schieflage schnell saniert und geordnet abgewickelt werden können. Kurz zuvor hatten sich Union und FDP auch darauf verständigt, Gehälter aller Mitarbeiter in staatlich gestützten Banken auf 500.000 Euro pro Jahr zu begrenzen. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) begrüßte die Einigung.

Die US-Zentralbank will einem Zeitungsbericht zufolge angesichts der schleppenden Konjunktur nächste Woche wohl wieder die Notenpresse anwerfen. Nach ihrer Sitzung am kommenden Mittwoch werde die Federal Reserve wahrscheinlich den Kauf von Staatsanleihen in Höhe von einigen hundert Milliarden Dollar über mehrere Monate ankündigen, meldete das Wall Street Journal am Mittwoch.

Ziel des von Ökonomen "Quantitative Lockerung" genannten Manövers ist, die langfristigen Zinsen zu drücken und so die Kauflust der Verbraucher wie auch Investitionen anzukurbeln. Die Fed wolle schrittweise vorgehen und eine "Schocktherapie" wie beim vorangegangenen Einsatz des geldpolitischen Instruments im Kampf gegen die Finanz- und Wirtschaftskrise vermeiden, hieß es weiter.

Bis März dieses Jahres hatte die Zentralbank dabei hypothekenbesicherte Papiere und Staatsanleihen über rund 1,7 Billionen Dollar erworben. Die Wirkung der "Quantitative Lockerung" ist unter Experten umstritten. So hatte der Chefökonom des Internationalen Währungsfonds, Olivier Blanchard, unlängst davor gewarnt, zu viel von dem Manöver zu erwarten.

Steigende Zinsen am Geldmarkt haben die Nachfrage nach billigeren Krediten von der Europäischen Zentralbank (EZB) angefeuert. Wie die EZB in Frankfurt mitteilte, riefen Banken aus der Euro-Zone beim ersten an die künftige Zinsentwicklung gekoppelten drei Monate laufenden Refinanzierungsgeschäft rund 42,5 Milliarden Euro bei ihr ab. Von der Nachrichtenagentur Reuters befragte Händler hatten lediglich mit einem Bedarf von 33 Milliarden Euro gerechnet.

Händler machten für die hohe Nachfrage in erster Linie den zuletzt gestiegenen Marktzins verantwortlich. Der so genannte Euribor-Satz für unbesicherte Geldmarktgeschäfte über drei Monate liegt mittlerweile wieder über dem Leitzins der EZB von einem Prozent. "Da haben dann einfach diejenigen zugegriffen, die rechnen können, und für drei Monate eben den kleinen Zinsvorteil des EZB-Geldes mitnehmen wollten", sagte ein Frankfurter Geldhändler. Es gebe allerdings auch weiter Banken, die am Markt kein Geld bekämen und deshalb nach wie vor gezwungen sein, sich bei der EZB Liquidität zu besorgen.

Dass die EZB bei dem Repo-Geschäft zum ersten Mal seit langer Zeit nicht mehr den Zinssatz garantierte, sondern ihn an die künftige Leitzinsentwicklung koppelte, habe kaum eine Rolle gespielt, da im nächsten Vierteljahr niemand mit einer Zinsänderung rechne, heiß es im Handel. Die große Mehrheit der Ökonomen erwartet erst gegen Ende 2011 eine erste Zinserhöhung der Notenbanker. Die EZB war in der Finanzkrise dazu übergegangen, den Banken in der Währungsunion bei ihren Refinanzierungsgeschäften stets so viel Geld wie sie wollten zum festen Leitzins zur Verfügung zu stellen. Sie hatte im Frühjahr bereits beabsichtigt, diese so genannte Vollzuteilung schrittweise zu beenden. Wegen der von Griechenland ausgehenden Schulden- und Vertrauenskrise hatte die Zentralbank dann aber ihr Notprogramm verlängert.

Inzwischen hat sich die Lage an den Interbankenmärkten aber wieder merklich entspannt. Die EZB hat bereits angekündigt, demnächst darüber zu entscheiden, wann sie die Vollzuteilung wieder abschaffen will. Vor der Krise hatten die Banken in einer Art Wettbewerb Gebote für das Zentralbankgeld abgeben müssen.

© sueddeutsche.de/Reuters/dpa/mal - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: