"Creators Update":Das bringt das große Windows-10-Update

Windows 10 Creators Update

Am 11. April veröffentlicht Microsoft das "Creators Update", die zweite große Aktualisierung für Windows 10 nach dem "Anniversary Update" im vergangenen Jahr.

(Foto: Microsoft)
  • Am 11. April veröffentlicht Microsoft das "Creators Update" für Windows 10.
  • Es verbessert das Betriebssystem in vielen Details. Am wichtigsten sind die Änderungen bei Privatsphäre und Datenschutz.
  • Microsoft hat auf die lautstarke Kritik gehört und erklärt nun transparenter, welche Informationen gesammelt werden.

Von Simon Hurtz

Microsoft ist wieder cool. Manche Apple-Fans bewundern insgeheim den neuen All-in-One-Rechner "Surface Studio", Designer und Kreative erwägen ernsthaft den Umstieg, und sogar renommierte Sicherheitsforscher wie Mikko Hyponnen von F-Secure gestehen zu: "Microsoft ist nicht mehr scheiße".

Seit Satya Nadella vor drei Jahren Microsoft übernommen hat, ist es ihm gelungen, dem Unternehmen ein neues Image und eine neue Strategie zu verpassen - mit einer Ausnahme: Windows 10 kassiert wegen seiner angeblichen Datensammelwut konstant schlechte Presse.

Die Angst vor dem vermeintlichen Spion im Wohnzimmer mag übertrieben sein, der Ruf von Windows 10 hat dennoch darunter gelitten. Das hat auch Microsoft eingesehen: Ab Dienstag, dem 11. April, können Windows-10-Nutzer das "Creators Update" installieren - und damit zumindest ein bisschen besser mitbestimmen, wie viele Daten sie an Microsoft übermitteln wollen.

Als eine "unserer wichtigsten Verbesserungen" bezeichnet Windows-Chef Terry Myerson dann auch die überarbeiteten Privatsphäre-Einstellungen. Die wichtigsten Änderungen im Überblick:

Datenschutz bei der Installation

Microsoft verabschiedet sich von den berüchtigten "Express-Einstellungen". Wer Windows 10 installierte, bekam bislang eine Standardkonfiguration vorgesetzt, die jede mögliche Datensammeloption aktivierte. Die Schaltfläche "Express-Einstellungen verwenden" prangte groß am rechten unteren Bildschirmrand - dort, wo Nutzer normalweise suchen, wenn sie auf "Weiter" klicken. "Einstellungen anpassen" versteckte sich mit deutlicher kleiner Schriftgröße an anderer Stelle.

Windows 10

Bei der Installation können Nutzer mit wenigen Klicks bestimmen, welche Daten Microsoft sammeln soll. Standardmäßig sind alle Schalter aktiviert.

(Foto: Microsoft)

Mit dieser Praxis macht Microsoft Schluss. Beim Creators Update werden alle Datenschutzeinstellungen eingeblendet. Im Falle einer kompletten Neuinstallation sind zwar sämtliche Schalter aktiviert, aber immerhin müssen Nutzer jetzt nicht mehr danach suchen. Und wer bei einer bestehenden Windows-10-Installation Microsofts Neugierde bereits gebremst hatte und das Betriebssystem lediglich aktualisiert, soll das Update mit seiner alten Konfiguration erhalten, verspricht Microsoft. Auf dem Testrechner klappte das nicht, das könnte aber an der frühen Betaversion liegen, die zum Einsatz kam.

Datenschutz bei der Nutzung

Ähnlich umstritten wie die Express-Einstellungen sind die sogenannten "Diagnose- und Nutzungsdaten", die Microsoft im laufenden Betrieb sammelt. Auch hier hat Microsoft auf die Kritik von Nutzern, Verbraucherschützern und Bürgerrechtsorganisationen reagiert und kürzlich erstmals erklärt, was genau übermittelt wird. Ziel sei nicht, möglichst viel über einzelne Nutzer herauszufinden. Vielmehr gehe es darum, Informationen über die Hardware zu sammeln und Fehler und Abstürze zu vermeiden.

Bislang konnten Nutzer zwischen drei Einstellungen wählen: "Einfach", "Erweitert" und "Vollständig". Das Creators Update streicht die mittlere Option, standardmäßig ist die vollständige Übermittlung aktiviert. Komplett deaktivieren lässt sich die Datensammlung für normale Anwender nicht, dafür ist eine Business-Lizenz nötig. Windows-Chef Myerson verspricht aber, dass in der Basis-Einstellung nur noch halb so viele Daten auf den Microsoft-Servern landen wie zuvor.

Sämtliche Datenschutzeinstellungen sind übersichtlich in einem eigenen Menüpunkt gebündelt, der über die Windows-Einstellungen ("Win + i" oder im Startmenü) zu erreichen ist. Dort können Nutzer einzelnen Apps Berechtigungen erteilen und entziehen oder festlegen, welche Programme im Hintergrund ausgeführt werden dürfen. Erstmals findet sich neben alle Einstellungen der Button "Weitere Informationen", der auf eine Microsoft-Seite führt, wo Details erklärt werden. Wer die Express-Einstellungen bei der Installation versehentlich oder unwissentlich übernimmt, kann seinen Fehler hier ohne großen Aufwand rückgängig machen.

"Zwangs-Updates"

Microsoft wird Nutzer auch in Zukunft mit Updates zwangsbeglücken. Aber zumindest haben diese jetzt etwas mehr Kontrolle darüber, wann die Aktualisierungen installiert werden. Situationen wie im vergangenen Jahr, als im Wetterbericht eines US-TV-Sender plötzlich das Windows-Popup auftauchte oder der Livestream eines Gamers mit 130 000 Zuschauern durch die - unaufgeforderte und ungewollte - Installation von Windows 10 unterbrochen wurde, will Microsoft vermeiden.

Dementsprechend können Nutzer ein 18-stündiges Zeitfenster angeben, zu dem keine Updates installiert werden dürfen. Bislang waren nur zwölf Stunden möglich, was häufig nicht ausreichte, um unliebsame Überraschungen während der Arbeitszeit zu verhindern. Einzelne Updates lassen sich in der Home-Version bis zu drei Tage aufschieben, Nutzer der Pro-Version können die Aktualisierungen bis zu eine Woche lang komplett pausieren.

Manche Windows-Nutzer würden die automatischen Updates gerne vollständig deaktivieren. Das dürfte Microsoft aus Sicherheitsgründen aber auch in künftigen Versionen nicht erlauben. Die Aktualisierungen bringen nicht nur neue Funktionen, sondern stopfen häufig Schwachstellen, die sonst von Kriminellen ausgenutzt werden könnten.

Sicherheit, Nachtmodus und Tipps für den Update-Vorgang

Microsoft fasst alle Sicherheitsfunktionen im "Windows Defender Security Center" zusammen. Dort lässt sich der hauseigene Virenschutz, bisher als "Defender" bekannt, aktivieren. Außerdem finden sich Konfigurationsmöglichkeiten für die Firewall und den Smartscreen, einen Browser-Filter für Edge, sowie Familienoptionen, wo Nutzer Jugendschutzeinstellungen festlegen können.

Die Bündelung ergibt Sinn, auch wenn es irritiert, dass Microsoft den Rechner als "möglicherweise gefährdet" einstuft, sobald man die automatische Übermittlung von Beispielen deaktiviert. Aus Sicht von Microsoft ist es verständlich, möglichst viele Informationen über potenzielle Bedrohungen sammeln zu wollen - Nutzer, die keine Daten an Microsoft senden wollen, gehen aber kein zusätzliches Risiko ein, da der Virenschutz ja trotzdem aktiv ist. Hier versucht Microsoft, Nutzern mit fragwürdigen Design-Entscheidungen die Einwilligung zur Datensammlung abzuringen.

3D und Mixed Reality

Das Zeichenprogramm Paint wird neu aufgelegt. Microsoft nennt die App jetzt Paint 3D und spendiert dem Klassiker neben neuen Malwerkzeugen die namensgebenden 3D-Funktionen, mit deren Hilfe sich räumliche Objekte erstellen oder normale Zeichnungen in die dritte Dimension erweitern lassen.

Das Creators Update soll außerdem den Weg in die sogenannte gemischte Realität ("Mixed Reality") ebnen. So bezeichnet Microsoft Augmented-Reality-Technologie, also eine Mischung aus Kohlenstoffwelt und virtueller Realität. Bislang gibt es nur Microsofts eigene Hololens-Datenbrille, die sich angesichts des Preises von mehreren tausend Dollar eher an Softwareentwickler und andere Menschen richtet, die damit ihr Geld verdienen. Bald sollen auch deutlich günstigere Brillen von Herstellern wie Acer, Asus, Dell, HP und Lenovo digitale Informationen in die analoge Umgebung einblenden.

Games

"Spielen" ist ein eigener Menüpunkt in den Einstellungen geworden, wo sich etwa der neue Spielmodus aktivieren lässt. Damit werden automatisch Ressourcen freigeschaufelt, wenn ein rechenintensives Computerspiel läuft. Damit soll die Leistung von Prozessor und Grafikkarte besser genutzt und das Game flüssiger dargestellt werden.

Im vergangenen Jahr kaufte Microsoft die Streaming-Plattform Beam. Das Creators Update integriert die Technologie in Windows 10. Gamer können ihre Spiele damit live ins Internet übertragen. Der Erfolg von Twitch und Youtube hat gezeigt, dass der Livestreaming-Markt beständig wächst, diese Entwicklung will Microsoft nicht verschlafen.

Nachtmodus

Experten und Schlafforscher sagen: Kein Smartphone im Schlafzimmer, keine elektronischen Medien kurz vor dem Zubettgehen. Das unterdrücke die Ausschüttung des Schlafhormons Melatonin und störe die Nachtruhe. Schuld soll unter anderem das blaue Licht sein, das Smartphone-Displays, Computermonitore und Fernseher absondern.

Seit Jahren bieten Dritthersteller Apps für Android und Windows an, die den Blaulichtanteil reduzieren und die Farbtemperatur verringern (etwa f.lux für Windows). Apple und Google haben diese Option in die neuen Versionen von MacOS, iOS und Android integriert. Jetzt zieht Microsoft nach: Unter Einstellungen > System > Nachtmodus lassen sich Intervall und gewünschte Farbtemperatur festlegen. Wer oft abends vor dem Rechner sitzt, wird das wärmere Licht zu schätzen wissen. Nur für Bild- und Videobearbeitung oder andere Anwendungen, bei denen Farbtreue eine Rolle spielt, sollte man den Nachtmodus vorübergehend deaktivieren.

Verbesserungen im Detail

Microsoft hat an vielen Ecken und Enden geschraubt und lästige Fehler beseitigt. Bei hochauflösenden Displays funktioniert die Skalierung künftig besser, der Registry-Editor erhält endlich eine Adresszeile, in die sich Pfade direkt kopieren lassen. Der Edge-Browser blockiert standardmäßig Flash-Elemente und kann Tabs fürs spätere Lesen speichern, im Startmenü gibt es Ordner für Apps, und zukünftige Updates sollen dank differentiellen Downloads (nur noch geänderte Dateien werden heruntergeladen) deutlich kleiner und damit schneller werden.

Nervige Werbung und Tipps für den Update-Vorgang

Unverändert lästig bleibt die Werbung, von der Microsoft auch beim Creators Update nicht ablässt. Vorinstallierte Apps wie Facebook, Twitter, Netflix oder Candy Crush beanspruchen Platz im Startmenü und hunderte Megabyte auf der Festplatte. Auch die Werbung für den hauseigenen Edge-Browser oder das Office-365-Abo (prominent im Windows-Explorer eingeblendet) nervt.

Zum Glück berücksichtigt Microsoft den Willen der Nutzer: Wer die Werbe-Apps zuvor deinstalliert hatte, wird nicht erneut damit behelligt; bei früheren Updates war das anders. Die meisten Werbeeinblendungen lassen sich über Einstellungen > System > Benachrichtigungen und Aktionen abschalten, indem man den Schalter neben "Bei der Nutzung von Windows Tipps, Tricks und Vorschläge erhalten" auf Aus stellt.

Diese kleineren Schwächen sind aber kein Grund, das Creators Update zu verweigern. Wer das Update durchführt, sollte die gewohnten Tipps beherzigen, die bei allen größeren Änderungen am System gelten (hier zusammengefasst vom Tech-Journalist Martin Brinkmann): Am besten ausreichend Zeit mitbringen, falls nicht alles so läuft wie geplant (ein Wochenende ist der bessere Zeitpunkt als eine halbe Stunde am Feierabend), zur Sicherheit ein Wiederherstellungsmedium (üblicherweise einen USB-Stick) erstellen und vor allem: alle wichtigen Daten und Dateien sichern.

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