Fragen, die nicht alle interessieren. Abseits des alle zwei Wochen stattfindenden Arbeitskreises hat sich an der LMU bisher relativ wenig getan. Einige Professoren hätten Sympathie bekundet, erzählt Waldemar Marz. Für einen tatsächlichen Wandel in der Lehre müsste sich seiner Meinung nach aber auch die studentische Fachschaftsinitiative einsetzen - und die habe bisher in dieser Richtung keinerlei Ambitionen gezeigt. "Die waren es doch, die vor ein paar Jahren bei der Besetzung des Audimax gefordert haben, "schmeißt die Hippies raus", oder?", erzählt Brandl und grinst.
Fragt man bei anderen Universitäten nach, scheinen die ein paar Schritte weiter zu sein: An der Universität Hamburg gab es im vergangenen Wintersemester erneut eine Ringvorlesung, sie wurde den Studierenden als normale Lehrveranstaltung mit entsprechenden Punkten angerechnet. Auch in Bayreuth, Hannover und Berlin hat es in den vergangenen Semestern ähnliche Projekte gegeben, Ringvorlesungen oder zusätzliche Kurse. In der Regel aber sind diese noch immer meist freiwillig oder Wahlpflichtfächer - wer die neoklassische Theorie nicht in Frage stellen will, kommt mit ihr alleine noch immer ziemlich gut durch ein volkswirtschaftliches Studium.
Eine Diskussion, die Auswirkungen auf die ganze Gesellschaft hat
Dabei gibt es durchaus Lehrende, die sich mit der Initiative solidarisieren. Arne Heise zum Beispiel, Professor für Finanzwissenschaft an der Uni Hamburg, kritisierte erst kürzlich in einem Beitrag, dass, wer den gängigen "methodischen und heuristischen Standards widerspricht, nicht als vollwertiger Ökonom angesehen wird".
Regel Nummer vier: Menschen reagieren auf Anreize.
Wieso sich also als Wissenschaftler mit alternativen Modellen beschäftigen, wenn klar ist, dass man damit der eigenen Karriere Steine in den Weg legt? Genau deshalb fordert Heise eine "Wiederherstellung der Wissenschaftsfreiheit". "Ich kritisiere Kollegen, die eine solche Entwicklung bewusst bremsen", sagt er. Schließlich war Widerspruch schon immer eine Triebkraft des Fortschritts.
Und der Kampf um mehr Vielfalt hat unmittelbare Auswirkungen auf die gesamte Gesellschaft: Aus den Studenten werden später Arbeitskräfte. Sie werden in der Politik, in der Wirtschaft, in der Forschung Positionen besetzen - und dort nach den Überzeugungen handeln und Entscheidungen treffen, die sie während des Studiums gelehrt bekommen haben. "Die Wirtschaftsweisen zum Beispiel vertreten letztendlich so gut wie alle die neoklassische Linie", sagt Decker.
Auch an der LMU gebe es an der wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät momentan keinen Professor, der davon abweiche: "Bis vor Kurzem hatten wir noch einen Keynesianer", sagt Barbara Brandl. Aber der sei emiritiert.