Bildung - Kiel:Streit um Präsenzunterricht für Abschlussklassen im Norden

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Karin Prien (CDU), Bildungsministerin von Schleswig-Holstein. Foto: Christian Charisius/dpa/Archiv (Foto: dpa)

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Kiel (dpa/lno) - Über das Ausmaß des Präsenzunterrichts in den Abschlussklassen trotz der Corona-Pandemie ist in Schleswig-Holstein massiver Streit ausgebrochen. Während SPD, SSW und die Bildungsgewerkschaft GEW nicht verantwortbare und unnötige Infektionsrisiken kritisierten, verteidigte Bildungsministerin Karin Prien (CDU) am Montag das Vorgehen. Am Präsenzunterricht für Abschlussklassen an Schleswig-Holsteins Schulen während des Corona-Lockdowns werde festgehalten.

"Die Vorbereitung der Abschlussjahrgänge auf die Prüfungen ist von großer Bedeutung und kann nicht ohne Präsenzunterricht erfolgen", betonte Prien. Die Schüler benötigten nicht nur in den Prüfungsfächern Unterricht.

Für die Fächer der Stundentafel soll es einen Präsenzanteil in Kleingruppen mit Maskenpflicht und Abstand geben. "Stundentafel heißt aber nicht Stundenplan", betonte Prien. Angesichts der Pandemie finde Blockunterricht im Wechsel oder mit allen Schüler gleichzeitig und auf mehrere Räume aufgeteilt statt. "Wichtig ist, dass es neben Anteilen im Lernen auf Distanz auch für alle Fächer einen Präsenzanteil gibt." Kultusministerkonferenz, Ministerpräsidenten und Bundesregierung hätten die Abschlussjahrgänge explizit von den Schulschließungen ausgenommen, erklärte Prien.

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) kritisierte, der Präsenzunterricht sorge an vielen Schulen für Ärger und Durcheinander. "Es ist mehr als bedauerlich, dass das Bildungsministerium weiter an seinem unsinnigen Kurs festhält", sagte die GEW-Landesvorsitzende Astrid Henke. Der Ministerin würde "kein Zacken aus der Krone brechen, wenn sie die vielstimmige Kritik von GEW, Personalräten und Schulleitungen beherzigen würde". Es gebe keinen Grund, alle Schüler aus den Abschlussklassen gleichzeitig in allen Fächern in den Präsenzunterricht zu zwingen.

"So langsam reicht es, Frau Prien!", meinte die SSW-Landtagsabgeordnete Jette Waldinger-Thiering. Dass die Schüler "jetzt doch stundenlang dicht an dicht in der Klasse sitzen sollen, ist nicht nur aus Sicht des Infektionsgeschehens fatal". Und weiter: "Auch für die Abschlussprüfungen wäre ein schwerpunktbezogener Präsenzunterricht in den prüfungsrelevanten Fächern sinnvoller gewesen."

Die Schüler seien seit dem Frühjahr 2020 "im Alarmmodus", sagte Waldinger-Thiering. Die Familien seien verunsichert und mürbe angesichts der anhaltenden Pandemie mit all ihren Einschränkungen. "Das Letzte, was sie jetzt brauchen, sind weitere sinnlose Kehrtwenden aus dem Bildungsministerium."

Auch die SPD forderte Prien auf, ihre Entscheidung umgehend zu stoppen und die Abschlussklassen im Präsenzunterricht aufzuteilen. Außerdem müssten Nicht-Prüfungsfächer nun im Distanzunterricht stattfinden, sagte der Landesvorsitzende der Arbeitsgemeinschaft für Bildung in der SPD, Fabian Reichardt.

"Es darf unter den hohen Coronazahlen auch im Schleswig-Holstein nicht sein, dass 150 bis 400 Schülerinnen und Schüler sowie 30 bis 100 Lehrkräfte aufeinandertreffen müssen." Wenn Schulklassen mit Gesundheitsschutz-Begründung nicht unterrichtet werden dürften, sei es unerklärlich, "warum ganze Abschlussklassen und ihre Lehrkräfte in die Schulen müssen".

An den schleswig-holsteinischen Schulen ist bis Ende Januar der Präsenzunterricht (bis auf die Abschlussklassen) ausgesetzt und stattdessen ist Fernunterricht angesagt. Prien zog ein positives Resümee der beiden Distanzlern-Übungstage am vergangenen Donnerstag und Freitag. Die durch das Land bereitgestellten Systeme hätten ohne systemische Störungen funktioniert.

"Die Server unseres landeseigenen Lernmanagementsystems und unserer Videokonferenzlösung Jitsi waren nicht ausgelastet", stellte die Ministerin fest. Es habe technische Probleme mit Systemen gegeben, die direkt über die Schulen oder die Schulträger beschafft und betreut werden. Das Land biete an, mehr als die gut 300 Schulen mit dem Lernmanagement auszustatten. In Schleswig-Holstein gibt es etwa 900 Schulen.

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