Berlin:Jugendaustausch forcieren für mehr französischen Wind

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Das Deutsch-Französische Jugendwerk (DFJW) sieht über drei Jahrzehnte nach der Deutschen Einheit großen Nachholbedarf beim Schüler- und Jugendaustausch aus und...

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Berlin (dpa) - Das Deutsch-Französische Jugendwerk (DFJW) sieht über drei Jahrzehnte nach der Deutschen Einheit großen Nachholbedarf beim Schüler- und Jugendaustausch aus und mit den Ost-Bundesländern. „Nach den Beschränkungen wegen der Corona-Pandemie brauchen wir das mehr denn je“, sagte Generalsekretär Tobias Bütow am Donnerstag vor der Präsentation einer Studie zu französischer Präsenz und Austausch in Berlin. Künftig müssten mehr Angebote geschaffen werden, damit Kinder und Jugendliche im Osten Deutschlands Französisch lernen und Begegnungen möglich sind.

Das DFJW fordert laut Bütow „eine gemeinsame Frankreich-Strategie“ der ostdeutschen Bundesländer. „Es ist eine der letzten Baustellen der Wiedervereinigung: mehr französischer Wind im Osten.“

Trotz der Faszination für das Land zu DDR-Zeiten ist der Jugendaustausch mit Frankreich nach wie vor kaum präsent, „obwohl man kein Französisch sprechen muss, um teilzunehmen“, sagte Bütow. Auch 2019 kamen nicht einmal 4 Prozent der etwa 191.000 Jugendlichen aus diesem Teil der Bundesrepublik. 2020 habe es dann insgesamt einen Einbruch um 77 Prozent gegeben, weil Grenzen geschlossen, Klassenfahrten und Austausch nicht möglich waren. „Wir müssen jetzt daran arbeiten, dass aus der heutigen Jugend keine Generation ohne europäische Erfahrungen wird.“ Diese Jugendarbeit sei mit Blick auf den europäischen Zusammenhalt auch vor dem Hintergrund des Ukraine-Krieges wichtiger denn je. „Das ist kein Tourismus, sondern Friedens- und Zukunftsarbeit.“

Laut der Studie leben, arbeiten oder studieren nur 2,8 Prozent oder 4000 der Franzosen in Deutschland im Osten. Der Anteil von Touristen liegt bei vier Prozent und nur 270 Unternehmen (5,4 Prozent) haben Niederlassungen in den Ost-Bundesländern. Und auch bei den französischen Investitionen gibt es ein deutliches Defizit zugunsten der West-Bundesländer. Der Anteil der Schüler im Osten, die Französisch als Fremdsprache lernen, sank von 2012 bis 2020 um 3,4 auf 14,9 Prozent.

Stark unterrepräsentiert ist der Osten laut Bütow auch bei Jugendbegegnungen, wegen der Entfernung, sprachlicher und kultureller Berührungsängste. Das DFJW organisiert seit 1963 Austauschprogramme mit jungen Menschen zwischen 3 und 30 Jahren aus Deutschland und Frankreich sowie trilaterale Begegnungen in Mittel- und Osteuropa. Bisher nahmen fast 9,5 Millionen junge Menschen an 382.867 Projekten teil.

Von den rund 2200 Städtepartnerschaften bestehen nur etwa 230 im Osten. Während Sachsen-Anhalt, Thüringen und Brandenburg Regionalpartnerschaften haben und Sachsen gerade eine vorbereitet, ist Mecklenburg-Vorpommern laut Bütow da noch gefordert. „Die Bretagne ist noch frei.“

© dpa-infocom, dpa:220623-99-770116/2

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