Mitten in Bad Rodach:Wenn die Bratwurstbude weg ist

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Auf offenem Feuer gebraten werden die berühmten Coburger Bratwürste - und gerne in mobilen Wagen, den Visitenkarten des Metzgerhandwerks. Sogar solche aber sind vor Diebstahl nicht sicher. (Foto: David Ebener/dpa)

Metzgermeister Christian Vietz hatte den Anhänger - ein Familienstück - in Schuss gebracht, der Verkauf Coburger Bratwürste lief prächtig. Bis ihm der mobile Wurstwagen einfach weggeklaut wurde. Ein Sakrileg in Franken. Wer macht denn sowas?

Glosse von Olaf Przybilla, Bad Rodach

Man muss jetzt nicht gleich behaupten, dass Christian Vietz große Gefühle mit seinem mobilen Bratwurstwagen verbunden hat. Der Mann ist Metzgermeister, da sind übertrieben zarte Saiten eher hinderlich. Aber, ja doch, "Herzblut war da schon dran", sagt Vietz. Vor einem Monat haben sie ihm seinen Bratwurstanhänger vom Supermarktparkplatz in Bad Rodach geklaut. Einfach so.

Da fragt man sich schon, wer so etwas macht. Weil: Wer auch nur ein minimales Sensorium fürs Verhältnis der Franken zur Wurst vorhält - der wird hier gar nicht anders können, als von einem Sakrileg zu sprechen. So etwas, jawohl, tut man einfach nicht. Das ist wie Klingelbeutel leerräumen, aber mindestens.

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Es war so: Der Kollege von Vietz ging morgens mit der Bratware aus dem Stammhaus, kam aber gleich wieder zurück und fragte, ob jemand die mobile Bude verliehen habe. Hatte natürlich keiner, der Wagen ist ja die Visitenkarte des Geschäfts. In Bad Rodach gibt's Kurgäste, die probieren gerne ortsübliche Spezialitäten, um sie anschließend für zuhause zu ordern.

Wo die Ware gewiss fabelhaft schmeckt. Natürlich aber niemals so, wie auf dem Rewe-Parkplatz von Rodach, wo Vietz Coburger Bratwürste verkauft hat, die - wie jeder Halbkenner anerkennen muss - als Klassenbeste unter Frankens Sonne bekannt sind. Kiefernzapfen und Buchenholz, offenes Feuer, grob gekörnte Wurst, die Semmel - Achtung! - vertikal aufgeschnitten: Das ist die Coburger. Und die ist unantastbar. Sollte sie jedenfalls sein.

Metzgermeister Vietz hatte - das nur zum Herzblut - den Wagen von seiner Mutter vererbt bekommen. Und hatte ihn, im Sinne geruchssensibler Anwohner, noch richtig in Schuss gebracht: Rauchabzugsanlage für mehrere Tausend Euro. Versichert? Haftpflicht hatte das Familienstück, sonst nichts. Der Anhänger war ja mit Schloss gesichert. Jetzt ist Vietz exakt ein Foto geblieben, aufgenommen im Winter, zu einer Zeit, als der Wagen noch nicht mal auf Vordermann gebracht war.

Da war das Familienstück noch nicht auf Vordermann gebracht: Das einzige Bild vom geklauten Bratwurstwagen. (Foto: Fleischerei Vietz)

Ob er ihn jemals wieder sieht? Vietz glaubt nicht mehr daran, nach vier Wochen. Auch nicht daran übrigens, dass der Wagen nun irgendwo auf der Welt am Straßenrand steht und darin Würste anderer, nicht also Coburger, Provenienz gebraten werden. "Die haben auf drinnen gelagertes Geld gehofft", vermutet er.

Gefunden haben sie höchstens im Kühlschrank gelagerte Wurstgläser. Man sagt es nicht gerne, aber hier darf's schon mal sein: Schlecht bekomm's!

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