Regensburg:Wolbergs will wieder Oberbürgermeister werden - und stellt eigene Liste auf

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"Wer kennt den Herrn Koch?" Joachim Wolbergs ätzt gegen den SPD-Unterbezirksvorsitzenden und bricht mit seiner bisherigen Partei. (Foto: Armin Weigel/dpa)
  • Joachim Wolbergs will 2020 erneut als Oberbürgermeister in Regensburg kandidieren - allerdings nicht für die SPD.
  • Der suspendierte OB will mit einer eigenen Kandidatenliste antreten.
  • Ein Urteil im Korruptionsprozess gegen Wolbergs ist frühestens Ende Juni zu erwarten.

Von Andreas Glas, Regensburg

Am Dienstagabend haben sich dann auch die Regensburger Jusos von Joachim Wolbergs verabschiedet. Die SPD-Jugend hat auf Facebook ein altes Musikvideo verlinkt. Udo Jürgens und seine Tochter Jenny singen von der "Liebe ohne Leiden". Der Text fängt so an: "Die Zeit ist um, die uns verband." Weiter heißt es: "Dein Leuchtturm steht nun anderswo, und nicht mehr hier bei mir."

Abschiedsschmerz? Eher Erleichterung, dass die Regensburger Sozialdemokraten und der suspendierte SPD-Oberbürgermeister von nun an getrennte Wege gehen. Wolbergs hat die Trennung selbst bekannt gegeben, in einem Interview mit der Mittelbayerischen Zeitung (MZ). Ein Video-Interview, gut sechs Minuten lang. Er sitzt hinter einem Mikro und sagt: "Es gibt kein Zurück mehr zur Regensburger SPD."

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Seitdem der Ex-Fraktionschef der AfD angekündigt hat, zur CSU wechseln zu wollen, sieht er sich mit heftigen Attacken konfrontiert. Die Christsozialen ringen derweil um eine Haltung zu möglichen Überläufern.

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Nach dem Bruch mit seiner Partei bestätigt Wolbergs dann auch, was er mehrfach angedeutet hat: Dass er bei der OB-Wahl 2020 mit einer eigenen Liste antreten will - gegen die SPD. Am Mittwochabend schließlich gründet Wolbergs mit rund 70 Unterstützern im Regensburger Kolpinghaus einen entsprechenden Verein mit dem Namen "Brücke". Die Gründungsversammlung findet hinter verschlossenen Türen statt. Details zu Personal und Inhalten waren bis zum späten Abend nicht bekannt.

Während sich die Juso-Mehrheit schon länger gegen Wolbergs positioniert hatte, gibt es in der übrigen SPD immer noch ein recht großes Wolbergs-Lager - trotz der Korruptionsvorwürfe, deretwegen der OB seit gut einem halben Jahr vor Gericht sitzt. Die Spaltung der Partei reicht bis in den Stadtrat hinein, wo die SPD seit dem Wolbergs-Wahlsieg im Frühjahr 2014 eine Koalition mit Grünen, Freien Wählern und FDP anführt. Die große Furcht der SPD: dass mehrere Stadträte zum neuen Wolbergs-Verein überlaufen.

Vier von ihnen kamen zur Gründungsveranstaltung, ließen aber am Mittwochabend offen, ob sie beitreten werden.

Einer, der bestimmt nicht überlaufen wird, ist Sebastian Koch, Bürgermeister in Wenzenbach und Unterbezirkschef der Regensburger SPD. Koch hatte am Dienstag nicht nur Wolbergs mit Parteiausschluss gedroht, falls der einen eigenen Verein gründet - sondern allen SPD-Mitgliedern, die dem Wolbergs-Verein beitreten. Das sei in den Parteistatuten so geregelt, teilte Koch in einer Presseerklärung mit. Er schreibt darin auch von einem "unreflektierten Personenkult" um Wolbergs und der "Gründung eines Fanclubs, der dem suspendierten Oberbürgermeister bedingungslos folgt". Zudem spielt Koch auf die Spenden an, die aus der Baubranche an den SPD-Ortsverein Stadtsüden flossen und hinter denen die Staatsanwaltschaft Schmiergeld für den OB vermutet. Er sei "der Auffassung, dass Joachim Wolbergs unabhängig vom Ausgang des laufenden Gerichtsverfahrens nicht mehr glaubhaft für eine sozialdemokratische und seriöse Kommunalpolitik eintreten kann", schreibt Koch.

"Wer kennt den Herrn Koch?", ätzt Wolbergs im MZ-Interview zurück. Wer seinen neuen Verein unterstütze, stehe "nicht für eine Person". Es handle sich um Menschen, die seine Politik "gut fanden" und "möchten, dass diese Art von Politik weitergeht". Dem SPD-Unterbezirkschef Koch spricht Wolbergs dann noch die Eignung als Politiker ab: "Jemand, der sich so über Wähler und über Gerichte stellt, der ist untragbar für eine Volkspartei." Er klingt, als sei der Korruptionsprozess bereits zu Ende, als habe ihn die Strafkammer gerade freigesprochen. Dabei soll das Urteil frühestens Ende Juni fallen.

"Da fehlt es auch ein bisschen an Selbstkontrolle, die man eigentlich als Oberbürgermeister braucht", sagt Koch auf SZ-Nachfrage. Er respektiere den Rechtsstaat, "aber ich lege schon auch moralische und politische Maßstäbe an". Ein OB brauche etwa "professionelle Distanz zur Baubranche". Dann lobt Koch die Zweite Bürgermeisterin Gertrud Maltz-Schwarzfischer, die den suspendierten OB seit gut zwei Jahren im Rathaus vertritt. Sebastian Koch hofft, dass sie bei der OB-Wahl als SPD-Kandidatin antritt - womöglich gegen Wolbergs. Maltz-Schwarzfischer, sagt Koch, sei "eine Hoffnungsträgerin in der SPD".

© SZ vom 11.04.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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