Ärger um Heizung:"Die am wenigsten haben, zahlen den höchsten Preis"

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Das Wärmekraftwerk in Wenzebach, das gerade stillsteht. (Foto: privat)

Kein heißes Wasser, keine Heizung - in Wenzenbach bei Regensburg sitzen immer noch rund 35 Familien in der Kälte. Sie sind zwar an ein Fernwärmenetz angeschlossen, doch der Anbieter ging pleite. Nicht nur in Wenzenbach fragen sie sich: Wie hätte das verhindert werden können?

Von Lisa Schnell, Wenzenbach

Das Heizungs-Drama in der Gemeinde Wenzenbach bei Regensburg geht in die nächste Runde. Seit mehr als einem Monat frieren sie im Ortsteil Roither Berg, weil ihr Fernwärme-Anbieter EVW Heizung und Warmwasser abgestellt hatte. Mittlerweile ist das Unternehmen insolvent. Wie kriegen es die Wenzenbacher nun wieder warm? Und: Wie kann man eine solche Situation in Zukunft verhindern?

Zunächst zur Wärme: Das Netz hätte wieder in Betrieb genommen werden können, allerdings nur mit sehr hohen Abschlagszahlungen zwischen 800 und 1500 Euro pro Monat. Einen Teil hätten die Bewohner laut Insolvenzverwalter Harald Schwartz womöglich später wiederbekommen, wenn der tatsächliche Bedarf abgerechnet worden wäre. Trotzdem, so viel Geld wollten die wenigsten zahlen.

Damit ergibt sich ein Dilemma. Wer es sich leisten konnte von den rund 70 Haushalten, hat sich mittlerweile eine Wärmepumpe gekauft. Die übrig gebliebenen etwa 35 Haushalte haben das Nachsehen. Viele von ihnen müssen noch ihr Haus abbezahlen, unter ihnen sind auch alleinerziehende Mütter. Wer sich keine Wärmepumpe leisten kann, muss am Fernwärmenetz bleiben und je weniger dieses nutzen, desto teurer wird es. Kurz: "Die am wenigsten haben, zahlen den höchsten Preis", sagt Schwartz.

Wenzenbach ist ein Extremfall, aber auch in anderen Orten gibt es Probleme mit Wärmenetzen. Bürgermeister Sebastian Koch (SPD) fordert deshalb strengere Regeln für die Fernwärme. Florian Munder vom Bundesverband der Verbraucherzentralen sagte dem BR: "Das sind natürliche Monopole. Die Menschen haben keine Möglichkeit, ihren Versorger zu wechseln, sind dementsprechend dem Verhalten dann auch ausgeliefert." Anders als bei Strom und Gas bliebe bei Streitigkeiten nur der Weg zum Gericht. Munder möchte deshalb auch für die Fernwärme eine Schlichtungsstelle wie die Bundesnetzagentur.

In Wenzenbach versucht Insolvenzverwalter Schwartz nun zu retten, was zu retten ist. Einfach scheint das nicht zu sein. Er hatte etwa einen Sponsor, der ihm zugesagt hatte, einen Großteil der Gaskosten von knapp 35 000 Euro zu übernehmen. Das Unternehmen versprach sich von der Spende offenbar eine gute Publicity mit Schlagzeilen wie: "Firma X rettet frierende Bürger". Nun aber zögert die Geschäftsführung. Offenbar wurde ihr mitgeteilt, dass gegen einige der Anwohner ermittelt wird, weil sie sich angeblich von dem früheren Energieversorger EVW Leistungen erschlichen haben sollen.

Wer sich keine Wärmepumpe leisten kann, muss vielleicht ausziehen

Die EVW streitet seit Jahren mit etlichen Anwohnern vor Gericht. Sie spricht von offenen Rechnungen in Millionenhöhe, einige sollen unrechtmäßig Wärme bezogen haben, die Anwohner erzählen von überzogenen Zahlungsaufforderungen. Sicher ist: Die Nerven liegen blank in Wenzenbach. Schwartz erzählt von "groben E-Mails", verfasst mit viel Emotion in der Nacht, die auch sein Büro erreichen. Aber gut, er versteht das: "Wenn man selbst betroffen wäre, wäre man auch stocksauer." Und er sucht weiter nach einer Lösung.

Die Übernahme durch ein anderes Unternehmen wäre so eine. Es gebe da eine Reihe von ernsthaft Interessierten, sagt Schwartz. Allerdings lohnt sich eine Übernahme nur unter bestimmten Bedingungen: Mehr Leute müssten das Wärmenetz nutzen, andere Abnehmer hinzukommen wie das Rathaus oder die Schule. Das Vertrauen in Fernwärme ist in Wenzenbach derzeit allerdings überschaubar. Deshalb hat Schwartz einen Deal vorgeschlagen, einen sogenannten Kauf mit Besserungsschein. Der funktioniert so: Ein Unternehmen kauft Kraftwerk und Netz für sehr wenig Geld, verbessern sich die Bedingungen aber, muss es nachträglich noch mehr zahlen.

Schwartz hofft nun, dass ein Unternehmen zusagt. Falls nicht, könnte für Anwohner, die sich keine Wärmepumpe leisten können, am Ende nur eines bleiben: Ausziehen.

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