Zu den großen Geheimnissen der Weihnachtszeit gehört, dass sich Menschen plötzlich wieder lieb haben, die sich vorher mit Misstrauen begegnet sind. Nicht nur der Kauf von Geschenken hat Konjunktur, auch das Vergeben und Vergessen - gerade in christlichen, sozialen Parteien. So gesehen überrascht es nicht, was der CSU-Vorsitzende Horst Seehofer in seinen Weihnachtsgrüßen an CSU-Fraktionschef Thomas Kreuzer geschrieben hat.
Unter Kreuzers Führung bringe die Landtagsfraktion "mit großem Engagement zentrale Zukunftsprojekte für Bayern voran". Die CSU-Abgeordneten hätten "ihr Ohr bei den Menschen, für die sie Verantwortung tragen". Es folgen Lob, beste Grüße und Dank an alle, unterzeichnet ist der Brief mit: "Dein Horst".
Seehofer und die CDU:Der bayerische Löwe hat ausgebrüllt
Der Löwe als Wappentier ist unzeitgemäß. Wer Horst Seehofer sieht, der muss unweigerlich an ein ganz anderes Tier denken.
Das Schreiben datiert vom 7. Dezember, was schon deshalb interessant ist, da Seehofer den CSU-Abgeordneten besagtes Ohr, das sie bei den Menschen haben, einen Tag später im Landtag bereits wieder lang gezogen hat. Konkret ging es um ein zentrales Zukunftsprojekt für Bayern, das die Fraktion mit großem Engagement voranbringen möchte, Seehofer aber womöglich anders bewertet: den Flughafen-Ausbau. Sogar die Opposition klatschte dem Ministerpräsidenten Beifall, als er sein Versprechen, alle Beteiligten einzubinden und auf juristische Tricks zu verzichten, bekräftigte.
In der CSU dagegen ballte so mancher die Faust in der Tasche. 66 Unterschriften hat die Fraktion bekanntlich für den Bau einer dritten Startbahn gesammelt, ein "einzigartiger Vorgang in der Parteigeschichte" und "schmerzhaft", wie Seehofer klagte - übrigens am selben Tag, an dem der Brief an Kreuzer rausging. Die Reihenfolge ist nicht bekannt.
Die Frage, wie lieb sie sich in der CSU wirklich haben, ist daher durchaus angebracht. So eine stade Zeit kann ja mehrere Gründe haben. Und dass bei der Weihnachtsfeier des Flughafen-Aufsichtsratschefs, der zugleich Seehofers Finanzminister ist, Wein namens "Horst Sauer" ausgeschenkt wurde, muss bestimmt nichts bedeuten.
Also bleiben wir bei den Fakten: Auch dank Kreuzer stünden Bayern und die CSU "hervorragend" da, "der Taktgeber" sei die Fraktion, heißt es in dem Brief. Ein Zusatz fehlt allerdings: Es gilt das gesprochene Wort.