Kirche und Missbrauch:"Es war einfach zu spät für Gerechtigkeit"

Der Unterwössener Künstler Andreas Kuhnlein hat den Andachtsraum in der örtlichen Pfarrkirche durchgesetzt und gestaltet. (Foto: Stefan Obermeier/Bildarchiv Bayerischer Landtag)

Landtagspräsidentin Ilse Aigner bedauert bei ihrem Besuch eines neuen Andachtsortes, dass die Justiz ihre Ermittlungen gegen katholische Geistliche aus dem Münchner Missbrauchsgutachten eingestellt hat.

Landtagspräsidentin Ilse Aigner hat mit Bedauern darauf reagiert, dass die Staatsanwaltschaft ihre Ermittlungen gegen katholische Geistliche in den vielen Fällen aus dem Münchner Missbrauchsgutachten eingestellt hat. "Es war einfach zu spät für Gerechtigkeit", sagte Aigner am Freitag beim Besuch eines 2022 eingerichteten Andachtsraums für Missbrauchsopfer im oberbayerischen Unterwössen. Die Kirche habe viel zu lang den Schutz ihrer Institution vor den Schutz der Schutzlosen gestellt. "Versetzen, vergessen, verjähren" dürfe keine Praxis mehr sein.

Auch in Unterwössen im Landkreis Traunstein hat es in den 1960er-Jahren einen Pfarrer gegeben, der sich an mindestens acht Jugendlichen vergangen hat. Im Gegensatz zu etlichen anderen Geistlichen wurde er dafür verurteilt. Der Fall war öffentlich geworden, weil sich ein Opfer einem Freund anvertraut hatte und dieser den Pfarrer erpressen wollte. Vielen im Dorf galten gleichwohl die Jugendlichen als die wahren Schuldigen.

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Der Unterwössener Künstler Andreas Kuhnlein hat all das in jungen Jahren miterlebt, er war mit dreien der Opfer befreundet. Kuhnlein hat in der Kirchengemeinde durchgesetzt, dass ein Andachtsraum in der Pfarrkirche den Opfern sexuellen Missbrauchs gewidmet wurde und ihn mit eigenen Holzskulpturen gestaltet. Der Ort berühre und mache traurig, stehe aber auch für die Aufarbeitung und damit für eine Art Befreiung, sagte Aigner, die am Freitag von ihrem Vor-Vorgänger Alois Glück und dem Generalvikar des Erzbistums München-Freising, Christoph Klingan, begleitet wurde.

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