Regensburger Uni-Streit:Wer kein Priester ist, muss draußen bleiben

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Geht es nach Bischof Rudolf Voderholzer, sollen Lehrstühle der theologischen Fakultät der Universität Regensburg bevorzugt mit Priestern besetzt werden. (Foto: Sven Hoppe/dpa)

Seit drei Jahren kann ein Lehrstuhl an der Universität Regensburg nicht besetzt werden, weil die Zustimmung des Bischofs fehlt. An die theologische Fakultät sollen vorerst nur noch Priester berufen werden, sagt der. Nur, darf er das überhaupt?

Von Lisa Schnell, Regensburg

Man stelle sich eine Person vor - Mann oder Frau -, die herausragend ist. Sie lehrt und forscht an der Uni, sie ist wissenschaftlich exzellent, durchdringt ihr Fach, die theologische Sozialethik, in der ganzen Breite und bewirbt sich für den entsprechenden Lehrstuhl an der Universität in Regensburg. Mit Erfolg. Die Fakultät will sie haben, die Universitätsleitung will sie haben und dann? Passiert fast drei Jahre lang nichts, weil ein Mann es nicht möchte: der Regensburger Bischof Rudolf Voderholzer.

Eines nämlich ist die Person offenbar nicht: Priester. Und vorwiegend solche will Voderholzer an den Lehrstühlen der theologischen Fakultät sehen, wie ein Bistumssprecher dem Blog Communio sagte. Wie jeder Ortsbischof hat Voderholzer bei der Berufung ein Mitspracherecht, das "Nihil Obstat", eine Art Unbedenklichkeitsprüfung. Voderholzer aber prüft nicht. Seit 2014 ist seine Haltung laut Sprecher die, dass er "nur noch der Berufung von Priestern zustimmen kann". Auch deshalb sind in Regensburg nur sechs von 14 Lehrstühlen besetzt, in drei Fällen sind die Berufungsverfahren laut Universitätsleitung abgeschlossen und können nur aufgrund der fehlenden Zustimmung des Bischofs nicht vollendet werden.

Voderholzer "erpresst die Fakultät", so sieht das die Arbeitsgemeinschaft von Sozialethikern und Sozialethikerinnen in einer kürzlich veröffentlichten Erklärung. Jahrelange Berufungsverfahren seien für die Bewerber eine "unzumutbare berufliche und private Belastung", sie gingen zulasten der Studierenden und einer kontinuierlichen Forschung, heißt es in einer Mitteilung des Fakultätentags, der für alle katholisch-theologischen Fakultäten spricht. Der Bischof dagegen beruft sich auf das Kirchenrecht.

Wie ist das nun: Darf ein Bischof bestimmen, wer an der Uni lehrt? Die schnelle Antwort lautet: Nein. Zumindest nicht in der Form wie es der Regensburger Bischof zu praktizieren scheint. Aus Regierungskreisen ist zu hören, dass das "Nihil Obstat" nicht verweigert werden dürfe mit dem Hinweis darauf, dass zu wenige Priester an der Fakultät lehren. Mitbestimmen darf ein Ortsbischof laut dem bayerischen Konkordat - einem Vertrag zwischen Staat und Kirche aus dem Jahr 1924 - aber schon. Eine Beanstandung ist möglich, wenn die Lehre oder das sittliche Verhalten gegen eine Berufung sprechen.

Bloß beginnt Voderholzer die Prüfung erst gar nicht. Fragt man im Bistum nach, warum, wird auf ein Interview verwiesen, das der Bischof der katholischen Nachrichtenagentur CNA gegeben hat. Darin zitiert er das Konkordat, in dem steht, dass das Lehrangebot sich vornehmlich am priesterlichen Beruf orientiere und kirchlichen Vorschriften Rechnung tragen solle. Welche kirchlichen Vorschriften gelten, da gehen die Meinungen auseinander.

Voderholzer bezieht sich auf eine Schrift mit dem Namen "Ratio fundamentalis institutiones sacerdotalis ". Sie besage, "dass an einer theologischen Fakultät die Professoren' wenigstens in den theologischen Pflichtdisziplinen mehrheitlich Priester sein müssen'". Hört man sich unter Theologen um, wird darauf verwiesen, dass diese Aussage sich auf Priesterseminare beziehe, die alleine von der Kirche betrieben werden. Deutschland aber ist eines der wenigen Länder, in denen Priester an staatlichen Universitäten ausgebildet werden.

Die Anzahl wissenschaftlich exzellenter Priester halte sich in Grenzen

Auch dafür gibt es eine innerkirchliche Vorschrift, die "Veritatis Gaudium". Demnach soll "eine angemessene Anzahl" der Dozenten Priester sein. In Regensburg ist einer von sieben Lehrstühlen mit einem Priester besetzt, ein weiterer mit einem Diakon. Ist das nun angemessen? Der Bischof sagt nein. Nur: Müssen sich Universitäten überhaupt an kirchliche Vorschriften halten?

Von innerkirchlichen Sollvorschriften wie einer Priesterquote könne abgewichen werden, teilte das Wissenschaftsministerium Communio mit. Was aber gelte, ist der verfassungsrechtliche Grundsatz der Bestenauslese. Soll heißen: Die Universität muss den Besten oder die Beste auswählen, unabhängig davon, ob der Kandidat ein Priester ist. Falls sie im Verdacht steht, das nicht zu tun, können Klagen folgen.

Laut Voderholzer hat die Universität 2016 zugesagt, auf eine Priesterquote zu achten. Er meint auch, dass es genügend geeignete Priester gebe. Aus Universitätskreisen allerdings ist zu hören, dass die Anzahl wissenschaftlich exzellenter Priester sich in Grenzen halte. Bleibt die Frage, wie es weitergeht.

Wissenschaftsminister Markus Blume müsse die Blockade beenden, fordert die Arbeitsgemeinschaft Sozialethik. Ob er das vorhat, sagt Blume nicht. Er teilt nur seine Zuversicht mit, dass offene Fragen sicher in Gesprächen geklärt werden könnten und einer Berufung bald nichts mehr im Wege stünde. Und der Bischof? Sagt, er sei zu weiteren Gesprächen bereit, verweist aber auch auf all die Gespräche, die es ja schon gegeben habe. Er will mehr Priester an der Uni, das hat er seit 2014 klargemacht. Es klingt nicht so, als hätte er vor, seine Position zu ändern.

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