Am vergangenen Samstag ist im niederbayerischen Landkreis Regen etwas Unglaubliches geschehen: Der TSV Böbrach hat ein Spiel gewonnen.
Nun kommt es mitunter vor, dass ein Fußballverein einen Sieg erringt - vor allem aber gegen Böbrach. Rattenberg zum Beispiel, mit 19:0. Oder Haselbach mit 27:0. Auch Ruhmannsfelden gewann, aber nur mit 8:0. Der TSV Böbrach ist mit 313 Gegentreffern in der vergangenen Saison die schlechteste Amateur-Fußballmannschaft Bayerns ( die SZ berichtete ausführlich). Das hat sich bis nach Sachsen herumgesprochen, weshalb dort FSV Lokomotive Dresden II dachte, es wäre eine gute Idee, für ein Testspiel bis in den fernen Bayerwald zu reisen. Dieses Spiel haben sie mit 1:3 verloren. Die Böbracher feierten die Sensation gebührend mit Weizen-Dusche.
Vielleicht kamen die Dresdner wegen des guten Biers nach Bayern. Oder aber, weil sie sich etwas vom Böbracher Spirit abschauen wollten, von diesen Spielern, die immer wieder auflaufen und sich freiwillig den Amateur-Hintern versohlen lassen.
Beim Sport, den man sich faul von der Seitenlinie aus anschaut, wird ja gerne von Idolen gefaselt. Von den Identifikationsfiguren, die die Zuschauer dazu inspirieren, immer das Beste zu geben und das Maximum aus sich herauszuholen. Dabei ist doch das Schönste am Gewinnen der Traum davon. Und vom Gewinnen träumen kann man am beständigsten mit den Verlierern. Wer außer Toni Kroos hat sich denn bitte wirklich darüber gefreut, dass Real Madrid zum soundsovielten Mal die Champions League gewonnen hat? Eben.
In den Freudentaumel, in den man mit dem TSV Böbrach eintreten will, mischt sich aber auch ein wenig Sorge. Die Begeisterung für Sport lebt schließlich nicht nur von Emotionen, sondern auch Extremen. Wenn man schon nicht Real Madrid sein kann, die sowieso nerven, dann doch wenigstens ganz unten.
Dramaturgisch war der Sieg gegen Dresden erst mal kein schlechter Kniff. Die Flamme der Hoffnung am Lodern zu halten, dass alles ganz anders sein könnte, wenn wir uns nur genug anstrengen, diese Hoffnung ist ja nicht umsonst der Garant dafür, dass man dem Leben nicht längst den Stinkefinger gezeigt und dauerhaft an den nächsten See gezogen ist. Nun sollten die Böbracher aber bitteschön schleunigst wieder von der Gewinnerstraße abbiegen - in Richtung Realität. Man stelle sich vor, der TSV Böbrach gewönne jetzt regelmäßig ab und zu. Er wäre nur noch irgendein bayerischer A-Klasse-Verein.