Leberkäs-Döner:In Zeiten des Senfs

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Senf zur Wurst, Senf zum Leberkäs und wenn ja, welcher? Das sind die drängenden Fragen unserer Zeit. (Foto: Imago)

Ein Dönerbuden-Besitzer aus der Oberpfalz serviert jetzt Leberkäs vom Spieß. Eine lokale Fleischkoryphäe äußert sich begeistert - nur ein Detail missfällt ihr.

Glosse von Deniz Aykanat

In Tirschenreuth hat sich jüngst ein Dönerladen-Besitzer als großer Leberkäs-Fan geoutet. Dem Bayerischen Rundfunk war es einen eigenen Beitrag wert, dass in besagtem Imbiss seit einiger Zeit neben Pute und Rind auch Leberkäs vom Spieß erfolgreich angeboten wird. Ja, geoutet. Dass man sich heutzutage überhaupt noch für irgendetwas outen kann, wo doch jeder im Minutentakt den eigenen Senf auf Instagram-Kacheln schmiert, gehört zu den unauflösbaren Widersprüchlichkeiten unserer Zeit.

Zwischen den Zeilen des BR-Berichts spürt man jedenfalls förmlich die Erleichterung darüber, dass es doch noch eine friedliche Koexistenz geben kann - zumindest von Fleischgerichten in der fernen nördlichen Oberpfalz.

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Aber mal abgesehen davon, dass Leberkäs am Spieß ohnehin eine viel bessere Idee ist, als es jemals akzeptabel war, eine Pute zum Döner zu machen, ist die viel erstaunlichere Nachricht jedoch eine ganz andere. In erwähntem Medienbericht wurde auch eine Metzgerin befragt, die Erstaunliches, wenn nicht gar Bestürzendes zu Protokoll gab: Die vom BR als "echte Leberkäse-Instanz von Tirschenreuth" bezeichnete Dame äußert sich durchaus positiv zum drehenden Leberkäs. Nur am Senf lässt sie kein gutes Haar. Der komme bei ihr weder auf eine Leberkässemmel noch auf eine Wurst.

Die Tirschenreuther Metzgerin ist damit ganz auf einer Linie mit ihren Kollegen in der Türkei, dort würde kein ehrenhafter Döner-Macher seinen Senf zum Fleisch geben. Die Verputisierung (das kommt von Pute, nicht Putin!) hat zwar leider auch dort schon Einzug gehalten, aber noch wird der Döner auf der Straße ohne jegliche Soßen serviert. Der Tirschenreuther Leberkäs-Döner hingegen wird mit süßem Senf und sauren Gurkerln serviert und folgt damit der Berliner Schule, wo ja auch der deutsche Döner mit Soße und weiteren Zugaben erfunden wurde. Wem sich jetzt vor lauter Soßen, Senf und Saurem der Magen umdreht, kann sich immerhin damit trösten, mit diesem Gefühl komplett den Zeitgeist zu treffen.

Tröstlich (oder ernüchternd) ist auch: Der Streit um die Zugabe von Senf zum Leberkäs - gibt man seinen überhaupt dazu und wenn ja, welchen? Süßen, scharfen oder garstigen? - ist so alt wie die Menschheit. Und da die heutige Zeit ohnehin stark geprägt ist von der Weitergabe des eigenen Senfs, nicht nur zum Leberkäs, sondern zu nahezu allem, von dem man keine Ahnung hat, wird hier keine Empfehlung ausgesprochen und keine Regel aufgestellt. Es sei nur so viel gesagt: auf keinen Fall Ketchup!

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