Unterfranken:Bürgermeister spendiert 5000 Euro für Ergreifung eines "Schreiberlings"

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Bei der Freiwilligen Feuerwehr wird Personal gesucht, auch Führungskräfte. Im unterfränkischen Theilheim hatten sie das Problem schon gelöst - fast. (Foto: Robert Michael/dpa)

Eigentlich waren die Personalsorgen bei der Freiwilligen Feuerwehr in Theilheim schon gelöst. Dann aber fand sich eine Schmähschrift am Auto des designierten 2. Kommandanten. Zeit für einschneidende Gegenmaßnahmen - findet der Rathauschef.

Kolumne von Olaf Przybilla, Theilheim

Allen, die bislang nicht regelmäßig zum Mitteilungsblatt der Gemeinde Theilheim greifen, darf eine Lektüre wärmstens empfohlen werden. In der März-Ausgabe etwa werden die Kommunionskinder 2024 vorgestellt, man erfährt Grundlegendes über die Schlaglöcher im Oberen Weinbergsweg und wird nochmals ausdrücklich auf die Geschwindigkeitsbeschränkung im Wohngebiet des fränkischen 2400-Einwohner-Ortes hingewiesen.

Ton und optische Gestaltung sind ansprechend dezent gehalten, auf Ausrufezeichen wird weithin verzichtet, so muss das sein in diesen lauten Zeiten. Kleine Ausnahme diesmal freilich. Auf der siebten Seite der aktuellen Ausgabe ist dem Rathauschef Thomas Herpich die rechte Spalte freigeräumt worden. Dass ihm etwas gewaltig gegen die Hutschnur gehen muss, lässt sich schon an der Überschrift erahnen: "Stellungnahme des 1. Bürgermeisters: So geht das nicht!"

Darum geht es. Bei einer Dienstversammlung der Freiwilligen Feuerwehr hatte sich ein Bewerber fürs vakante Amt des 1. Kommandanten zur Verfügung gestellt. Seine Voraussetzung allerdings: Ein Stellvertreter muss gefunden werden. Nach ausgiebiger Debatte erklärte sich tatsächlich einer dazu bereit, alles schien bereits in trockenen Tüchern zu sein. Bis der Kandidat am nächsten Morgen an seine Windschutzscheibe schaute und folgenden - hier in Originalfassung wiedergegebenen - Zettel las: "Das mag doch nicht dein ernst sein das du einen Zweiten Kommandanten machen kannst mit deiner normalen Truppmann Ausbildung ....... Da gibt es andre Kandidaten dafür. Die kompetenter sind als Du. Das war doch ein Scherz von dir."

Der designierte 2. Kommandant ließ das nicht auf sich sitzen, Rückritt und sogar Austritt bei der Feuerwehr - Problem also weiter ungelöst. Was wiederum den Bürgermeister, aufgestellt von einer örtlichen Wählervereinigung, dazu veranlasst hat, seine Stellungnahme im Mitteilungsblatt so abzubinden: "Zeitgleich stelle ich eine Belohnung für Hinweise, die zur Ermittlung des Schreiberlings führen, in Höhe von 5000 Euro bereit."

Seither ist der Gemeinderat von Theilheim einmal zusammengetreten. Und wie die Main Post festgehalten hat, sprach einer der Räte dort von "Paralleljustiz". Überhaupt wolle er wissen, woher eigentlich das Geld komme für dergleichen. Der Bürgermeister war da im Urlaub, Frage also offen.

Herr Bürgermeister? Das Geld, sagt Herpich im SZ-Gespräch, werde er gegebenenfalls privat begleichen. Zwar sei er lediglich ehrenamtlicher Rathauschef: "Das aber ist es mir wert."

Einen Verdacht habe er übrigens auch. Aus dem infrage kommenden Personenkreis - womöglich relativ identisch mit der Freiwilligen Feuerwehr - gebe es jemanden, "dem die Felle davon schwimmen". Und von dem mindestens ein Vergleichsschreiben vorliege, das verdächtig ähnliche stilistische und orthografische Preziosen aufweise wie der Windschutzscheibenzettel.

Demnächst dann hoffentlich mehr im Mitteilungsblatt der Gemeinde Theilheim.

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