München:Lehrerverband rebelliert gegen die Staatsregierung

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Ein Mitarbeiter eines Impfzentrums hält eine Spritze in der Hand. (Foto: Sina Schuldt/dpa/Symbolbild)

Der Bayerische Lehrer- und Lehrerinnenverband (BLLV) geht auf die Barrikaden. In einem Brandbrief an Ministerpräsident Markus Söder (CSU) forderte der BLLV am...

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München (dpa/lby) - Der Bayerische Lehrer- und Lehrerinnenverband (BLLV) geht auf die Barrikaden. In einem Brandbrief an Ministerpräsident Markus Söder (CSU) forderte der BLLV am Montag ultimativ ein Impfangebot für alle Lehrer und warf dem Kultusministerium rechtswidrige Weisungen vor.

Das Ministerium wolle freiwillige Corona-Selbsttests von Schülerinnen und Schülern unter Aufsicht von Lehrerinnen und Lehrern durchführen lassen. Dabei könnten sich Lehrerinnen und Lehrer aber mit dem Virus infizieren, weil sie keine Schutzanzüge und Schildmasken wie das Testpersonal in der Medizin erhielten, beklagte der BLLV. Junge Schüler könnten sich bei dem Selbsttest mit einem Wattestäbchen in der Nase verletzen - die Lehrer seien notfallmedizinisch nicht ausgebildet. Außerdem sei der Datenschutz nicht gewährleistet, und zudem falle auch noch Unterrichtszeit aus. Aus diesen Gründen seien die Anweisungen des Kultusministers rechtswidrig und müsse umgehend zurückgenommen werden.

BLLV-Präsidentin Simone Fleischmann sagte, ein Musterbrief mit dieser Forderung sei am Montag an alle 66 000 Mitglieder des Verbandes verschickt worden. Die Mitglieder könnten ihn jetzt an ihre jeweilige Schulbehörde verschicken und damit, wie im Beamtenrecht vorgesehen, ihren jeweiligen Dienstherrn zur Korrektur der rechtswidrigen Maßnahme auffordern.

Und „wenn die Lehrerinnen und Lehrer und alle an der Schule Beschäftigten am 1. Schultag nach den Osterferien wieder einen Fuß in die Schule setzen sollen, müssen im Vorfeld alle ein Impfangebot erhalten haben“, schrieb der BLLV an Söder. „Wer kein Impfangebot erhalten hat, kann nur den Distanzunterricht anbieten.“ Zudem hätten viele Lehrer bereits eine Überlastungsanzeige gestellt, weil sie die Vielfalt der Aufgaben nicht mehr bewältigen könnten. „Irgendwann muss man sagen, es reicht!“, sagte Fleischmann.

Das Kultusministerium reagierte empört: „Dass die Präsidentin des BLLV den Dienst in der Schule an ein Impfangebot knüpft, geht natürlich gar nicht“. Es stelle sich auch die Frage, ob sie eine Impfpflicht für Lehrkräfte anstrebe. Staatskanzlei-Chef Florian Herrmann (CSU) erklärte, nicht jeder könne seine Arbeit einstellen, weil er noch nicht geimpft sei. Im Gegensatz zu Lehrern hätten Polizisten bei ihren Einsätzen oft Körperkontakt mit fremden Menschen und arbeiteten dennoch auch ohne Impfung weiter. Es gebe umfangreiche Hygienekonzepte an den Schulen. Lehrkräfte an Grund - und Förderschulen seien bei der Impf-Priorisierung in Gruppe zwei eingestuft, viele bereits geimpft.

Die Arbeitsgemeinschaft Bayerischer Lehrerverbände - ein Zusammenschluss aus Philologenverband, Realschullehrerverband, der Katholischen Erziehergemeinschaft und dem Verband der Lehrer an beruflichen Schulen - verlangte eine kontrollierbare Teststrategie. „Dazu gehört es nicht, die Schüler in vollen Bussen bis zum Klassenzimmer zu karren, um sie dort unter fragwürdigen Bedingungen zu testen und dann mit einem positiven Testergebnis wieder nach Hause zu schicken.“

Kultusminister Michael Piazolo (Freie Wähler) rechnet nicht mit einer baldigen Rückkehr zur Normalität an den Schulen. „Wie im Grunde seit einem Jahr haben wir einen Mix von Präsenz-, Wechsel- und Distanzunterricht“, sagte er der „Augsburger Allgemeinen“. „Ich gehe davon aus, dass in der aktuellen Situation sich dieser Trend fortsetzen wird.“

Aufgrund der steigenden Corona-Infektionszahlen im Freistaat war für mehr als 30 Landkreise und kreisfreie Städte von dieser Woche an Distanzunterricht angeordnet worden. Das betrifft rund 2250 Schulen mit mehr als einer halben Million Schülern. In zahlreichen anderen Landkreisen und kreisfreien Städten gibt es hingegen Präsenz- und Wechselunterricht.

© dpa-infocom, dpa:210322-99-919115/5

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