Schwieriges Straßenbauprojekt:Verkehrsentlastung für Rosenheim

Lesezeit: 2 min

Mit der Aicherparkbrücke geht das zentrale Element der neuen Rosenheimer Westtangente in Betrieb. Vor allem der schwierige Baugrund lässt die Gesamtkosten für die Umfahrung auf mehr als 260 Millionen Euro steigen.

Von Matthias Köpf, Rosenheim

Die an diesem Donnerstag eröffnete Aicherparkbrücke spannt sich nicht nur über das namengebende Rosenheimer Gewerbegebiet, sondern auch über die Mangfall und den Mangfallkanal. (Foto: Staatliches Bauamt Rosenheim/Ursula Lampe)

Für die Rosenheimer selbst hätte es den Superlativ gar nicht unbedingt gebraucht. Denn viele Menschen in der oberbayerischen 65 000-Einwohner-Stadt haben all die Jahre vor allem darauf gewartet, dass sie endlich einen Teil des überbordenden Durchgangsverkehrs loswerden. Gelingen soll das mit der Rosenheimer Westtangente. Deren zentrales Bauwerk, die 670 Meter lange Aicherparkbrücke, ist nach Angaben des staatlichen Bauamts die längste Brücke an Bundes- oder Staatsstraßen in Bayern geworden. Seit diesem Donnerstag rollt über sie der Verkehr.

Pläne für diese neue Trasse für die B 15 gab es schon sehr lange, zumindest der grobe Verlauf der Rosenheimer Westtangente steht bereits seit dem Ende der Siebzigerjahre fest. Doch wirklich gebaut wurde an der Umfahrung erst seit 2012, zunächst bis 2015 an einem ersten Abschnitt im Süden von der neuen Ausfahrt Rosenheim West an der A 8 bis zum westlichen Stadtrand Richtung Kolbermoor. Am anderen Ende im Norden entstand eine Umfahrung für das Örtchen Pfaffenhofen am Inn. Für Planer und Baufirmen sehr viel schwieriger gestaltete sich die 2015 begonnene nun eröffnete Aicherparkbrücke, die nicht nur über das namengebende Gewerbegebiet und die Bahnlinie Holzkirchen-Rosenheim hinwegführt, sondern in Form einer Schrägseilbrücke auch über die Mangfall und den unmittelbar daneben gelegenen Mangfallkanal.

Newsletter abonnieren
:Mei Bayern-Newsletter

Alles Wichtige zur Landespolitik und Geschichten aus dem Freistaat - direkt in Ihrem Postfach. Kostenlos anmelden.

Für die Fundamente dieser Brücke mussten die Ingenieure mit wissenschaftlicher Hilfe von der Technischen Universität München eigens eine neue Art der Gründung entwickeln, was zwei bis drei zusätzliche Jahre und damit auch etliches zusätzliches Geld gekostet hat. Denn der Untergrund im Rosenheimer Becken besteht aus weichem, wenig tragfähigem Seeton - einer dicken Schicht aus Sedimenten, die sich nach dem Rückzug der letzten Eiszeitgletscher aus dem Alpenvorland in einem riesigen See abgesetzt hatten. Um darauf eine Brücke zu bauen, musste diese einerseits möglichst leicht konstruiert werden - und zugleich mussten für den richtigen Halt Dutzende von gewaltigen Betonpfählen bis zu 50 Meter tief in den Boden gesenkt werden. Auch die über dem Boden schwebende und mit geschwungenen Rampen versehende Anschlussstelle für den Aicherpark fußt auf dieser speziell dafür entwickelten "Rosenheimer Mischgründung".

All das hat die Kosten für das Gesamtprojekt auf stolze 263,5 Millionen Euro steigen lassen. Bezahlen muss das der Bund, der sich 2012 dazu entschlossen hatte, dieses und eine Handvoll weiterer Projekte aus einem neu aufgelegten und mit einer Milliarde Euro gefüllten Sondertopf zu finanzieren. Entsprechend war das Band, das am Donnerstag auf der Aicherparkbrücke von einer ganzen Reihe von Politikern gleich vielfach durchschnitten wurde, nicht weiß-blau, sondern schwarz-rot-gold. Michael Theurer (FDP), Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium, verhieß den Rosenheimern noch einmal "mehr Verkehrssicherheit und weniger Lärm".

Die Reihe derer, die die neue Brücke in aller Form dem Verkehr übergaben, war so lang wie die Brücke breit. (Foto: StMB)

Zusammen mit der Brücke wurde am Donnerstag auch ein Stück vergleichsweise normal gebaute Straße für den Verkehr freigegeben, sodass sich die Westtangente um insgesamt viereinhalb Kilometer verlängert hat und nun eine spürbare Entlastung zumindest für den Rosenheimer Westen zu erwarten ist. Das Staatliche Bauamt rechnet fürs Erste mit rund 6000 Fahrzeugen pro Tag weniger auf der stark befahrenen Äußeren Münchner Straße.

Ganz fertig ist die insgesamt 11,3 Kilometer lange Westtangente damit allerdings noch nicht. Es fehlen 1,3 Kilometer als letzter nördlicher Lückenschluss, der es bautechnisch aber ebenfalls in sich hat. Dort muss die Trasse beim Weiler Wernhardsberg die wichtige Bahnlinie München-Rosenheim unterqueren - ebenfalls im weichen Seeton und bei stets laufendem Bahnbetrieb mit Zügen zeitweise fast im Minutentakt. Auch dieser Abschnitt ist längst im Bau und soll im besten Fall Ende 2025 fertig sein.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusSZ-Serie: So tickt Bayern, Folge 6
:Mein neues Leben auf dem Lande

Auto, Holzheizung, Steak? Seit sie aufs Land gezogen ist, muss sich unsere Autorin für ihren Lebensstil rechtfertigen. Und versteht nun eine gewisse Wut, die sich in Richtung Stadt entlädt - und sich auf bayerischen Wahlzetteln manifestiert.

Von Lisa Schnell

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: