Öffentliche Toiletten:Drängende Fragen in Regensburg

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Regensburg ist für seine Altstadt mit dem Titel Unesco-Welterbe ausgezeichnet worden. (Foto: Armin Weigel/dpa)

Die Stadt hat eine weltberühmte mittelalterliche Altstadt, ein wunderschönes Flussufer - und zu viele Wildbiesler. Über eine erfrischende Debatte in ansonsten trüben Zeiten.

Glosse von Deniz Aykanat, Regensburg

Als vor einigen Jahren das Buch einer Medizinstudentin über Verdauung zu einem Millionen-Bestseller wurde, hieß es immer, das Werk habe "dieses Thema" aus der "Tabuzone" geholt. Weil "darüber" spreche ja niemand gerne. Angeblich also redet niemand gerne öffentlich über zu verrichtende Geschäfte und die dafür benötigten stillen Örtchen. Ganz anders ist das in Regensburg. Hier wird seit Jahren mit Elan über öffentliche Toiletten diskutiert. Warum auch nicht? Der Darm wird manchmal als "zweites Gehirn" bezeichnet und schließlich offenbart sich gerade doch wieder, dass die Menschheit es mit ihrem "ersten Gehirn" ziemlich vergeigt hat.

Zuletzt nahm die Debatte um die Grundbedürfnisse der Regensburger in der Öffentlichkeit wieder an Fahrt auf. Besonders das Wildbieseln hat durch die Corona-Pandemie an Brisanz gewonnen. Das soziale Miteinander hat sich mehr denn je in die freie Wildbahn verlagert. Man trifft sich in Parks und an Flüssen. Man trinkt - und bieselt in die Donau. Oder auch mal an Kirchenwände und in fremde Gärten. Das ist dann ein bisschen zu viel der Enttabuisierung.

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Um den Wildbieslern Einhalt zu gebieten, wurde schon eine Petition auf den Weg gebracht. "Say yes to Strullerstopp! Unterschreibe die Pipition für Toiletten an der Donau." 2000 Menschen sagten schon "yes". Auch in der jüngsten Stadtratssitzung beschäftigte man sich damit, fast eine Stunde lang wurde über Klos geplaudert: Wo kommen die Klos hin? Wann öffnen sie ihre Pforten? Wer kümmert sich darum? Und was soll das Ganze kosten? Immer wieder im Gespräch sind sich selbst reinigende Klohäuschen, die fast eine halbe Million Euro kosten.

In München gibt es schon lange solche Toiletten. Trotzdem sollte man sich daran eventuell nicht orientieren, in der Landeshauptstadt könnte man schließlich auch einen Donnerbalken für horrende Summen vermieten. Ob das gut ist, ist eine andere Frage. In Regensburg wird es noch ein paar Jahre dauern, bis semi-intelligente Klos das Stadtbild bereichern könnten. Die Stadt will jetzt erst mal einen Gestaltungswettbewerb für Klos ausloben. Vielleicht haben ja Kunst- und Designstudentinnen Antworten auf unsere drängendsten Fragen.

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