Haus der Bayerischen Geschichte:Triumphe, Sensationen und Tragödien

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Altgediente Olympioniken schenken dem Haus der Bayerischen Geschichte Objekte für die Sonderausstellung "Bayern und Olympia 1896-2022". Von links: Eishockeylegende Alois Schloder, Eiskunstläufer Manfred Schnelldorfer und Judoka Paul Barth sowie Ausstellungsreferent Marc Spohr. (Foto: Altrofoto/Haus der Bayerischen Geschichte)

In Regensburg entsteht eine Ausstellung zum Thema Bayern und Olympia seit 1896. Dabei wird deutlich, wie sehr sich die Bedeutung des Sports und der Aktiven in den vergangenen Jahrzehnten gewandelt hat.

Von Hans Kratzer, Regensburg

"Auf in den Kampf . . ." schmettert die Sängerschar im Torero-Lied, das aus der Oper Carmen bekannt ist. Man kann getrost behaupten, dass dieser Ruf auch die bayerische Sportgeschichte geprägt hat. Manfred Schnelldorfer hatte das Lied beispielsweise als Begleitmusik für seine Kür ausgewählt, mit der er 1964 in Innsbruck Olympiasieger im Eiskunstlauf wurde. Er war damals noch ein 20-jähriger Jüngling - und bis heute hat kein anderer Deutscher mehr diesen Erfolg im Eiskunstlauf der Männer wiederholen können.

Schnelldorfers Sensationssieg zählt zweifelsohne zu den bayerischen Sportmomenten für die Ewigkeit. Diese stolze Formulierung hat sich das Haus der Bayerischen Geschichte zu eigen gemacht, das gerade mitten in der Vorbereitung für eine Sonderausstellung zur bayerischen Sportgeschichte steckt. Die Schau wird sich vor allem dem bislang in dieser Breite nur selten präsentierten Thema "Bayern und Olympia 1896-2022" widmen.

Der Landshuter Alois Schloder jubelt bei der Eishockey-WM 1977 in Wien. (Foto: imago Sportfotodienst)

Ein halbes Jahr vor der Eröffnung kann man behaupten, dass sich hier ein schier unerschöpflicher Komplex von Opulenz, Dramatik und packenden Geschichten ausbreitet, wie sie nur das reale Leben liefern kann. Das bestätigte sich am vergangenen Mittwoch, als die altgedienten Olympioniken Manfred Schnelldorfer (Jahrgang 1943), Paul Barth (Jahrgang 1945) und Alois Schloder (Jahrgang 1947) in Regensburg Erinnerungsstücke aus ihrer sportlichen Laufbahn an das Museum übergaben.

In einer Zeit, in der fast nur noch der Fußball das Sportgeschehen dominiert, gerät mehr und mehr in Vergessenheit, welche Popularität früher auch andere Sportarten erfuhren. Man lese nur einmal hinein in die Erinnerungen des Autors Sebastian Haffner (Geschichte eines Deutschen, 1914-1933), der eindrücklich beschreibt, wie Deutschland in den frühen 20er-Jahren schlagartig zu einer Sportgroßmacht wurde, obwohl es bis dahin kein Sportland war. "Die Sportberichte spielten jetzt eine Rolle wie zehn Jahre vorher die Heeresberichte, und was damals Gefangenenzahlen und Beuteziffern gewesen waren, das waren jetzt Rekorde und Rekordzeiten", schrieb Haffner.

Der Münchner Paul Barth gewann bei den Olympischen Spielen 1972 die Bronzemedaille in der Sportart Judo. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Allein schon die Geschichte des ersten bayerischen Olympiasiegers Josef Straßberger wäre es wert, endlich verfilmt zu werden. Sein Enkel Andreas Lechner hat ja zuletzt einen großartigen Roman über das außergewöhnliche Leben dieses Gewichthebers verfasst ("Heimatgold", Volk Verlag), das voller Opulenz, Glück und Tragik war und in dieser Dichte heute nicht mehr möglich ist.

Unverhoffte Erfolge und Niederlagen erlebte auch der Landshuter Alois Schloder in seiner langen Eishockeykarriere. Er war langjähriger Kapitän der deutschen Nationalmannschaft, wurde Deutscher Meister und gewann 1976 mit der deutschen Mannschaft, einem krassen Außenseiter, sensationell die olympische Bronzemedaille. Schloder brachte am Mittwoch seine Schlittschuhe nach Regensburg mit.

Die Aufnahme aus den 1930er-Jahren zeigt den Gewichtheber Josef Straßberger, der mehrmals deutscher Meister wurde. Außerdem war er der erste bayerische Olympiasieger (1928 in Amsterdam) . (Foto: Schirner Sportfoto-Archiv/dpa)

Die Sonderausstellung wird an vielen Beispielen darlegen, wie bayerische Athleten und Athletinnen mit ihren Erfolgen bei Olympischen Spielen und Weltmeisterschaften zu Sympathieträgern und Botschaftern des Sports und des Freistaats Bayern aufgestiegen sind. Auch der Judoka Paul Barth reiht sich in diese Riege ein. Er gewann 1972 in seiner Heimatstadt München die Bronzemedaille im Halbschwergewicht. Als Erinnerung an dieses denkwürdige Ereignis überreichte er Marc Spohr, dem Referenten für Ausstellungen im Regensburger Museum, seinen Kampfanzug von damals.

Unvergessen sind die Namen vieler Sportler und Sportlerinnen, die ihre Zeit geprägt haben, allen voran die Skiläuferin Rosi Mittermaier (Jahrgang 1950), die bei den Olympischen Spielen 1976 zwei Goldmedaillen im Abfahrtslauf und im Slalom gewann, und dazu eine Silbermedaille im Riesenslalom. Auch nach ihrem Karriereende blieb Mittermaier in der Öffentlichkeit präsent, unter anderem als Werbeträgerin, Sportbotschafterin und Autorin - gemeinsam mit ihrem Ehemann Christian Neureuther, der ebenfalls ein erfolgreicher Skirennläufer war. Die Ausstellung könnte darüber hinaus Relikte zeigen, an die man nicht auf Anhieb denkt. Beispielsweise einen Teil des Blumenstraußes, den Rosi Mittermaier nach ihrem Olympiasieg vom Balkon aus zu den Fans hinunterwarf. Der Veldener Sport-Fan Joseph Schuster fing ihn damals auf und hält ihn bis heute in Ehren.

Rosi Mittermaier gewann 1976 bei den Olympischen Spielen 1976 zwei Gold- und eine Silbermedaille im Skilauf. (Foto: dpa)

Die Liste an Kuriositäten und Sensationen aus der bayerischen Sportgeschichte ließe sich beliebig lange fortsetzen. Eines aber ist nicht zu leugnen. Viele Namen der Sportprominenz von früher haben viele Jahre überdauert. Ganz im Gegensatz zu den heutigen Assen, sofern sie keine Fußballer sind. Selbst aktuelle Olympiasieger und -siegerinnen sind oft wenige Monate nach ihrem Triumph schon fast vergessen. Wer kann auf Anhieb beantworten, in welchen Disziplinen die bayerischen Olympiasieger Christian Reitz, Barbara Engleder oder Alexander Grimm erfolgreich waren?

Die Ausstellung wird nicht zuletzt die politisch hoch aufgeladenen Olympischen Spiele 1936 in Garmisch-Partenkirchen und 1972 in München thematisieren sowie die gescheiterte Bewerbung Münchens für die Ausrichtung der Olympischen Winterspiele 2018.

"Bayern und Olympia 1896-2022", Haus der Bayerischen Geschichte, Regensburg, 12. Juli 2022 bis 15. Januar 2023.

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