Gloria von Thurn und Taxis:BMW steigt als Sponsor der Regensburger Schlossfestspiele aus

Lesezeit: 3 min

Die Schirmherrin Gloria von Thurn und Taxis bei der Eröffnung der Schlossfestspiele 2023. (Foto: Armin Weigel/dpa)

Noch nie waren die Festspiele unter Schirmherrin Gloria von Thurn und Taxis so in die Kritik geraten. Die selbsternannte Fürstin wird in der Entscheidung von BMW trotzdem mit keinem Wort erwähnt.

Von Deniz Aykanat und Michael Zirnstein, Regensburg

Die Sommerferien wollte BMW sich noch nehmen für eine Entscheidung. Nun, mehr als acht Wochen nach dem Ende der jüngsten Regensburger Schlossfestspiele, steht fest: Der Autobauer steigt als Sponsor der Veranstaltung aus. "Aktuell richtet das Unternehmen sein gesellschaftliches Engagement am Werksstandort Regensburg neu aus. In diesem Kontext hat das BMW Group Werk Regensburg entschieden, den im Sommer 2023 ausgelaufenen Sponsoringvertrag mit Odeon Concerte, dem Veranstalter der Regensburger Schlossfestspiele, nicht zu verlängern", teilt auf Nachfrage ein Pressesprecher des BMW-Werks Regensburg schriftlich mit. BMW will sich eigenen Angaben zufolge weiterhin am Kulturstandort Regensburg engagieren. Details könne man aber noch nicht nennen.

Und was ist mit Gloria von Thurn und Taxis? Kein Wort zu Gloria. Dabei könnte der Ausstieg von BMW als Sponsor durchaus damit zusammenhängen, dass Gloria von Thurn und Taxis, Schirmherrin der Festspiele und Hausherrin von Schloss St. Emmeram in Regensburg, wo die Festspiele stattfinden, immer stärker mit populistischen, homophoben, rassistischen Wortmeldungen oder Netzwerktreffen mit Rechtspopulisten auffällt. Und dass sich zunehmend Menschen zu Wort melden, die ein Problem darin sehen, dass so eine Person das Gesicht einer der wichtigsten Kultur-Veranstaltungen der Stadt ist.

Newsletter abonnieren
:Mei Bayern-Newsletter

Alles Wichtige zur Landespolitik und Geschichten aus dem Freistaat - direkt in Ihrem Postfach. Kostenlos anmelden.

Zumal Gloria als Hausherrin auch eigene Gäste einlädt. Im Gedächtnis dürfte der Besuch von Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán 2012 geblieben sein, den sie auf Schloss St. Emmeram als "Held" bezeichnete, der "sein Volk in die Freiheit führt". Ausgerechnet Orbán, der in Ungarn seit seinem Amtsantritt einen beispiellosen Demokratieabbau betreibt.

Doch so sehr Gloria offensichtlich eine Freundin klarer Ansagen ist, umso mehr redet man im Umfeld der Festspiele nun lieber um den heißen Brei herum. "Als Unternehmen, das seinen Anteilseignern und Mitarbeitern verpflichtet ist, überprüfen wir den Einsatz unserer finanziellen und personellen Ressourcen regelmäßig - und justieren ihn gegebenenfalls", heißt es kryptisch von BMW. Der Autokonzern war übrigens 17 Jahre lang Hauptsponsor von Glorias Festspielen.

SZ PlusRegensburg
:Es war einmal eine "Punk-Fürstin"

Gloria von Thurn und Taxis zehrt bis heute von dem Ruf, den sie sich in den 1980ern erwarb. Aber in ihrer Heimatstadt rufen nun 100 Kulturschaffende zum Boykott gegen sie auf. Sie hat viele Anlässe dazu geliefert.

Von Deniz Aykanat

Und der Veranstalter der Konzertreihe, Odeon Concerte, wird nicht müde zu betonen, wie egal ihm die Kontroverse um die Hausherrin des Schlosses ist - um gleichzeitig ebenfalls jedes Mal darauf hinzuweisen, dass Gloria nicht die Veranstalterin der Festspiele sei.

In diesem Jahr wurde die Kritik an Gloria unüberhörbar

Klar äußerte sich hingegen immer das linke Lager in der Stadt. Jahr für Jahr wurde von verschiedenen Initiativen zum Boykott aufgerufen. Geändert hatte das wenig - bis zu diesem Jahr. Die DGB-Jugend Oberpfalz um Martin Oswald setzte eigens eine Internetseite auf, die die verbalen Entgleisungen von Gloria dokumentiert. Der Gewerkschaftsnachwuchs demonstrierte vor dem Schloss, forderte die Enteignung der selbsternannten Fürstin.

Kurz vor den diesjährigen Schlossfestspielen wurde die Kritik dann immer lauter. 100 angesehene Regensburger Kulturschaffende riefen in einem offenen Brief Künstler und Publikum dazu auf, nicht zuzulassen, dass "Kunst und Musik für die politische Propaganda der Schirmherrin missbraucht" werde.

Demonstranten machen ihrem Unmut über Frau Thurn und Taxis deutlich Luft. (Foto: Armin Weigel/dpa)

Die Festspiele gingen dann trotzdem über die Bühne. Der Auftakt wurde von einer festgeklebten Aktivistin der "Letzten Generation" und einigen hundert Demonstranten begleitet.

Laut Veranstalter waren die Ticketverkäufe trotz der vorangegangenen Kontroverse überdurchschnittlich. Simply Red und Eros Ramazotti und viele mehr traten wie geplant auf. Jonas Kaufmann sagte ab - aber wegen der Gesundheit, nicht wegen Gloria.

Vor dem Abgang von BMW hatte sich übrigens ein weiterer Sponsor der Festspiele verabschiedet. Der Regensburger Energieversorger Rewag war bereits im Mai ausgestiegen - aber wegen strenger Compliance-Regelungen, nicht wegen Gloria.

Im Juni dann hatte BMW noch gedroht, ebenfalls das Sponsoring zu beenden - da noch mit klarem Bezug zu Schirmherrin Gloria. Und mit der Aussicht, dass das Sponsoring unter bestimmten Bedingungen weiterlaufen könne. Warum jetzt dieser Eiertanz? Will man sich in Regensburg einfach noch nicht verabschieden vom Glamour, der einst von der Punk-Fürstin in ihrem schönen Schloss auf die Stadt abfärbte?

Der Künstler Jonas Höschl, der den Boykottaufruf der Kulturschaffenden initiiert hatte, vermutet, dass dem Autobauer "in dieser Situation nichts anderes übrig geblieben" sei. Er meint Glorias jüngste Entgleisungen, denn die hatte inzwischen nachgelegt: "Wenn Gloria von Thurn und Taxis als Schirmherrin im Vorfeld der Schlossfestspiele mit Verschwörungstheorien um sich wirft und einen Journalisten im Regensburger Presseclub unter anderem als Stasi-Beamten beleidigt, wurden hier erneut rote Linien überschritten."

In einem Interview mit einer ehemaligen Journalistin vom deutschen Ableger des Propaganda-Senders Russia Today habe sie außerdem davon fantasiert, dass ein möglicher Rückzug des Hauptsponsors BMW, wegen ihren umstrittenen Aussagen, vor allem der Automarke und nicht ihr oder den Festspielen schaden würde. "Das dürfte es für BMW unmöglich gemacht haben, an der Förderung dieser Veranstaltung, die so sehr mit ihrer umstrittenen Schirmherrin verknüpft ist, festzuhalten", sagt Höschl.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusSZ-Serie: So tickt Bayern, Folge 6
:Mein neues Leben auf dem Lande

Auto, Holzheizung, Steak? Seit sie aufs Land gezogen ist, muss sich unsere Autorin für ihren Lebensstil rechtfertigen. Und versteht nun eine gewisse Wut, die sich in Richtung Stadt entlädt - und sich auf bayerischen Wahlzetteln manifestiert.

Von Lisa Schnell

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: