Prozesse:Warum in Regensburg ein Pressekrieg tobt

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Zu unkritisch war dem Blogger Stefan Aigner die Regensburger Medienlandschaft. Darum gründete er vor acht Jahren das Portal "Regensburg Digital".

(Foto: picture-alliance/ dpa)
  • Der Blogger Stefan Aigner hat vor acht Jahren das Portal "Regensburg Digital" gegründet. Er fand, die lokalen Medien berichteten oft zu unkritisch.
  • Damit hat er sich nicht nur Freunde gemacht. Seit einem Jahr tobt ein Streit gegen Peter Kittel, den Herausgeber der "Regensburger Stadtzeitung".
  • Aigner stellte Kittel in einer Fotomontage als Adolf Hitler dar und nannte ihn "Pegida-Peter". Eine Beschwerde wegen der Bezeichnung wies der Presserat nun aber zurück.

Von Andreas Glas, Regensburg

Es ist mehr als ein Jahr her, als dieser Irrsinn um Stefan Aigner losbrach, den Chefredakteur des Online-Nachrichtenportals Regensburg Digital. Ein Ende ist nicht in Sicht, aber die erste Schlacht hat er gewonnen. Gegen Peter Kittel, den Herausgeber der Regensburger Stadtzeitung. Der hatte Beschwerde beim Deutschen Presserat einreicht, weil ihn Aigner in einem Artikel "Pegida-Peter" nannte.

Der Presserat hat die Beschwerde abgewiesen, aber damit hört der Ärger für Stefan Aigner nicht auf. Immer wieder muss er lesen, dass die Stadtzeitung und das Regensburger Wochenblatt auf ihn und Mitarbeiter seiner Redaktion abzielen. "Die wollen mich kaputt machen", sagt Aigner.

Vor acht Jahren hat der Journalist Regensburg Digital gegründet, weil er fand, dass die lokalen Medien oft zu brav und zu unkritisch über die Kirche, lokale Politiker und Unternehmer berichten. Er will frecher, kritischer sein. Mit seinen Enthüllungen hat Aigner, 42, sich bundesweit einen Namen gemacht - und in Regensburg Feinde. Zum Beispiel Peter Kittel, Organisator des Regensburg-Besuchs von Papst Benedikt, Veranstalter des Weihnachtsmarkts auf Schloss Thurn und Taxis - und eben Herausgeber des Anzeigenblatts Regensburger Stadtzeitung.

Ein erfolgreicher Unternehmer, der es sich leisten kann, schwere Geschütze aufzufahren. Auf Stefan Aigner hat er nun den bekannten Berliner Medienanwalt Johannes Weberling angesetzt. Der hat bei der Staatsanwaltschaft Strafantrag wegen Beleidigung, Verleumdung und übler Nachrede eingereicht, unter anderem wegen der Pegida-Peter-Sache.

Angefangen hat der Kleinkrieg vor Jahren, weil Aigner immer wieder Kittels Nähe zur CSU, zum Fürstenhaus und zur Mittelbayerischen Zeitung hinterfragt hatte, dem größten Medium der Stadt. Vom "allseits verspezelten Veranstalter" schrieb Aigner mehrmals. Zu frech? Mag sein. Andererseits ist auch Peter Kittel nicht zimperlich. Seine Stadtzeitung lästert schon mal über den "Gutmenschen-Zoo" und schreibt: "Alle Asylanten dieser Welt möglichst zu uns (. . .) und alle Kirchen zum Zwecke der Integration möglichst rasch umgewidmet in Moscheen. Ach Du schöne neue Welt, was bist Du zum Kotzen."

Eine Wortwahl, die Stefan Aigner an Pegida erinnert, deshalb verpasste er Peter Kittel den Spitznamen "Pegida-Peter". Kittel konterte mit dem Spitznamen "SAigner" und schrieb, dass Aigner ein "linksfaschistoider Gesinnungsblockwart" sei, der "gerne die eine oder andere Hartz 4 Leistung vom bösen Klassenfeind abgreift". Eine Anspielung auf Zeiten, als Aigner arbeitslos war. Dagegen zu klagen, komme nicht in Frage. "Auf dieser Ebene fange ich nicht an", sagt Aigner.

"Da wird einfach irgendwas behauptet, das ist Vernichtungswille"

Mit persönlichen Angriffen komme er klar, sagt Aigner. Was ihn aber ärgert, seien Berichte über sein Nachrichtenportal und Mitarbeiter seiner Redaktion. Zum Beispiel die Titelseite im Wochenblatt, die im Mai brüllte: "Extremisten an der Uni?". Mit "Extremist" war ein Autor von Regensburg Digital gemeint, der als Studienkoordinator an der Regensburger Uni arbeitet und Mitglied beim SDS war, der Studentenorganisation der Linkspartei, die der Verfassungsschutz vor acht Jahren als linksextrem einordnete.

Das genügte dem Anzeigenblatt offenbar, um Aigners Mitarbeiter mit Namen und Foto in der Zeitung zu nennen. Solche Berichte entstünden aus "Rachegelüsten", weil sein Portal auch mal die Berichterstattung anderer kritisiere, sagt Aigner. Weil er unbequem sei, wolle man ihm und dem Ruf seines Portals schaden.

Da passt es ins Bild, dass die Stadtzeitung kürzlich andeutete, dass Aigner die Spendengelder seiner Leser veruntreut, mit denen er seine journalistische Arbeit finanziert. Und das Wochenblatt veröffentlichte im Sommer einen Bericht über die Kneipe, die Aigner seit kurzem in Regensburg betreibt. Der Bericht ist so formuliert, dass der Eindruck entstehen könnte, Aigner sei auf illegalem Weg an das Lokal gekommen. "Da wird einfach irgendwas behauptet, das ist Vernichtungswille", sagt Aigner.

Vor vier Jahren setzte sich Aigner schon gegen das Bistum durch

Stadtzeitung-Herausgeber Kittel spricht dagegen von einer "Verschwörungstheorie" und "einer gewissen Paranoia" Aigners, der immer wieder versuche, ihn "persönlich wie geschäftlich in der Öffentlichkeit herabzusetzen und zu diffamieren". Dagegen wehre er sich mit seiner Berichterstattung. Und Christian Eckl, Redaktionsleiter des Regensburger Wochenblatts, teilt mit, es sei "geradezu abwegig", dass es eine Zeitungsallianz gebe, die Aigner gezielt schaden wolle. Er bestätigt, dass auch das Wochenblatt rechtlich gegen Aigner vorgeht - wohl weil der öffentlich behauptet hatte, ein im Wochenblatt beschriebenes Interview habe nie stattgefunden.

Stefan Aigner hat von sich aus bereits eingeräumt, dass er da falsch informiert gewesen sei. Auch in der Vergangenheit habe er Fehler gemacht, das gibt er zu. Zum Beispiel die Kolumne, die es mal auf Regensburg Digital gab und nur den Zweck hatte, sich über Wochenblatt-Chef Eckl lustig zu machen: "Damit habe ich wahrscheinlich mit bedient, dass er immer grantiger geworden ist."

Dass er Peter Kittel in einer Fotomontage als Adolf Hitler dargestellt hat, bereut er dagegen nicht. Möglichen Prozessen gegen Stadtzeitung-Herausgeber Kittel und das Wochenblatt sehe er gelassen entgegen, sagt Aigner. Er kennt David-gegen-Goliath-Prozesse. Vor vier Jahren wollte ihm das Regensburger Bistum verbieten, die Entschädigungen für Missbrauchsopfer "Schweigegeld" zu nennen, klagte bis zum Bundesverfassungsgericht - und scheiterte.

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