Protest in München:Tausende Privatschüler demonstrieren für mehr Geld

Lesezeit: 2 min

Mathematikstunde auf dem Königsplatz: Privatschüler demonstrieren für eine gerechtere Schulfinanzierung. (Foto: Catherina Hess)

Vertreter der freien Schulen in Bayern versammeln sich in München und kritisieren die Benachteiligung im Vergleich zu den staatlichen Schulen. Im Kultusministerium kommt das offenbar nicht gut an.

Von Anna Günther

"Wenn an staatlichen Schulen 20 Prozent mehr Lehrer angestellt sind, um wie viel Prozent müssen die Zuschüsse für Privatschulen steigen?", fragt Florian Huber. Statt die Finger in die Luft zu recken, zücken Tausende Schüler am Mittwoch auf dem Münchner Königsplatz ihr Smartphone und stimmen live ab. Mehr als 80 Prozent drücken auf das erhoffte Ergebnis: 20 Prozent, damit die 1352 Privatschulen in Bayern auch 20 Prozent mehr Lehrer anstellen können. Schülern, die anders abgestimmt hatten, prophezeite Huber eine "steile Karriere im Kultusministerium".

Spaß war erlaubt bei dieser als Freiluft-Mathestunde getarnten Großdemonstration mit Partycharakter, zu der der Rat freier Schulen (RFS) aufgerufen hatte. Im RFS sind die großen Privatschulverbände Bayerns zusammengeschlossen, ein Fünftel der Schulen im Freistaat sind in freier Trägerschaft. Etwa 200 000 Schüler besuchen eine Privatschule. Mehr als 12 000 von ihnen waren nach München gekommen, um für eine gerechtere Schulfinanzierung zu demonstrieren. Denn dem RFS zufolge bevorzugt die Staatsregierung die staatlichen Schulen. "Es kann nicht sein, dass ein Kind an Privatschulen weniger Geld bekommt als ein Kind an einer staatlichen Schule", sagte Peter Kosak, RFS-Sprecher und Direktor des Schulwerks der Diözese Augsburg. Das widerspreche dem Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes.

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Nicht nur die gestiegenen Energiekosten sind laut Kosak und Huber eine enorme Belastung für Schulträger, die so weit reichen können, dass Schulen geschlossen werden. Gerade auf dem Land übernehmen private, oft kirchliche Schulen Ersatzfunktionen, betreiben also die einzige spezialisierte oder weiterführende Schule im Landkreis. Über das meist niedrige Schulgeld können steigende Kosten kaum abgepuffert werden. 2019, vor Corona, beliefen sich die Energiekosten pro Schüler auf 103 Euro, rechnete Kosak vor. In diesem Jahr komme er auf 284 Euro - eine Steigerung von 180 Prozent. Der Staat müsse helfen.

Diese Hilfe bei Energiekosten über den Härtefallfonds der Staatsregierung und eine Erhöhung des sogenannten Schulgeldersatzes um 12,8 Millionen Euro auf insgesamt 141 Millionen Euro hatten die Fraktionen von CSU und Freien Wählern gerade erst verkündet. Außerdem sei geplant, das Schulfinanzierungsgesetz zu überarbeiten. Dass die Privatschulverbände trotzdem an ihrer Großdemonstration festhielten, soll im Kultusministerium und in den Fraktionen Unmut über den Undank der Schulträger ausgelöst haben.

Die Abgeordneten am Königsplatz ließen sich nichts anmerken: Vertreter von CSU, Freien Wählern, Grünen und FDP buhlten um den Jubel der Jugendlichen. Josef Zellmeier (CSU), der Vorsitzende des Haushaltsausschusses, nannte die höheren Zuschüsse einen "ersten Schritt" und versprach schnelle Verbesserungen. Bernhard Pohl (FW) sagte, dass das Schulfinanzierungsgesetz noch vor der Wahl "angepackt werden muss". Neuigkeiten brachten sie nicht mit. Privatschulen müssten "fair" finanziert werden, entgegnete FDP-Fraktionschef Martin Hagen, "das ändert sich nicht, wenn man jetzt kleine Krumen als Almosen hinwirft". Die Situation sei wie sie ist, weil sich jahrelang nichts getan habe, sagte Anna Schwamberger, bildungspolitische Sprecherin der Grünen. Der Freistaat unterstütze die Privatschulen "kraftvoll", hieß es aus dem Kultusministerium. Für 2023 seien zwei Milliarden Euro vorgesehen, "mehr als je zuvor".

Die Privatschüler strömten am Ende der Freiluftparty-Mathestunde beschwingt Richtung Hauptbahnhof, die Vertreter der Schulträger zogen ein nüchternes Fazit: Abwarten, was konkret wird.

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