Passau:Wie die Polizei sich gegen Kriminalität im Grenzgebiet durchsetzen will

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Österreichische, bayerische und Bundespolizisten werden weiterhin gemeinsam gegen Kriminalität im Grenzgebiet zusammenarbeiten. (Foto: dpa)
  • Innenminister de Maizière und sein österreichischer Amtskollege Sobotka haben vereinbart, eine grenzüberschreitende Dienststelle als Dauereinrichtung beizubehalten.
  • Das "Gemeinsame Zentrum Passau" erwächst aus dem Polizeikooperationszentrum (PKZ) Passau, das Ende 2015 im Zuge des verstärkten Flüchtlingszuzugs entstand.
  • Seit Abflauen des Flüchtlingszuzugs beschäftigen sich die bayerischen, österreichischen und Bundespolizisten vor allem mit der Bekämpfung von Drogenschmuggel und Autodiebstahl.

Von Katharina Schmid, Passau

Im deutsch-österreichischen Polizeikooperationszentrum in Passau haben am Dienstag der deutsche Innenminister Thomas de Maizière und sein österreichischer Amtskollege Wolfgang Sobotka eine noch engere polizeiliche Zusammenarbeit vereinbart. Die Ende 2015 eingerichtete grenzüberschreitende Dienststelle, in der die bayerische Polizei, die Bundespolizei und die österreichische Polizei zusammenarbeiten, wird zur Dauereinrichtung.

Sie soll künftig den Namen "Gemeinsames Zentrum Passau" tragen. "Wenn Ganoven quer durch Europa unterwegs sind, muss sich die Polizei genauso aufstellen und grenzüberschreitend operieren", lautet die Kampfansage des bayerischen Innenministers Joachim Herrmann an das internationale Verbrechen.

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De Maizière und sein österreichischer Amtskollege unterzeichneten eine Vereinbarung zur weiteren Zusammenarbeit, die allerdings noch vom Bundesrat bestätigt werden muss. Zudem enthüllten sie bereits die neue Plakette des Gemeinsamen Zentrums, die die deutsche und die österreichische Flagge ineinander verwoben zeigt, und das inmitten der zwölf europäischen Sterne. Die Aussage ist klar: Die polizeiliche Zusammenarbeit soll in ganz Europa intensiviert werden.

Was als Provisorium entstanden sei, habe sich bewährt, erläuterte de Maizière den Schritt. Das Polizeikooperationszentrum (PKZ) Passau besteht seit Ende 2015. Als in der Hochphase der Flüchtlingskrise damals täglich Tausende Flüchtlinge zu Fuß über die deutsch-österreichische Grenze kamen, herrschte in der Grenzregion rund um Passau der Ausnahmezustand: Der Druck auf die Grenzübergänge hielt über Wochen an und obwohl die Behörden, so gut es eben ging, zusammenarbeiteten, fehlte eine etablierte Infrastruktur für diese Kooperation.

Nach einem Besuch des Kanzleramtsministers Peter Altmaier in Passau Anfang November 2015 wurde die fehlende Infrastruktur dann quasi im Eilverfahren errichtet. Und so entstand das PKZ. Nachdem mit dem Ministerbesuch der politische Beschluss für ein grenzüberschreitendes Kooperationszentrum bei Passau gefallen war, das Konzept am 11. November im Bundesinnenministerium vorgestellt und dann am 19. November vom österreichischen und vom bayerischen Innenministerium beschlossen worden war, traten schon tags darauf die ersten Beamten ihren Dienst im PKZ an. Knapp einen Monat später lief die grenzüberschreitende Zusammenarbeit bereits rund um die Uhr.

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Seither arbeiten Bundespolizisten, bayerische Landespolizisten und österreichische Polizisten in der grenzüberschreitenden Dienststelle Hand in Hand. Bundesinnenminister Thomas de Maizière sagte am Dienstag, polizeiliche Kooperationszentren, wie sie auch zwischen Deutschland und Tschechien, Polen oder Frankreich bestehen, würden sich im Alltag vor allem deshalb bewähren, weil nun Polizeibeamte aus den verschiedenen Ländern Schreibtisch an Schreibtisch säßen und so schnelles und unbürokratisches Handeln erst möglich werde.

Sein österreichischer Amtskollege Wolfgang Sobotka bestätigte die guten Erfahrungen, die auch Österreich in seinen insgesamt sieben Kooperationszentren mit den Nachbarländern gemacht habe. Die grenzüberschreitende Zusammenarbeit sei ein wichtiger Schlüssel zum Erfolg bei der Aufklärung von Verbrechen und notwendig, "um bei der internationalen Kriminalität nicht zwei Schritte hinter den Verbrechern zu sein, sondern auf Augenhöhe agieren zu können", sagte Sobotka.

Deutschland und Österreich seien bei Aufnahme des Betriebs im Passauer PKZ anfangs vor "großen Herausforderungen" gestanden, betonte Sobotka. Die Hauptaufgabe der Beamten nach der Gründung des Zentrums sei die Koordinierung der Migrationsbewegung und die Registrierung von Flüchtlingen gewesen. Heute ist dieses Feld zu großen Teilen weggebrochen. Nach der Schließung der Balkan-Route und dem Flüchtlingsabkommen zwischen der Europäischen Union und der Türkei im März 2016 beruhigte sich die Lage an der deutsch-österreichischen Grenze merklich.

Die Aufgaben der Beamten konzentrieren sich daher im aktuellen Alltag in erster Linie auf Koordinierungsarbeit, die den normalen Polizeialltag betrifft. Das Zentrum nimmt die zentrale Mittlerstelle zwischen deutschen und österreichischen Behörden ein. Informationen und Fahndungshinweise könnten schnell und unbürokratisch ausgetauscht werden, der Schwerpunkt liegt mittlerweile auf der Bekämpfung von Drogenschmuggel und Autodiebstahl. Als Beispiel nannte der österreichische Koordinator, Franz Schwarz, die Klärung eines Mordes in Tirol. "Letztlich sind wir auch über das PKZ auf den Täter gekommen", sagte er.

Aktuell arbeiten im Gemeinsamen Zentrum Passau 37 Beamte - zwölf Beamte der Bundespolizei, zwölf der bayerischen Polizei und 13 Polizisten aus Österreich. Geht es nach den Wünschen der beteiligten Behörden, soll die Zusammenarbeit künftig noch ausgebaut werden: durch Polizeibeamte aus Slowenien, Kroatien sowie Baden-Württemberg. Ein Pilotprojekt mit slowenischen Kollegen habe bereits stattgefunden, sagte ein Sprecher des Bundespolizeipräsidiums. Ein Testbetrieb mit einem Verbindungsbeamten aus Baden-Württemberg wird im April starten. Polizeibeamte aus Kroatien sollten gerade mit Blick auf mögliche Schleuserrouten ins Boot geholt werden, sagte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann.

Am Dienstag stand überdies auch noch ein Führungswechsel im Passauer PKZ an. Der bisherige deutsche Koordinator, Polizeidirektor Johann Kröninger von der Bundespolizei, wurde in seinem Amt von Polizeirat Christian Dichtl von der bayerischen Polizei abgelöst. Dichtl ist bereits seit der Gründung des Zentrums bayerischer Kontingentleiter und hat am Aufbau und der Ausgestaltung desselben tatkräftig mitgewirkt.

© SZ vom 29.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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