Im Herbst, in dem einem im Supermarkt die ersten Lebkuchen, Dominosteine und Schoko-Nikoläuse auf dem Weg zur Kasse begegnen, wächst auch die Bedeutung des dunkelroten, hell glänzenden Apfels. Die Werbeindustrie lehrt uns, dass der Nikolaus genau solch einen Apfel gerne im Sack versteckt. Es darf also nicht irgendein Apfel sein. Es sollte - mindestens - ein sehr roter, oben breiter und unten schmal zulaufender Apfel sein, wohlgeformt und mit so glatter Haut, dass die Herbstsonne darin reflektiert wie die böse Königin im Zauberspiegel.
Jetzt tendiert, wer sich vegan ernährt, wahrscheinlich weniger zu einem Schneewittchenapfel als zu natürlich aussehendem Obst. Trotzdem gilt es aufzupassen. Darauf weist, so berichtet es die Deutsche Presse-Agentur, die Verbraucherzentrale Bayern hin. Denn nicht jedes Obst ist auch vegan, woran die Schildläuse ganz erheblich Schuld tragen. Aus den Ausscheidungen dieser kleinen Tierchen stellt die Industrie Schellack her, die weiblichen Läuse produzieren das natürliche Harz zum Schutz ihrer Brut. Es findet sich nicht nur in Möbelpolitur, nicht nur in Haarspray - sondern eben auch als Überzugmittel auf und sogar in Lebensmitteln. Unter der E-Nummer 904 ist es als Trenn- und Überzugsmittel zugelassen. Es verhindert, dass Schokolade zusammenklebt, neben Äpfeln können auch Birnen, Mangos, Avocados oder Zitrusfrüchte damit überzogen sein. Das ist gesundheitlich unbedenklich, sogar ohne Höchstmengenbegrenzung, und soll Obst und Gemüse länger haltbar machen.
Hätte Schneewittchen das gewusst, ihm wäre wohl allein deshalb der Apfel im Hals stecken geblieben. Verbraucherschützer wiederum befürchten, dass zahlreiche Veganer rein gar nichts über die Ausscheidungen der Schildlaus wissen. Die Geheimnisse der E-Nummer 904 und der Zusatz "gewachst", mit dem solches Obst und Gemüse versehen sein muss, sind vielen nicht geläufig. So könnten Veganer jeden Morgen einen Apfel ins Müsli schneiden, der tatsächlich überhaupt nicht vegan, sondern - zumindest was die Schale betrifft - mit tierischem Erzeugnis überzogen ist. Andererseits bietet diese Information großes Potenzial, um die Karnivoren unter den Supermarkt-Kunden vielleicht doch zu überzeugen, einen kurzen Stopp in der Frische-Abteilung einzulegen. Da wird der Speiseplan gleich deutlich vielfältiger - bis hin zum Obstmüsli am Morgen anstelle der Salamisemmel.