Die Bayern-Redaktion der SZ gibt sich immer viel Mühe, zu erahnen, was die Leser interessieren könnte. Es gibt natürlich die Themen, die gesetzt sind: Landespolitik, Bären, Bierpreise. Das fällt auch unter den Begriff Chronistenpflicht. Die Leser des Bayernteils haben zum Beispiel ein Recht darauf, darüber informiert zu werden, wer wann und warum diverse Wildtiere zum Abschuss freigeben möchte und wie viel die Mass auf dem Volksfest gekostet hat.
Daneben gibt es die Themen, von denen eine Bayern-Redaktion denkt, dass sie ihre Leser eventuell interessieren könnten - oder sollten! Brauchtum und Geschichte, Wirtshäuser, Oppositionsparteien im Freistaat. Solche Sachen. Ziel all dieser Geschichten ist es, zu informieren, manchmal zu unterhalten und den Leserinnen das Nötige an die Hand zu geben, eine eigene Meinung zu bilden.
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Und dann gibt es noch die Nachrichten und Meldungen, die die Leser tatsächlich interessieren. Herauszufinden, welche dies sind, ist das tägliche Brot ein jeder Redaktion, die sich immer wieder diese schön abgehangene Frage stellt: Was bewegt die Menschen? Die Antwort darauf ist immer wieder überraschend. Neulich fand eine sehr kleine Meldung aus Oberbayern großen Anklang: Mann ruft wegen nacktem Nachbarn die Polizei.
Der Nachbar hatte komplett entblößt auf seinem eigenen Grundstück gegärtnert. Das wiederum störte einen Anwohner so sehr, dass er die Polizei rief. "Der einsichtige Gärtner kleidete sich noch vor den Augen der Beamten an", hieß es nachsichtig in der Mitteilung der Polizei.
Nacktheit ist allgegenwärtig, wenn sie einem aber plötzlich am Gartenzaun begegnet, bringt das offensichtlich immer noch viele Menschen in Wallung. "Pudelnackt im eigenen Garten arbeiten: Ist das verboten?", fragte sogleich der Donaukurier. Gerichte bis hoch zum Bundesverfassungsgericht beschäftigen sich immer wieder mit Nackerten.
In dieser vermeintlichen Meldung übers Nacktsein auf dem eigenen Grundstück verbirgt sich aber viel mehr, als es den Anschein hat. Der Nackte zog sich "noch vor den Augen der Beamten" wieder an? Wie kann man sich das vorstellen? Standen die Polizisten dabei Spalier? Haben sie sich dabei die Augen zugehalten? Und warum hat der Mann überhaupt die Polizei gerufen? Hätte er nicht erst mal "Hey Nachbar, zieh' dir mal was an! Too much information!" rüberbrüllen können?
Das sind doch die wirklich interessanten Fragen. Oder?