Gelungenes Jubiläum:Zehnjährige Erfolgsgeschichte

Lesezeit: 2 min

Exzentriker am Bass: Dywane Thomas alias MonoNeon, der als Mitglied der letzten Band von Prince und bei "Ghost Note" bekannt wurde. (Foto: Oliver Hochkeppel)

Ausverkaufte Konzerte, viele junge Gesichter: Das NueJazz-Festival in Nürnberg unterstreicht seine wachsende Bedeutung.

Von Oliver Hochkeppel, Nürnberg

Man hat eine Erfolgsgeschichte feiern können vergangene Woche in Nürnberg. In zehn Jahren hat sich das NueJazz-Festival vom Versuchsballon des Vereins Nürnberger Jazzmusiker zum weithin beachteten Aufgalopp nationaler wie internationaler Größen entwickelt. "Anfangs haben wir einfach befreundete Musiker eingeladen", erzählt der Gitarrist Marco Kühnl, der gemeinsam mit dem Kontrabassisten Frank Wuppinger die Sache ausgebrütet hat. "Nach und nach hat es sich dann professionalisiert. Aber wir haben uns den Musikerblick erhalten."

Ein Blick, der sich nicht nach Verkaufszahlen oder Presse-Echo richtet, sondern sich auf das eigene Gespür für die zum Festival passenden Kollegen verlässt. Ob Newcomer oder etablierte Stars, passend sind sie, wenn sie "auch ungeübten Hörern die Angst vor dem Jazz nehmen", wie es Wuppinger formuliert. Dementsprechend haben Stil- oder Genregrenzen nie eine Rolle gespielt. Auch Hip-Hop-, Indie-Pop- oder DJ-Acts finden Platz, solange sie im Jazz-Spirit stehen. Hauptsache, es ist hochkarätig, spannend und aktuell. "Kein Mainstream, kein Motto", bringt Kühnl das Festival-Konzept auf den Punkt.

Feingeist am Klavier: Beim mitunter europäisch-impressionistisch klingenden Auftritt von Gerald Clayton und seinem Star-Trio mit Jeff Ballard an den Drums und Joe Sanders am Bass war weniger mal wieder mehr. (Foto: Oliver Hochkeppel)

Was nicht heißt, dass es keine Schwerpunkte gibt. Im vergangenen Jahr bekam man mit Rosie Frater-Taylor , dem Seed Ensemble, dem Balimaya Project, Yussuf Dayes und Shabaka Hutchings einen Rundgang durch die New-London-Jazzszene serviert - eine Reprise gab es jetzt mit Mansur Brown als "Warm-up" am 17. Oktober. An den drei Haupttagen vom vergangenen Mittwoch bis Freitag konnte man nun in den inzwischen zur Festival-Heimat gewordenen Spielstätten Kulturwerkstatt auf AEG und Z-Bau die heißesten jungen US-Stars so geballt erleben wie wohl auf keinem anderen Festival.

Den Anfang machte Dwayne Thomas jr. alias MonoNeon, der stets bis zur Unkenntlichkeit in Strickmützen und -masken samt bunten Ballonkleidern verpackte Paradiesvogel am Bass. Bekannt geworden als Mitglied der letzten Band von Prince und bei Ghost Note, war der Auftritt seiner Band ein brodelndes Gemisch aus Funk, Soul und Rock. Tags darauf gab sich zuerst Piano-Feingeist Gerald Clayton mit Joe Sanders am Bass und Jeff Ballard am Schlagzeug die Ehre. Der Sohn des Big-Band-Granden John Clayton hat nicht nur die Jazzgeschichte aufgesogen, wie man hören konnte: Verblüffend europäisch und kammermusikalisch klangen seine Improvisationen. Weniger ergab hier mehr, für viele gar den Festival-Höhepunkt.

Alle Nachrichten im Überblick
:SZ am Morgen & Abend Newsletter

Alles, was Sie heute wissen müssen: Die wichtigsten Nachrichten des Tages, zusammengefasst und eingeordnet von der SZ-Redaktion. Hier kostenlos anmelden.

Gleich danach stürmte mit gewohnter Urgewalt Lakecia Benjamin auf die Bühne, ein weiterer Paradiesvogel, der üblicherweise im goldenen, hier im silbernen Jumpsuit auftrat. Ihr Showtime-Empowerment und Pladoyer für verbindende Diversität mag nichts für die Jazz-Polizei sein, rockt aber jeden Saal. Und hätte es einen Preis für das mitreißendste Stück des Festivals gegeben, dann wäre es wohl ihre Version von "Amazing Grace" gewesen. Für einen brodelnd-groovenden Schlussakkord sorgte Hammondorgel- und Keyboard-Großmeister Cory Henry. Und als "Afterburner" wird am kommenden Donnerstag, 2. November, noch der unter anderem bei Theo Croker oder Christian McBride beschäftigte Schlagzeuger, Rapper und Produzent Kassa Overall im E-Werk Erlangen auftreten.

"Master" der Hammondorgel und Keyboards: Cory Henry setzte den umjubelten souligen Schlusspunkt. (Foto: Oliver Hochkeppel)

Wieder einmal bewährte sich auch das Konzept, neben diesen "Bezahlkonzerten" in den kleinen Sälen herausragende junge deutsche Acts wie das Shuteen Erdenebaatar Quartett oder Clarissa Forster gratis antreten zu lassen, sozusagen als niederschwellige Einstiegsdroge. Neben dem gewohnten Rahmenprogramm mit Ausstellung, NueJazz for Kids, Workshop und Jam Sessions gönnte man sich zum Jubiläum auch Neues: Ein aus den eigenen Reihen erwachsenes Big-Band-Projekt European Jazz Companions, den ersten "Nuecomer Jazz Award" für Nürnberger Jazz-Studierende und eine Buchvorstellung samt Podiumsdiskussion. Peter Kempers "Sound of Rebellion", das die Jazzgeschichte als Emanzipationsgeschichte der schwarzen Musiker erzählt, passte denn auch perfekt zum Programm.

Die NueJazz-Macher durften sich also auf ihrem Weg bestätigt fühlen. Nicht nur waren alle Konzerte ausverkauft, die Besucher waren auch auffallend gemischt und jung.

Pures Empowerment am Saxofon: Lekacia Benjamin ist aktuell vielleicht der meistgesuchte und -gebuchte Name der Jazz-Szene (Foto: Oliver Hochkeppel)
© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusChanson
:Wie eine Geburtstagsparty

Vladimir Kornéev huldigt mit seinem wunderbaren Konzert im Prinzregententheater nicht nur der großen Édith Piaf.

Von Jutta Czeguhn

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: