Streit zwischen Volksfestwirten:Punktabzug für den Krautsalat

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Kulinarisch ist der Krautsalat oft Massenware. Aber frisch ist besser, finden die Verwaltungsrichter. (Foto: Nila Thiel)

Der neue Festwirt in Murnau wollte die beliebte Beilage zum Braten auswärts anmachen lassen. Der Konkurrent dagegen macht ihn frisch im Zelt. Der Fall landete vor Gericht.

Von Matthias Köpf

An diesem Freitag beginnt das Volksfest im oberbayerischen Murnau, und wenn es nach den Ankündigungen des Festwirts geht, dann wird dort alles so wie immer. Im Einzelnen sind demnach die Dirndl wieder fesch, die Buam auch, die Schmankerl guad, das Festbier süffig, die Musi zünftig, und überhaupt wird alles wieder genau so, wie es im schon ziemlich abgegriffenen Standardwerk "Bairisch für Festwirte" aufgelistet ist. Was die Schmankerl betrifft: Mandeln, Hendln, Haxn, Enten, Blaukraut, Knödel, Brotzeit, Burger, Crêpes - und nicht ein einziges Wort vom Krautsalat! Dabei hat das Verwaltungsgericht München den ganz besonders gewürdigt.

Eigentlich hat nämlich nur dieser Krautsalat den Festwirt wieder zum Murnauer Festwirt gemacht. Ob der Krautsalat jetzt genauso speckig wird wie der Einband des Standardwerks, das muss sich erst noch zeigen. Denn der Krautsalat wird ja offenbar ganz frisch gemacht, direkt im Festzelt und ganz im Gegensatz zu jenem anscheinend auswärts angemachten Krautsalat, den der konkurrierende Festwirt den Murnauern auftischen wollte. Also 15 Punkte Vorsprung für den Titelverteidiger und Platz eins vor dem Verwaltungsgericht.

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Ursprünglich hatten aber gar nicht die Richter den Festwirt ausgesucht, sondern der Hauptverwaltungsausschuss des Murnauer Gemeinderats. Weil es spätestens während der Corona-Pandemie zu einer gewissen gegenseitigen Unzufriedenheit gekommen war zwischen der Gemeinde und der seit Jahrzehnten etablierten Festwirtsdynastie, hatte das Rathaus den Betrieb des Volksfests für 2023 bis 2027 erstmals öffentlich ausgeschrieben und ein Punktesystem für die Bewertung der Bewirtung eingeführt.

Der Festplatzhirsch kam laut Murnauer Tagblatt auf 628,75 Punkte, der einzige Konkurrent auf 613,75, also 15 Punkte weniger, wegen des ja auch weniger frischen Krautsalats. Die Räte entschieden sich trotzdem für den Neuen, doch der Alte nahm einen Anwalt und Akteneinsicht und erwirkte bei Gericht eine einstweilige Anordnung, wonach er wegen der 15 Punkte heuer wieder Festwirt werden muss.

Wie es dann in den Jahren 2024 bis 2027 aussieht, bedurfte keiner Eilentscheidung, weshalb sich das Gericht wohl erst im Herbst damit befassen wird. Der Krautsalat sollte bis dahin gegessen sein. Falls nicht: In Murnau auch nächstes Jahr nur den frischen!

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