U-Ausschuss Stammstrecke:"Bei diesem Projekt völlig versagt"

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Der Bau der zweiten Stammstrecke der Münchner S-Bahn verzögert sich zeitlich deutlich und wird erheblich teurer. Damit hatte sich ein Untersuchungsausschuss beschäftigt. (Foto: Robert Haas)

Die Landtagsparteien sind sich nach der Aufarbeitung des Stammstreckendebakels uneins: Die Staatsregierung sieht als Hauptverantwortliche die Bahn, die Opposition wirft der Koalition dilettantisches Vorgehen vor.

Mit höchst unterschiedlichen Bewertungen hat der Landtag die Aufarbeitung des Debakels um die zweite Münchner S-Bahn-Stammstrecke beendet. In der abschließenden Debatte im Plenum nahmen CSU und Freie Wähler die Staatsregierung am Mittwoch vor den zentralen Vorwürfen der Opposition in Schutz - und schoben der Deutschen Bahn die Hauptverantwortung zu. Die Opposition dagegen warf der Staatsregierung dilettantisches Vorgehen bei dem Projekt vor.

2022 war bekannt geworden, dass die zentrale zweite S-Bahn-Strecke durch die Münchner Innenstadt nicht wie ursprünglich kalkuliert 3,85 Milliarden Euro kosten wird, sondern mindestens 7,0 Milliarden Euro - zuzüglich der Preissteigerungen nach dem Jahr 2021. Und: Die Inbetriebnahme wird sich von 2028 wohl auf das Jahr 2037 verzögern.

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Von Klaus Ott

Der Ausschussvorsitzende Bernhard Pohl (Freie Wähler) argumentierte in der Debatte: "Die Deutsche Bahn ist die Hauptverantwortliche." Als Projektverantwortliche, aber auch als alternativlose Monopolistin, habe sie "bei diesem Projekt völlig versagt". Nach dem Mehrheitsbericht der Koalitionsfraktionen wurde die Staatsregierung dagegen komplett entlastet. Das solle aber nicht heißen, "dass man einige Sachen nicht hätte besser machen sollen", sagte Pohl.

Jürgen Baumgärtner (CSU) warf der Opposition Wahlkampfmanöver vor. Der Grünen-Abgeordnete Martin Runge konterte: "Die Darstellung, dass alle anderen schuld sind, kann man nur als absurd bezeichnen." Markus Büchler (Grüne) sagte, die Staatsregierung hätte mehr Kontrolle leisten sollen und im Landtag Tacheles reden müssen.

Ein zentraler Vorwurf an die Staatskanzlei war: Sie soll schon früh von der drohenden Kostenexplosion gewusst und diese verheimlicht haben, auch um mögliche Kanzlerambitionen Söders nicht zu gefährden. Nach Aktenvermerken aus der Staatskanzlei sollte die Angelegenheit "dilatorisch" - also aufschiebend - behandelt werden. Das sei "nicht dilatorisch, sondern dilettantisch" gewesen, sagte Inge Aures (SPD). Sebastian Körber (FDP) warf Söder in Abwesenheit vor, immer vorrangig seine eigene Karriereplanung zu verfolgen. Ingo Hahn (AfD) sagte: "Was bleibt, ist ein starkes Geschmäckle."

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