Naturschutz:Warum Moore in Bayern wichtig für den Klimaschutz sind

Lesezeit: 3 min

Das Lechhausener Moos, eines der größten Niedermoorgebiete Bayerns, soll wiedervernässt werden. (Foto: Florian Fuchs)

Der Bund Naturschutz will das Lechhausener Moos direkt am Stadtrand von Augsburg aufwerten. Es ist eines der größten Niedrigmoorgebiete Bayerns - und wird unter anderem von Straßenbauprojekten bedroht.

Von Florian Fuchs, Augsburg

Natürlich geht es darum, das Lechhausener Moos zu schützen, es verstärkt unter Wasser zu setzen. Es geht aber auch darum, das Moor überhaupt wieder auf den Radar zu bringen. Den meisten Menschen etwa in Augsburg ist gar nicht bewusst, dass direkt östlich am Stadtrand mit knapp 3000 Hektar Fläche eines der größten Niedermoorgebiete Bayerns liegt. Der Bund Naturschutz (BN) hat deshalb vor einem Jahr eine Untersuchung angestoßen, wie dort der Artenschutz gestärkt und die Klimagasemissionen gestoppt werden können. Das Ergebnis liegt nun vor, und eines ist für Naturschützer, aber auch viele Landwirte klar: Weitere Flächenversiegelung in Form von Straßenbauten wie einer angedachten Osttangente um Augsburg herum sind "indiskutabel".

Die Bedeutung der Moore in Bayern wie auch international wird vielfach unterschätzt. So bedecken Moore weltweit betrachtet nur drei Prozent der Landfläche, binden aber etwa doppelt so viel Kohlenstoff wie die Biomasse aller Wälder der Erde zusammen. Diese Dimensionen machen deutlich, warum sich Naturschützer um den Erhalt auch des Lechhausener Mooses bemühen. Die Stadt Augsburg etwa hat sich als Klimaziel auferlegt, die CO2-Emissionen bis 2030 zu halbieren. Würde das Moor vor den Toren der Stadt weiter austrocknen und verbaut wie bislang, sagt die örtliche BN-Vorsitzende Christine Kamm, würde das CO2-Ziel Augsburgs um zehn Prozent verfehlt, selbst wenn alle anderen Maßnahmen perfekt griffen. Und alleine der Kühleffekt eines aufgewerteten Moors würde Augsburg in den erwarteten Hitzesommern der kommenden Jahre enorm helfen, sagt der BN-Agrarreferent Harald Ulmer.

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So hat der Landschaftsökologe Richard Engelschall das Moor nun knapp ein Jahr lang untersucht. Er hat schützenswerte Tiere ausgemacht, wie den Kiebitz, den sehr seltenen kleinen Wasserfrosch oder auch die Helm-Azurjungfer, eine seltene Libellenart. Er hat aufgezeigt, dass der Grundwasserstand für ein Moor viel zu niedrig liegt und dass der Zustand der Oberflächengewässer wie Bäche als kritisch einzustufen ist. "Es fehlt an Wasser an allen Ecken und Enden", heißt es im knapp 50 Seiten starken Abschlussbericht.

Etwa 300 000 Tonnen organischer Kohlenstoff sind im Lechhausener Moos gespeichert und drohen zu entweichen, sollte die nötige Unterwassersättigung der Böden weiterhin fehlen. Befindet sich organisches Material nicht mehr unter Wasser, reagiert es mit Sauerstoff und zersetzt sich - so entweicht Kohlenstoff. Dabei müsste das Ziel sein, dass "das Moor wieder Kohlenstoff bindet", sagt BN-Agrarreferent Ulmer.

Landschaftsökologe Richard Engelschall hat das Moor untersucht. (Foto: Florian Fuchs)

Dazu fordert die Studie, künftig Wasser künstlich zuzuführen, den Grundwasserspiegel anzuheben und das Moor durch diverse Maßnahmen wieder zu vernässen. Ganz entscheidend sind aus Sicht der Naturschützer geeignete Bewirtschaftungsmethoden. So betragen laut Ulmer die 110 000 Hektar landwirtschaftlich genutzten Moore in Bayern nur vier Prozent der insgesamt landwirtschaftlich genutzten Fläche im Freistaat - sie tragen aber zu 25 Prozent der Treibhausgasemissionen in der bayerischen Landwirtschaft bei. Die Studie fordert mehr Grünland im Lechhausener Moos und eine extensive Landwirtschaft mit geringerem Einsatz von Düngemitteln, Herbiziden und Insektiziden.

Aus Sicht des BN sollten Landwirte auf sogenannte Paludikulturen setzen. Sie sollten also Schilf, Seggen oder Rohrglanzgras anbauen, das als Bau- und Dämmmaterial dient - Pflanzen, die die Nässe in einem Moor vertragen und ohne chemische Hilfsmittel gedeihen. Ulmer sagt, dass Landwirte von Förderprogrammen unterstützt würden, etwa durch ein "Moorbauernprogramm" oder bei der Umwandlung von Ackerland in Dauergrünland. Wobei anwesende Bäuerinnen und Landwirte darauf hinwiesen, dass trockenes Grünland einem Moor auch nichts hilft. "Uns fehlt einfach das Wasser."

Der Druck auf die Politik sei hoch, heißt es beim BN, auch Ministerien und Behörden hätten das enorme CO2-Einsparungspotenzial von Mooren erkannt. Insofern fordert der Bund Naturschutz den sofortigen Stopp der Planungen für eine Osttangente um Augsburg herum, wie sie schon seit vielen Jahren diskutiert wird. Aber auch kleinere Projekte wie die Umfahrung des kleinen Ortes Mühlhausen müssten gestoppt werden. Beide Projekte würden direkt durch das Niedermoorgebiet führen und unwiderruflich Flächen versiegeln.

220 000 Hektar Moorböden gibt es in Bayern, 95 Prozent davon sind jedoch degradiert und entwässert. Die Gesamt-Emissionen aus den bayerischen Mooren entsprechen etwa sechs Prozent der energiebedingten bayerischen Emissionen. Um das 1,5 Grad-Ziel bis 2050 zu erreichen, heißt es beim Bund Naturschutz, müssten jährlich 50 000 Hektar Moore wieder vernässt werden.

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