Landtagswahl in Bayern:Söder gegen irgendwen

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SPD gegen CSU, das war einmal: Der Schlagabtausch vor der Kamera könnte dieses Jahr vor der Landtagswahl ausfallen. (Foto: dpa)

Erstmals ist die Opposition in Bayern so zersplittert, dass das Fernsehduell vor der Landtagswahl womöglich mangels klarem Herausforderer abgesagt wird.

Von Lisa Schnell und Olaf Przybilla, München

Das Land steht vor einer "historisch einzigartigen Wahl", da ist sich der SPD-Oberbürgermeister von Fürth, Thomas Jung, ganz sicher. Einzigartig deshalb, weil es in den vergangenen Wahlen immer einen benennbaren Herausforderer gegen den amtierenden CSU-Ministerpräsidenten gegeben habe: Renate Schmidt, Franz Maget, Christian Ude, wie sie alle hießen - alle von der SPD. Es war ein ungeschriebenes Gesetz: Beim klassischen TV-Duell zur Wahl saß dem CSU-Ministerpräsidenten ein Sozialdemokrat gegenüber. Jetzt aber grübeln sie beim Bayerischen Rundfunk, ob so ein Zweikampf überhaupt noch zeitgemäß ist. "Keine Bosheit", findet Jung, nur die Anerkennung der Realität.

Es scheint das Ende einer langen Tradition zu sein und auch ein Stück weit der Volksparteien CSU und SPD, die bis vor Kurzem noch als die zwei großen politischen Gegner galten. Das liegt zum einen daran, dass das Wort "groß" für die SPD kaum noch zutreffend ist, manche meinen sogar, auch der Umschreibung Volkspartei werde eine Partei, die in Umfragen über 13 Prozent nicht hinauskommt, nicht mehr gerecht. Es liegt aber auch daran, dass eine Mehrheit gegen die CSU nach dem Erstarken der AfD unmöglich erscheint, und das absurderweise, obwohl die CSU so wenig Zustimmung hat wie noch nie.

Ein Bündnis der Oppositionsparteien, wie es 2013 noch bestand, gibt es nicht und damit auch keinen Frontmann wie damals Christian Ude, der sich Söder stellen könnte. Dazu kommt, dass SPD, Grüne, AfD und Freie Wähler in der Gunst der Bürger eng beieinanderliegen. Wen soll man da zu dem einen Herausforderer küren? Die Grünen, als derzeit stärkste Oppositionspartei?

Ludwig Hartmann sieht das so. Es sei ja nicht nur eine Umfrage, die das belege, und auch nicht nur von einem Institut. "Der Trend ist deutlich", sagt Hartmann, der zusammen mit Katharina Schulze das Spitzen-Duo der Grünen bildet. Sicher, der Abstand zur CSU ist groß, 20 Prozentpunkte in der letzten Befragung. Bei Franz Maget von der SPD aber sei das ja nicht anders gewesen. Kurz bevor Maget 2008 mit Günther Beckstein sein Fernsehduell bestritt, lag die CSU bei 50 Prozent und die SPD bei 19. Allerdings war die SPD damals klar vor den Grünen.

Jetzt ist sie zu schwach, um als eindeutiger Herausforderer zu gelten, die Grünen aber sind nicht stark genug. Hartmann ficht das nicht an. Die anderen Formate des BR, in denen alle Parteien über fünf Prozent gegeneinander antreten sollen, reichen ihm nicht. Er hat eine klare Forderung: "Ich erwarte ein Duell zwischen Söder und der zweitstärksten Kraft im Land." Für den Fall, dass der BR sich dagegen entscheidet, hat er Söder ein Duell via Facebook angeboten. Andernfalls befürchtet er einen "Schaden für die Demokratie", deren Wesenszug es sei, um die besten Ideen zu ringen. "Das nimmt man den Leuten." Den Grünen freilich nimmt der BR ohne ein Duell auch die Möglichkeit, sich zur besten Sendezeit zu profilieren, so wie es früher die SPD konnte.

Anders als Hartmann fordert deren Spitzenkandidatin Natascha Kohnen kein Duell ein. "Das Format ist für mich nicht entscheidend", sagt sie. Es solle nur möglichst viele Gelegenheiten für die Bürger geben, sich ein Bild von den Unterschieden zwischen den Parteien zu machen. Sie selbst sei für alles offen, Söder aber weiche einer direkten Konfrontation mit ihr aus. "Bisher gehörte es zum guten demokratischen Stil, dass sich der Ministerpräsident der direkten Debatte stellt", sagt Kohnen. Söder aber habe bislang alle Termine abgesagt, bei denen er mit ihr diskutieren sollte.

Für Kohnen ist es keinesfalls ausgemacht, dass die Grünen auf einmal der natürliche Gegenspieler der CSU sein sollen. "Das war jetzt in zwei Umfragen so." Die Landtagswahl sei so offen wie noch nie, und Kohnen gibt sich zuversichtlich: "Ich bin überzeugt davon, dass wir die zweitstärkste politische Kraft in Bayern bleiben." Auch sie sieht sich in der Rolle des Herausforderers, schließlich stehe sie für einen anderen Stil als Söder. Wie sich der unterscheidet, zeigt sich aus Sicht von Kohnen an Söders Kommentar zur Duell-Debatte: "Offenkundig traut sich außer mir keiner das Amt des MP zu." "Großspurig und anmaßend" findet Kohnen das und fügt an: "Ich traue mir das Amt der Ministerpräsidentin selbstverständlich zu."

Auch Martin Schulz traute sich das Kanzleramt zu, als er 2017 gegen Angela Merkel antrat. Am Ende aber war selbst ihm klar, dass die neue Kanzlerin wieder Merkel heißen würde. Ähnlich wie in Bayern, wo an einem CSU-Ministerpräsidenten kaum ein Weg vorbeiführt. Ein richtiges Duell von Kanzler-Alternativen sei das bei der Bundestagswahl deshalb auch nicht gewesen, sagt Jung. Und ebenso wenig wäre ein bayerisches Fernsehduell ein Duell zweier potenzieller Ministerpräsidenten. Trotzdem wäre es nach Meinung von Jung für Kohnen hilfreich, sich Söder in einem Duell zu stellen. Falls nicht, findet Jung das "nicht tragisch". Aber eben doch "historisch".

© SZ vom 23.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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