Zu den Leitbegriffen bayerischer Regierungspolitik zählt seit alters her der Föderalismus. In den politischen Sonntagsreden wird er so feurig beschworen wie das goldene Kalb im Alten Testament. Der Passauer ÖDP-Bezirksrat Urban Mangold hält derlei Treuebekenntnisse für ein Theater. Die Staatsregierung, so argumentiert er, halte zwar den Föderalismus nach außen hoch, nach innen aber pflege sie einen strengen Zentralismus. Das ist starker Tobak, denn in Bayern gilt der Staatszentralismus seit dem Verlust der Eigenständigkeit anno 1870 als ein Werk des Teufels.
Mangold und mehrere andere Bezirksräte der ÖDP stützen ihre ketzerisch anmutende These auf die vom Bayerischen Rundfunk (BR) ausgestrahlten Werbesendungen für die Landtagswahl. Diese bilden eine Kunstform für sich, dort präsentiert sich abwechselnd ein bunter Haufen von Karrieristen, Weltverbesserern, Utopisten und sonstigen bunten Vögeln, die alle für ihre politischen Ziele werben dürfen. Es ist quasi ein Festival der Demokratie im Kurzfilmformat.
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Die ÖDP-Bezirksräte vermissen jedoch etwas Elementares, nämlich einen Hinweis darauf, dass am Sonntag außer der Landtagswahl noch eine Wahl ansteht. Darüber erfährt man in den Wahlwerbespots im Bayerischen Rundfunk tatsächlich nichts, ein Mangel, der aber vom Bayerischen Rundfunkgesetz gedeckt ist. Der Artikel 4 verbietet den Parteien klipp und klar das Erwähnen der Bezirkstagswahl. Der BR darf den Parteien nur für Europa-, Bundestags- und Landtagswahlen Sendezeiten einräumen. Hinweise auf parallel stattfindende Wahlen sind demnach unzulässig, da sie ohne landesweite politische Bedeutung sind.
Urban Mangold und seine Kollegen haben deshalb eine Petition an den Landtag gerichtet. Sie verweisen auf die landesweit bedeutenden Aufgaben der Bezirke im Sozial- und Gesundheitswesen, in Förder- und Berufsschulen sowie in der Kultur- und Heimatpflege. Dessen eingedenk hat der Verfassungsausschuss die Petition mit einer gewissen Sympathie erörtert und sie dann an die Staatsregierung weitergeleitet. Das bedeutet: Das Thema soll weiter verfolgt werden, aber erst nach der Landtags- und Bezirkstagswahl. Letztere wird also vorerst im Bayerischen Rundfunk weiter totgeschwiegen.