Bildhauerei:Landshuter Museumsleiter schnappt Kritikern Internetadressen weg

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Fritz Koenig 2002 im Landshuter Skulpturenmuseum. (Foto: Armin Weigel/dpa)
  • Der Landshuter Stadtmuseen-Leiter Franz Niehoff steht in der Kritik, nicht richtig mit dem Erbe des bedeutenden Bildhauers Fritz Koenig umzugehen.
  • Nun kam heraus, dass Niehoff verschiedene Internetadressen reserviert hat, die auf einen ihn kritisierenden Verein hinweisen.
  • Zuvor hatte er beteuert, dass nicht er Adressen wie freundeskreis-fritz-koenig.de registriert hätte.

Von Andreas Glas

"Ziemlich frech", sagt Wolfgang Conrad über den Mann, den er für einen Hausbesetzer hält. "Digitale Hausbesetzung", so nennen es Fachleute, wenn jemand Internetadressen kapert, die denen bekannter Marken ähneln. Meistens tun das windige Geschäftemacher, um die Adresse dem Markeninhaber teuer verkaufen zu können. In Landshut entpuppt sich nun ein Mann als Hausbesetzer, dem es nicht ums Geschäft geht: Franz Niehoff, Leiter der Stadtmuseen. Niehoff gehe es darum, seine Kritiker mundtot zu machen, sagt Wolfgang Conrad, der selbst zu diesen Kritikern gehört. Er will nun rechtlich gegen den Museenchef vorgehen.

Es ist der nächste Akt einer Landshuter Posse. Diesmal treten auf: Stadtmuseen-Leiter Niehoff, der auch Chef des Koenig-Skulpturenmuseums in Landshut ist. Sein Gegenspieler: Kunstfreund Conrad, der Niehoff für "eine völlige Fehlbesetzung" hält. Im Frühjahr hat Conrad den Verein Freundeskreis Fritz Koenig mitgegründet - um an Niehoffs "Stuhl zu sägen", das sagt er ganz offen. 80 Unterstützer hat der Verein - und wirbt auf der Homepage freunde-fritz-koenig.de um weitere Mitglieder. Dieser Werbung wollte Franz Niehoff nun offenbar ein Ende machen.

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freundeskreis-fritz-koenig.de, freundeskreis-fritz-koenig.com, freundeskreis-fritz-koenig.net. So heißen die Seiten, die kürzlich im Internet auftauchten. Wer auf die Adressen klickte, landete aber nicht etwa auf der Homepage des Koenig-Freundeskreises, sondern auf der Seite der Stadtmuseen. Wie das denn sein könne, wollte die Landshuter Zeitung vom Museenchef wissen. Niehoff stellte die Sache als Missverständnis dar. Nicht er will die Adressen gekapert haben, sondern "Mitglieder des Freundesvereins Stadtmuseum", den es in Landshut ebenfalls gibt.

Für Niehoff könnte die Sache damit erledigt sein. Dumm nur, dass Koenig-Freund Conrad bei der Homepage-Registrierungsstelle Denic nachgefragt hat. Über die Antwort, die er bekam, berichtete die Landshuter Zeitung ebenfalls. Auch der SZ liegt das Schreiben vor. Demnach wurde die Registrierung über einen E-Mail-Account der Stadt beantragt. Der Inhaber dieses Accounts heißt, nun ja: Franz Niehoff.

Damit könnte Niehoff nicht nur gegen Recht verstoßen haben, sondern auch als Lügner überführt sein. Man möchte Niehoff gern fragen, ob und warum er gelogen hat. Und hatte er wirklich die Absicht, seine Kritiker durch Namensklau digital kalt zu stellen? Man ist gespannt, wie Niehoff diese Fragen beantwortet. Man muss sich aber noch ein bisschen gedulden. Auf SZ-Nachfrage teilen die Museen der Stadt mit, dass ihr Chef derzeit im Urlaub und nicht erreichbar sei.

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Gespannt darf man auch sein, ob Landshuts Oberbürgermeister Alexander Putz (FDP) allmählich vielleicht doch die Geduld mit seinem Museenchef verliert. Nach Koenigs Tod im Februar 2017 hatte Putz die Hoheit über das Skulpturenmuseums an Niehoff übertragen - "wohl wissend, dass Fritz Koenig mit Nachdruck es keinesfalls wollte", wie dessen Lebensgefährtin kritisiert. Dass Koenig kein Niehoff-Freund war, ist bekannt. Über Putz' Personalentscheidung haben sich deshalb viele Landshuter geärgert.

Und es dauerte nicht lange, bis Niehoff den Landshutern noch mehr Stoff für Ärger lieferte. Etwa als er den weltweit bekannten Bildhauer Koenig als "bedeutendsten Künstler Niederbayerns" bezeichnete. Es dürfte "in der internationalen Museumslandschaft einmalig sein, dass ein Direktor den Hauptkünstler seines Museums zu einer lokalen Größe herabwertet", ätzte daraufhin Eike Schmidt, Direktor der Uffizien in Florenz, die noch bis Oktober eine Koenig-Retrospektive zeigen.

Seine Kritiker machen Niehoff auch dafür verantwortlich, dass die Uffizien-Ausstellung zu platzen drohte, weil die Stadt die Leihverträge für die Koenig-Exponate monatelang nicht unterschrieb. Und Niehoff-Kritiker gibt es in Landshut deutlich mehr als jene 80, die sich im Verein der Koenig-Freunde tummeln. Kunstliebhaber, Stadträte, Presse - alle schossen sich auf Niehoff ein. Manche mutmaßten, er stelle sich nur deshalb quer, weil er beleidigt sei, dass die Uffizien nicht ihn ins Kuratoren-Team der Koenig-Schau beriefen, sondern seine Intimfeindin Stefanje Weinmayr, die "beste Kennerin" der Koenig-Kunst, wie Uffizien-Chef Schmidt sagt.

Auch Weinmayr, die frühere Leiterin des Skulpturenmuseums, hat sich auf Niehoff eingeschossen. Sie fühlt sich entmachtet, seit OB Putz das Museum unters Dach der Stadtmuseen räumte. Grünen-Stadtrat Stefan Gruber sprach von "Mobbing", SPD-Stadträtin Maria Haucke von "primitiven Rachegefühlen". Weinmayr ging sogar vors Arbeitsgericht, um die Stadt zu zwingen, Niehoff als Chef des Skulpturenmuseums wieder abzusetzen. Sie scheiterte, will aber in Berufung gehen.

Nun, nach der Sache mit dem Namenklau im Internet, könnten sich noch mehr Landshuter einreihen in die Riege der Niehoff-Kritiker. Spätestens jetzt müsse OB Putz die Entscheidung hinterfragen, einen Mann als Chef des Skulpturenmuseums zu installieren, der Fritz Koenig "für einen höchstens provinziell bedeutsamen Künstler" halte und sich "schon immer sehr negativ über Koenig geäußert" habe, sagt Wolfgang Conrad. Die Geringschätzung, die er Niehoff unterstellt, hält er für "späte Rache" an Koenig, der Niehoff zu Lebzeiten als Chef seines Museums abgelehnt hatte. Seit Niehoff am Ruder ist, zeichne sich das Konzept des Skulpturenmuseums vor allem durch "niederbayerische Provinzbezogenheit" aus, granteln sie im Freundeskreis Fritz Koenig.

Trotz der brutalen Kritik, die seit Monaten auf ihn einprasselt, konnte Niehoff bislang auf den Rückhalt durch OB Putz zählen. Ob Putz sich seinen Museenleiter nach der Hausbesetzer-Sache doch mal vorknöpft? Wer sich in Landshut umhört, findet kaum jemanden, der das erwartet. Der OB finde den Kurs mit Niehoff als Verwalter des Koenig-Erbes "schon deshalb richtig, weil er ihn eingeschlagen hat", sagt Conrad.

Neulich hatten auch Stadträte von CSU, Grünen, SPD, ÖDP und Landshuter Mitte darüber geklagt, dass der OB keinen großen Wert auf Meinungen lege, die nicht seine eigenen seien. Ob die Stadträte damit auch in der Causa Niehoff recht haben, wird sich wohl erst in ein paar Wochen zeigen. Landshuts Oberbürgermeister ist zurzeit nicht zu sprechen. Alexander Putz ist im Urlaub.

© SZ vom 25.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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